Angst vor Corona-HerbstKölner Gastronom möchte Erlaubnis für Heizpilze

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Filinta Adsiz, Betreiber der Bar Monkeys an der Venloer Straße.

  • Die Außengastronomie hält in Corona-Zeiten viele Kölner Lokale am Leben.
  • Deswegen fordern einige Wirte nun eine Verlängerung der Sondergenehmigung.
  • Doch auch wer über einen erweiterten Außenbereich verfügt, kann ihn mitunter nicht bestmöglich ausschöpfen.

Köln – Viele Gastronomen halten sich derzeit mit ihrer Außengastronomie über Wasser. Den Innenraum ihrer Lokale können sie aufgrund der Abstandsregeln nicht vollständig belegen. Von den im Mai beschlossenen stadtweiten Lockerungen, die eine Nutzung von Park- und Nebenflächen vorsehen, profitieren längst nicht alle. Auf Gastronomiemeilen wie der Venloer Straße in Ehrenfeld oder der Dürener Straße in Lindenthal, aber auch in der Lindenstraße oder Roonstraße sieht man so gut wie keine Tische vor Restaurants oder auf Parkflächen – denn überall dort gilt Tempo 50.

„Wir haben keine Außengastro beantragt, weil es auf der Lindenstraße problematisch ist. Der Fahrradweg befindet sich auf dem Bürgersteig, dann kommen die Parkplätze. Es sind schon oft Kinder und Erwachsene vor der Haustür gegen Fahrräder geknallt. Da passt der Tisch nicht auch noch hin“, sagt Betlehem Tsehaye vom äthiopischen Restaurant „Injera“.

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Betlehem Tsehaye und Sohn Philpos vom Restaurant „Injera“ ab der Lindenstraße

Seit zehn Jahren betreibt sie ihr Lokal, das immerhin einen kleinen Innenhof hat. „Wir kämpfen und machen uns sehr viele Sorgen. Man kann das gar nicht in Worte fassen, wie die Situation gerade ist“. Ihnen blieben vor allem spontane Gruppenessen weg – mit zehn, 15 Gästen, die etwa direkt von der Uni kämen.

Kölner Fahrradwege auf die Straße verlagern

Auf der Venloer Straße in Ehrenfeld ist es ähnlich: Bei der „Eisdielerin“ von Mikki Staffel führt der Radweg über den Bürgersteig. Etliche Gastronomien sind betroffen. Staffel schlägt daher vor, den Fahrradweg, so wie auf anderen Abschnitten der Venloer Straße – etwa zwischen Innerer Kanalstraße und Gürtel –, auf die Straße zu verlegen. „Hier sind bereits Markierungen, man müsste sie nur noch sichtbarer machen“. Sie beschränkt sich derzeit auf den Außerhaus-Verkauf und fürchtet sich schon vor dem Winter. „Ich möchte nicht länger als sechs Wochen im Jahr schließen, denn ich arbeite sehr gerne“, sagt Staffel, die im Vorstand der Interessengemeinschaft Gastro ist.

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Aber auch wer über einen erweiterten Außenbereich verfügt, kann ihn mitunter nicht bestmöglich ausschöpfen: Das kritisiert Filinta Adsiz, Betreiber der Bar „Monkeys Cocktail Culture“ an der Venloer Straße, schräg gegenüber dem nächtlichen Hotspot des Stadtgarten-„Mäuerchens“. Es macht ihn wütend, seine Außenterrasse pünktlich um Mitternacht räumen zu müssen – selbst wenn sich Hunderte Feiernde treffen, Bier trinken und bis in die Morgenstunden Musik hören. „Durch die Schließung des Brüsseler Platzes ist es mehr geworden. Die Clubs sind zu und die Leute wissen nicht wohin. Beschwerden von Anwohnern werden auf die Konzessionsträger abgewälzt.“ Für den Herbst befürchtet der 45-Jährige Schlimmstes. „Ich lebe von meiner Außenterrasse. Wir haben die Probleme schon, wenn es regnet. Es muss dringend eine Lösung her“, so Adsiz.

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Er fordert die Verlängerung der Außengastronomie in den Hotspots bis 3 Uhr unter der Bedingung, dass es leise ist. „Hier sitzen die Gäste kontrolliert, ich bin für die Regeln verantwortlich, im Park und an der Mauer gibt es keine Ansprechpartner. Früher gab es mehr Toleranz, obwohl die eigentlich gerade jetzt nötig wäre“. Er hat Politikern einen Drei-Punkte-Plan vorgelegt, der eine weitere Ausdehnung des Außenbereichs auf Parkflächen und Sperrungen „unnötiger Straßen“ vorsieht sowie eine Regelung des Alkoholverkaufs von Kiosken und Supermärkten.

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Dass gerade der letzte Punkt schwer umzusetzen sein dürfte, ist Adsiz bewusst. „Als Konzessionsträger musste ich Kurse machen, weil ich verantwortlich für die Leute bin, denen ich Alkohol verkaufe. Die Schlange des Kiosks reicht häufig bis zu mir, und dann macht das Ordnungsamt Terz“. Er verlangt eine Lockerung von Gesetzen wie etwa das Verbot von Heizpilzen. „Sie werden mit Gas betrieben und sind daher verboten. Für die Corona-Zeit sollten sie aber wieder erlaubt werden.“ 

Die IG Gastro setzt sich derzeit auch dafür ein, dass die bis Ende Oktober geltenden Lockerungen für Gastronomen fortgesetzt werden. „Die Verlängerung ist ein großer Baustein“, bestätigt Till Riekenbrauk, IG-Gastro-Vorstand. „Die Verwaltung bearbeitet gerade einen Vorschlag von uns: Wir suchen gemeinsam mit Messebauern eine Art Wintergartenlösung“. Denn bisher sei es erlaubt, die Außenflächen nur mit Gegenständen auszustatten, die „sich hoch- oder wegnehmen lassen wie Blumenkübel“. Doch wenn die Gäste auch bei niedrigeren Temperaturen an der frischen Luft sitzen sollen, müssten etwa holzhüttenartige Bauten möglich sein, sodass die Leute „zumindest regen- und windgeschützt sind“. Riekenbrauk betont: „Die Perspektive auf den Winter lässt uns schlucken. Seit Wochen pochen wir darauf, dass Lösungen für Ende Oktober gefunden werden. Irgendwann wird’s spät“.

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In der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses wurde zumindest über die Verlängerung beraten. „Wir wollen noch in dieser Wahlperiode, die am 10. September endet, dazu eine Entscheidung herbeiführen“, sagt Jörg Frank, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen. Seine Position: „Die Genehmigung für Außengastronomie, auch auf temporären Erweiterungsflächen, bis zum 31. Dezember zu verlängern“, „Pop-up-Biergärten unbürokratisch zu genehmigen“ sowie „Anträge von Gastronomen, die bislang keine Außengastronomie hatten, unbürokratisch zu genehmigen“. Denn auch hier weiß Riekenbrauk, dass viele die Kosten und das lange Verfahren scheuen: „Viele, die gar keine Fläche haben, wollen nicht 1000 Euro und mehr ausgeben, um einen Antrag mit unsicherer Aussicht auf Erfolg zu stellen.“  

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