Kölner Azubis vor GerichtAngehende Arzthelferinnen fälschen Krankmeldungen

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Symbolbild Krankschreibung

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Köln – Die Diagnose auf dem gelben Zettel lautete „Divertikulitis“, doch der junge Mann mit den angeblichen Darmbeschwerden erfreute sich bester Gesundheit. Er wollte mit seiner Freundin ein paar Tage in Urlaub fahren. Da traf es sich gut, dass die 20-jährige Auszubildende direkt an der Quelle saß. „Lass mich mal machen, ich regel das schon“, beschwichtigte die angehende Arzthelferin den Freund und legte ihm am nächsten Tag eine gefälschte Krankmeldung auf den Tisch. Dann ging es im Sommer 2018 gemeinsam ab in den Urlaub.

Im Kollegenkreis hatte sich herumgesprochen, wie einfach es war, sich in der renommierten Gemeinschaftspraxis mit mehreren Ärzten und noch einmal soviel medizinisch-technischen Angestellten am Computer selbst zu bedienen. Weil sie sich selbst nicht die Finger schmutzig machen wollte, drängte Tine S. (alle Namen geändert) ihre Azubi-Kollegin dazu, ihr wiederholt manipulierte Krankmeldungen auszudrucken. Und weil das so gut funktionierte, stellten sich die Mädels auch gleich Rezepte für die Antibaby-Pille aus.

Pillen-Rezepte gewinnbringend verkauft?

„Das war nur für den Eigenbedarf“, beteuerten die jungen Frauen auf der Anklagebank des Jugendgerichts mit Tränen in den Augen. Die Anklage war im Rahmen der Ermittlungen noch davon ausgegangen, dass die Berufsschülerinnen die gefälschten Rezepte für Ovulationshemmer an ihrer Schule „gewinnbringend weiter veräußert haben“. Dafür gaben die Ermittlungen allerdings nichts her. Immer, wenn Rezepte und Krankmeldung perfekt gefälscht ausgedruckt waren, hatten die Azubis anschließend auf dem PC alle Daten gelöscht.

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Dennoch waren sie aufgeflogen, als in der Praxis die Revision ins Haus kam und die routinemäßige Überprüfung aller Patientendaten anstand. Die Krankmeldung für den Freund fiel als erstes auf, weil seine Gesundheitskarte nicht gespeichert war. Beide Azubis – sie waren bereits im zweiten Ausbildungsjahr – waren von dem Arzt fristlos gekündigt und dann auch wegen Urkundenfälschung angezeigt worden.

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Im Gerichtssaal gaben sich die beiden Angeklagten eher kleinlaut, verschüchtert und reumütig. Warum man für den eigenen Arbeitgeber eine Krankmeldung benötigt, erschloss sich der Richterin nicht wirklich, aber die Antwort leuchtete ihr ein. Damit hatten die Mädels die Schule geschwänzt: „Wer im Unterricht fehlt, muss eine Krankmeldung vorlegen.“

„Für uns brach eine Welt zusammen“

Die Anklagevorwürfe gaben sie ohne wenn und aber zu, legten aber Wert auf die Feststellung, dass damals „für uns eine Welt zusammengebrochen ist“. Sie hatten nicht nur den Arbeitsplatz verloren, sondern waren auch von der Schule geflogen. Inzwischen konnten beide ihre Ausbildung erfolgreich beenden, eine hat bereits eine gut dotierte Stellung als medizinisch-technische Assistentin in einem Krankenhaus. „Ich sehe die Reue“, befand dann auch Richterin Gabriele Bos und verzichtete auf ein Urteil, schloss sich damit den Ausführungen der Jugendgerichtshilfe an, die sich ebenfalls gegen eine Verurteilung ausgesprochen hatte und die Anwendung von Jugendrecht für die heranwachsenden Angeklagten befürwortete.

Das Verfahren wurde daraufhin gegen Auflagen eingestellt. Tine S., die noch keine Anstellung hat, muss 40 Sozialstunden leisten. Ihre Kollegin muss 300 Euro Bußgeld zahlen.

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