Stellenabbau in KölnMehr Geflüchtete, weniger Beratung – Träger kritisieren Pläne der Bundesregierung scharf

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Porträt von Idàn Sagiv Richter (rubicon) und Antonina Reiners (Caritas) vom Beratungsangebot für queere Migranten

Viele Beratungsangebote für Geflüchtete sind gefährdet: Im Bild Idàn Sagiv Richter (rubicon) und Antonina Reiners (Caritas) vom Beratungsangebot für queere Migranten.

In Köln stehen 3000 Beratungen für 15.000 Menschen auf dem Spiel, wenn der Bund geplante Etatkürzungen verabschiedet.

Die Stadt Köln rechnet für die kommenden Monate mit mehr Geflüchteten, sucht neue Unterkünfte und schlägt öffentlich Alarm – das Budget für die Beratung von Migranten soll unterdessen vom Bund gekürzt werden. Im Bundeshaushalt, über den seit Dienstag, 5. September, beraten wird, sind für das kommende Jahr nur noch 57 Millionen Euro statt bisher 81 Millionen Euro für die Migrationsberatung vorgesehen – würden die Kürzungen der Integrationsarbeit so verabschiedet, fielen in Köln zwölf bis 15 und in NRW 80 Stellen in dem Bereich weg.

Die Ampel-Koalition hat sich zu einem Neuanfang in der Integrationspolitik bekannt – die geplanten Kürzungen stehen dazu in eklatantem Widerspruch
Tim Westerholt, Migrationsberater der Caritas

„Die Ampel-Koalition hat sich zu einem Neuanfang in der Integrationspolitik bekannt, die Zuwanderung nimmt zu und damit auch der Beratungsbedarf – die geplanten Kürzungen stehen dazu in eklatantem Widerspruch“, sagt Tim Westerholt, Migrationsberater der Kölner Caritas. „Armut und soziale Ausgrenzung werden Resultate der Kürzungen sein, Integration und Fachkräftegewinnung werden geschwächt.“

Porträt von Tim Westerholt, Migrationsberater der Caritas

Migrationsberater Tim Westerholt

Der Haushaltsentwurf sieht nicht nur vor, die Migrationsberatung um 30 Prozent zu kürzen – eine Bildungsberatung für Menschen aus dem Ausland, die studiert oder Abitur gemacht haben, soll gleich ganz wegfallen. Auch das Programm „Respekt Coaches“ zur Prävention von Rassismus und Extremismus an über 270 Schulen soll eingestellt werden. Um 60 Prozent gekürzt werden soll die bundesweite, unabhängige Asylverfahrensberatung.

Die geplanten Kürzungen seien auch mit dem neuen Fachkräfte-Einwanderungsgesetz und der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland nicht vereinbar. „Das Land soll für Fachkräfte aus dem Ausland attraktiver werden und streicht seine Bildungsberatung für Akademiker gleich ganz? Das passt nicht zusammen“, sagt Westerholt.

Beratungsangebote in Chorweiler und Porz könnten wegfallen

Träger wie die Caritas, die Diakonie oder die Arbeiterwohlfahrt (Awo) hoffen, dass die geplanten Kürzungen wie schon im vergangenen Jahr so geschehen wieder zurückgenommen werden. „Bei der Migrationsberatung zu sparen heißt, dass jeder Euro, der jetzt gespart wird, den Staat später viel mehr kosten wird. Die fehlende Unterstützung bei der Anerkennung akademischer Qualifikationen oder beim Erwerb von Sprache wirkt später wie ein Bumerang“, sagt Migrationsberater Westerholt.

Die Beratung in von Einwanderung geprägten Stadtbezirken wie Chorweiler oder Porz sei durch die geplanten Kürzungen gefährdet, befürchtet die Caritas. So gibt es etwa im Stadtbezirk Chorweiler aktuell  1,5 Beratungs-Stellen. Im Stadtbezirk Porz ist es eine halbe Stelle. Beide Beratungsstandorte wären durch ein In-Kraft-Treten der Kürzungen gefährdet. Durch den Wegfall von zwölf bis 15 Stellen würden in Köln jährlich 15.000 Beratungen für ca. 3000 Menschen auf dem Spiel stehen.

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