Falsch positive PCR-TestsBescheinigung für Genesene wird für Kölner zum Problem

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Labor Stäbchen

In einem Labor wird ein Abstrich untersucht.

Köln – Das Schreiben des Gesundheitsamtes lag vorige Woche bei Anna Bergmann (Name geändert) im Briefkasten – eine „Bestätigung für Genesene“, die mit Sars-Cov-2 infiziert waren, gültig bis zum 17. November. Mit diesem Papier hat die Kölnerin nun ganz offiziell überall dort Zutritt, wo zum Einlass ein negativer Corona-Test verlangt wird. Bergmann müsste auch nicht mehr in Quarantäne, wenn sie aus einem Hochinzidenzgebiet einreisen würde. Außerdem zählt sie als Genesene bei der Beschränkung privater Zusammenkünfte künftig nicht mehr mit. Eine schöne Nachricht – eigentlich. Das Problem ist nur: Anna Bergmann ist gar nicht genesen, sie war vermutlich nie an Covid-19 erkrankt.

Angeblich mit gefährlicher Variante infiziert

Die Kölnerin ist gelernte Krankenschwester, arbeitet aber inzwischen in einer anderen Branche. Am 16. Mai, einem Sonntag, machte sie einen freiwilligen PCR-Test an einer Teststation in der Südstadt, weil sie zu einer Beerdigung in das Ausland reisen wollte. Das Ergebnis kam am nächsten Tag: positiv. Zwei Wochen Quarantäne. Und nicht nur das: Bergmann hatte sich angeblich auch noch mit einer gefährlichen Virusvariante angesteckt.

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Die Freiberuflerin fiel aus allen Wolken. Nicht nur, dass sie sich über Wochen und Monate akribisch an die Vorgaben und Schutzmaßnahmen gehalten hatte, sie spürte und spürt bis heute auch keinerlei Krankheitssymptome. Wegen der zweiwöchigen Quarantäne sah sie plötzlich Arbeitsaufträge in Gefahr, vor allem eine lange geplante Präsentation bei einem Auftraggeber.

Zwei weitere PCR-Tests fielen negativ aus

Weil sie es nicht wahrhaben wollte, machte Bergmann zwei weitere PCR-Tests – einen nach Angaben ihres Anwalts in der Kölner Uniklinik, den zweiten in einem anderen Labor. Beide negativ. Bergmann vermutet, dass ihre Probe in der ersten Teststation kontaminiert worden sein könnte, oder dass das Labor sie mit der Probe eines anderen vertauscht haben könnte. Einen Beweis dafür gibt es nicht.

Die Genesenen-Bescheinigung erhielt Bergmann von der Stadt Köln in einem automatisierten Verfahren – so wie seit voriger Woche 32.700 weitere Kölnerinnen und Kölner, die in den vergangenen sechs Monaten infiziert waren. Und Bergmann ist nicht allein: Insgesamt 30 Rückmeldungen wegen Beschwerden bearbeite man zurzeit, bestätigt Stadtsprecher Benedikt Mensing auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Zweiter zeitnaher Impftermin nun womöglich in Gefahr

Für Anna Bergmann, die vor einigen Wochen das erste Mal geimpft wurde, bedeutet das offiziell attestierte, mutmaßlich falsch positive Ergebnis nun auch, dass sie ihren zweiten Impftermin womöglich erst frühestens in sechs Monaten wahrnehmen kann – das jedenfalls empfiehlt die Ständige Impfkommission allen, die eine Infektion überstanden haben. Stadtsprecher Mensing rät Anna Bergmann, sich medizinisch beraten zu lassen.

Sie könnte die Bescheinigung ihrem Arzt beim zweiten Impftermin natürlich auch einfach verschweigen. Aber ihr Anwalt weist noch auf ein zweites Problem hin: Denn sollten die Proben tatsächlich vertauscht worden sein, hieße das auch, dass vermutlich ein mit einer Virusvariante infizierter Mensch ahnungslos und mit falsch negativem PCR-Test weiterhin durch Köln läuft.

Einer von 10.000 PCR-Tests laut Studie falsch positiv

Da Bergmann laut dem ersten Testergebnis mit einer Virusvariante infiziert gewesen sei, habe sie sich auch nicht durch weitere PCR-Tests „freitesten“ lassen können, erklärt Stadtsprecher Mensing. Generell komme es laut Studien nur in einem von 10.000 PCR-Tests, die als besonders zuverlässig gelten, zu einem falsch positiven Ergebnis. Ob die Proben im Fall Bergmann womöglich vertauscht wurden, könne man nicht beurteilen. Man habe ihren positiven Befund von einem Labor aus Düsseldorf gemeldet bekommen.

Immerhin: Die Quarantäne hat Bergmann inzwischen hinter sich gelassen. Nun versucht sie, mithilfe ihres Anwalts zu erreichen, dass die Stadt auch das positive Testergebnis und die Genesenenbescheinigung zurücknimmt.

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