Erstochener MarlonNachbar wehrt sich gegen Strafe – Kölner Anwalt attackiert Richter

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Schausteller Klaus P. (69, r.) beim Prozess im Landgericht Köln mit Verteidiger Abdou Gabbar.

Köln – Der Fall um den getöteten Marlon vom Takufeld in Neuehrenfeld soll erneut den Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschäftigen. Der wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu viereinhalb Jahren Haft verurteilte Klaus P. (69) wehrt sich gegen das Urteil vom Landgericht. „Wir haben Revision eingelegt“, bestätigt Verteidiger Abdou Gabbar. Marlons Tod jährt sich im April bereits zum zehnten Mal.

Kölner Anwalt wirft Gericht Befangenheit vor

„Die mündliche Urteilsbegründung hat uns nicht überzeugt und vielmehr die Befangenheit dieses Gerichts dokumentiert“, sagt Gabbar und spielt damit auf einen vorgeschlagenen Deal des Vorsitzenden Richters Achim Hengstenberg an. Der hatte Klaus P. zu Prozessbeginn eine milde Strafe in Aussicht gestellt – im Gegenzug für ein Geständnis und die Übernahme von Verantwortung.

Das Geständnis blieb aus, Klaus P. blieb bei seiner Version einer Bedrohungslage am Tattag, jenem 11. April 2012. Demnach habe Marlons Vater ihn mit einem Messer bedroht, dessen Großvater habe mit einem Beil gedroht und der Junge habe sich auf ihn zubewegt. In dieser Gemengelage sei der fatale Stich erfolgt, in Notwehr. Marlon wurde in der Brust getroffen, sein Herz verletzt. Er starb.

Vorsitzender Richter sah kein Notwehr-Szenario

Das vom Angeklagten skizzierte Szenario sah Richter Hengstenberg nicht, es habe auch gar keinen Anlass für einen derartigen Angriff von Marlons Familie gegeben. Lediglich zur Rede habe Marlons Vater den Nachbarn stellen wollen, nachdem dieser den Hund der Familie getreten haben soll. Klaus P. habe dann mit dem Messer hantiert und Verletzungen anderer Personen in Kauf genommen.

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Durch sein fehlendes Geständnis habe sich P. die ihm gebotene Chance auf ein mildes Urteil selbst verbaut. Hengstenberg hatte dem Angeklagten in Aussicht gestellt, mit der Halbstrafenregelung nicht mehr ins Gefängnis zu müssen. P. hatte bereits 21 Monate in Untersuchungshaft gesessen, bei einer Strafe unter vier Jahren hätte die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden können.

Mutter des Opfers ist schwer traumatisiert

Hengstenberg hatte bei der Urteilsverkündung von einem „großzügigen Angebot“ gesprochen, was Gabbar im Nachhinein als Voreingenommenheit des Gerichts wertet. „Die Kammer wollte den Angeklagten von Anbeginn verurteilen“, sagt der Verteidiger. Gabbar und sein Kollege Marco Heymann hatten Freispruch für ihren gesundheitlich schwer angeschlagenen Mandanten gefordert.

Wegen Formfehlern hatte der BGH bereits ein erstes Urteil aufgehoben, danach lag der Fall viele Jahre unbearbeitet bei der Kölner Justiz. Opfer-Anwalt Tobias Westkamp hatte berichtet, wie sehr Marlons Mutter darunter leide, dass das juristische Verfahren noch immer nicht abgeschlossen sei. Beim aktuellen Verfahren hatte sie nicht als Zeugen aussagen können, zu traumatisiert sei die Frau.

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