Unterm BlätterdachRiehl ist grün und hat mehr zu bieten als den Zoo

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Der Wochenmarkt in Riehl

  • Urlaub in der eigenen Stadt ist in diesem Jahr besonders gefragt. Unsere Reporter stellen während der Sommerferien Kölner Veedel vor – solche, die sie besonders gut kennen und solche, die sie schon immer mal besuchen wollten.
  • Wir schildern, was wir schön finden, wo es besonders lecker ist und verraten unsere Lieblingsplätze, natürlich ganz subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
  • Diesmal geht es nach Riehl. Das Viertel hat weit mehr zu bieten als den Zoo.

Köln – Bevor ich nach Riehl gezogen bin, habe ich das Viertel immer links liegen gelassen: In zwei Jahrzehnten hat es mich nur ein einziges Mal hierhin verschlagen, und ich war sehr erstaunt, plötzlich vor dem Hintereingang des Zoos zu stehen. Von der bekanntesten Attraktion Riehls soll an dieser Stelle ausnahmsweise mal nicht die Rede sein, denn Riehl hat noch mehr zu bieten. 

Wer es einrichten kann, sollte seinen Tagesausflug an einem Mittwoch- oder Samstagmorgen beginnen, wenn auf dem Riehler Gürtel der Wochenmarkt stattfindet. Wie eine Perlenkette reihen sich dann die Stände auf der 1910 entstandenen Lindenallee aneinander.

Bei einem Bummel unter Baumkronen lassen sich einige Spezialitäten entdecken, etwa die schmackhaften Teigtaschen und Chutneys bei Slavica te Kaats „Et Marmelädchen“, oder Schinken und selbstgebackenes Schwarzbrot am Schwarzwald-Stand. Zur Pause treffen sich die Riehler gerne auf einen Cappuccino beim Café-Mobil oder setzen sich zum Plausch auf die Treppenstufen, die zu St. Engelbert hochführen.

Die katholische Kirche, die 1930 bis 1932 nach einem Entwurf des Architekten Dominikus Böhm errichtet wurde, thront hoch über dem Markttreiben. Von den Kölnern wird sie etwas schnoddrig „Zitronenpresse“ genannt, dabei gilt sie als einer der Ursprungsbauten moderner Kirchenarchitektur. An Silvester 1946 hielt hier Erzbischof Kardinal Frings seine berühmte Predigt, mit der er das „Fringsen“ rechtfertigte. Die Vorläuferkirche stand übrigens an der Ecke Stammheimer Straße/ Pionierstraße – eine Figur des Heiligen Engelbert an der Hausfassade erinnert heute noch daran.

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St. Engelbert am Riehler Gürtel

Und damit befindet man schon im Zentrum des Riehler Dorflebens. Zwar hat die Stammheimer Straße, wie wohl die meisten Vorort-Einkaufsstraßen, in den letzten Jahren Federn gelassen; eine ganze Reihe Einzelhändler haben aufgegeben. Dafür hat sich die Außengastronomie erfreulich entwickelt. Die Veedelskneipe Körner’s und das Café Rafaelos haben Tische und Stühle rausgestellt, wo man – durch eine schöne Blumenrabatte vom Verkehr abgeschirmt – sitzen kann. Empfehlenswert ist auch das Lokal „Rosensalz“. Die iranisch-stämmige Kölnerin Mahtab Karimi bietet hier Gerichte mit orientalischem Einschlag und klangvollen Namen wie „Glück im Bazar“ oder , „Tehran Deluxe“ an.

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So gestärkt kann der Besucher beim weiteren Rundgang in die Geschichte des Stadtteils eintauchen, der sich ursprünglich viel näher am Rheinufer befand. Doch nach zwei Hochwassern wurde ab 1874 das Gelände um die heutige Stammheimer und Hittorfstraße um zwei Meter aufgeschüttet, und es entstanden die ersten Häuser im Stil der Rheinischen Dreifensterhäuser, die wegen ihrer geringen Breite von der Steuer befreit waren. Architektur-Interessierte können von hier aus einen kurzen Abstecher zur Naumann-Siedlung machen.

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Unter Denkmalschutz: Die Naumann-Siedlung der GAG in Riehl

In dem unter Denkmalschutz stehenden Komplex der GAG mit seinen charakteristischen roten Sprossenfenstern lässt sich der Siedlungsbau der 20er Jahre nachvollziehen, der die damalige Wohnungsnot lindern sollte.

In entgegengesetzter Richtung, jenseits des Riehler Gürtel, kommt man in das Villenviertel rund um den Botanischen Garten. Hier lassen sich die hinter lauschigen Vorgärten liegenden Eigenheim-Träume englischer Offiziere bewundern. Gebaut nach dem 1. Weltkrieg , waren die voll möblierten Häuser eigens nach den Vorstellungen der Besatzer ausgestattet, etwa mit großen Küchen, Parkettböden und Zentralheizung.

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Wasser-Kaskade in der Flora

Von hier aus führen alle Wege zu Flora und Botanischem Garten, wo derzeit Rote Akelei, Sonnenbraut und Klatschmohn um die Wette blühen und prächtige Disteln und Artischocken die Wege säumen. Ein Spaziergang lohnt sich übrigens auch bei Regen, dann entfaltet das üppige, tropfende Grün eine ganz besondere Atmosphäre. Das Gartenlokal „Dank Augusta“, wo man schön sitzen kann, hat dann allerdings geschlossen. Vom Hauptzugang der Flora aus kann man schließlich in den Zoo abbiegen oder mit der Seilbahn nach Deutz fahren. Alternativ bietet sich der Weg am Rhein entlang zurück in Richtung Norden an, wo kurz vor der Mülheimer Brücke bei schönem Wetter der Biergarten des alten Riehler Schwimmbads auf Ausflügler wartet.

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