Kommerz oder Science CenterWie geht es weiter mit dem Kölner Odysseum?

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Um über die Runden zu kommen, muss das „Odysseum“ bereits seit einigen Jahren auf kommerzielle Zusatzattraktionen wie spektakuläre Lego-Dinosaurier setzen.

Köln – Ein „Showroom für Zukunftsentwürfe“, „ein Mitmachparcours für Neugierige“ – mit diesen Worten ist in den vergangenen Wochen das neue „Haus der Wissenschaften mit Bodenhaftung in der Gegenwart“ in Berlin gewürdigt worden. Die Frage, wie wir in Zukunft leben werden und wollen, wird in bester Lage mit Blick auf die Zentren der politischen Macht in einem schicken, repräsentativen Gebäude erörtert, das den Kriterien des nachhaltigen Bauens standhalten sollte.

Ein echtes Statement und eine tolle Attraktion ist das „Futurium“ geworden. Die Berliner zeigen seit September, wie ein „Science Center“ aussehen kann, während zur gleichen Zeit die Mehrheit der Kölner Politiker ein klares Bekenntnis für das „Odysseum“ als Lernort für Zukunftsfragen verweigert. Kölner Promis wie der Astronaut Alexander Gerst oder Romanautor Frank Schätzing helfen in der Hauptstadt, die Bayer AG engagiert sich dort als einer von vielen Mitgesellschaftern.

Ratsmehrheit gegen finanzielle Unterstützung 

In Köln gibt es solche Unterstützung nicht. Im Gegenteil: Die Geldgeber – die Sparkasse Köln-Bonn und ihre Stiftung Wissen – planen den Ausstieg aus dem Betrieb des Science Centers, das sie den Kölnern anlässlich ihres 175-jährigen Geburtstags geschenkt haben. Nun ist ihnen das Geschenk zur Last geworden. Wegen der allgemeinen Zinsentwicklung wirft das Stiftungskapital zu wenig ab, um die Ausstellung im Odysseum weiterzuentwickeln. Zwei Millionen Betriebskostenzuschuss pro Jahr sind der Sparkasse zu viel. Zum Vergleich: Die Berliner können mit 19 Millionen pro Jahr arbeiten. Auf Einnahmen aus Eintrittsgeldern können sie ganz verzichten. Der Eintritt dort ist frei.

Odysseum Gebäude

Das Odysseum in Kalk

Monatelang haben sich die Politiker im Rathaus um ein klares Votum gedrückt, ob die Stadt mehr für das Odysseum tun muss. Jetzt hat eine Mehrheit von CDU, Grünen und FDP der Idee ein Absage erteilt, dass sich die Stadt am Betrieb beteiligen könnte, um das Haus als außerschulischen Lernort weiterzuentwickeln. „Die von der Stiftung Wissen der Sparkasse betriebene Einrichtung Odysseum wird weiterhin nicht durch städtische Mittel unterstützt, die Verantwortung liegt weiterhin bei der Eigentümerin“, heißt es unmissverständlich in einem Antragstext, der im Schulausschuss beschlossen wurde.

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Man wolle das Interesse für Technik und Naturwissenschaften weiter fördern. Dazu soll die Verwaltung ein Konzept erstellen. Ob und – wenn ja – welche Rolle das „Odysseum“ dabei spielt, bleibt offen. Der Forderung von SPD und Linken, dass sich die Stadt stärker einbringen müsse, erteilte die Ratsmehrheit eine Absage. 

Dem Beschluss sind nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Gespräche mit Vertretern der Sparkasse und ihrer Stiftung vorausgegangen. Um den schrittweisen Rückzug bis 2024 aus der Finanzierung zu rechtfertigen, verweisen sie seit Monaten auf andere Projekte der Stiftung Wissen in Schulen, mit denen sich erfolgreicher für naturwissenschaftliche und technologische Themen werben lässt. Ihre Botschaft: Das Geld der Stiftung lasse sich besser anlegen als in einem teuren Haus, das die Sparkasse am liebsten an den privaten Partner, mit dem sie das „Odysseum“ betreibt, verkaufen würde. 

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Die Zukunft des Odysseum als außerschulischer Lernort ist ungewiss.

Um über die Runden zu kommen, setzt man bereits seit einigen Jahren auf kommerzielle Zusatzattraktionen wie zur Zeit die spektakulären Lego-Dinosaurier. Tun sich nicht neue Finanzquellen auf, wird die Kommerzialisierung weitergehen. In dem Haus sollen Räume für Freizeitspaß-Aktivitäten vermietet werden. Trampoline und Kletterwände ersetzen Exponate, mit denen den Besuchern Zukunftsfragen nahegebracht werden sollten. Dafür soll zusätzlich Eintritt verlangt werden. Die Fläche, auf der das „Odysseum“ seiner ursprünglichen Aufgabe nachgehen kann, würde immer kleiner. Als es eröffnete, hatte man den Kölnern das Gegenteil versprochen.

Das Futurium in Berlin

Im ersten Monat seit der Eröffnung hat das „Futurium“ bereits 100 000 Besucher gezählt. Konzept und Idee sind ähnlich wie beim „Odysseum“. Die Inhalte verknüpfen wissenschaftliche Erkenntnisse mit anschaulicher Darstellung. In Workshops können sich die Besucher außerdem spielerisch mit Zukunftstechnologien beschäftigen. In einem „Forum“ sollen Menschen miteinander ins Gespräch kommen. Gesellschafter sind das Bildungsministerium des Bundes, zwei Stiftungen, mehrere wissenschaftliche Vereine und Institute sowie fünf große Firmen.

www.futurium.de 

In der Diskussion um die Zukunft des „Abenteuermuseums“ ist oft zu hören, dass ein festes Haus zur Wissensvermittlung nicht mehr in die Zeiten der Digitalisierung passe. Auch einige Politiker im Rathaus haben sich dieses Argument zu eigen gemacht. In Berlin sieht man das anders: Das „Futurium“ soll sogar mehr als ein außerschulischer Lernort sein. Da ist von einem „partizipativen Denkraum“ für alle Zukunftsfragen und einem Ort zur Wissenschaftskommunikation die Rede. Geschäftsführerin Nicole Schneider sagt es plakativer: „Zukunft braucht einen Ort.“ In Köln ist man sich da nicht mehr so sicher.

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