Kundgebung in Kölner SüdstadtMieterin muss aus „Geisterhaus“ ausziehen – ohne Übergangswohnung

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Die Wohnung von Pia Pamela Kagelmacher ist unbewohnbar. Vor dem Geisterhaus Im Ferkulum 8 findet eine Unterstützungs-Kundgebung statt.

Die Wohnung von Pia Pamela Kagelmacher ist unbewohnbar.

Vor zwei Jahren hatte Pia Kagelmacher einen Rohrbruch in ihrer Wohnung in der Südstadt. Sie ist seit Monaten unbewohnbar.

Für Pia Pamela Kagelmacher wird es wohl kein schönes Weihnachtsfest werden. Die Aussicht auf das, was danach kommt, ist für sie trübe. Weil ihre Wohnung an der Straße „Im Ferkulum 8“ in der Südstadt seit Monaten unbewohnbar sei, es weder sanitäre Anlagen, fließendes Wasser noch eine funktionierende Heizung gebe, wohne sie mit ihrem Sohn derzeit in einer „Krisenwohnung“ einer Stiftung am Hansaring, sagt die 42-Jährige. Doch hier könne sie nur bis zum 15. Januar bleiben. Dann stehe sie auf der Straße.

Am Donnerstagnachmittag kamen etwa 40 Anwohner, Politiker und Aktivisten in der Südstadt zusammen, um für die Mieterin zu protestieren. Darunter waren Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne), Südstadt-Pfarrer Hans Mörtter und Mietrechts-Aktivist Kalle Gerigk. „In meinen Augen ist das eine riesengroße Sauerei, eine alleinerziehende Mutter jetzt zur Weihnachtszeit so stehenzulassen“, so Kalle Gerigk. Der Vermieter wolle sie „rausekeln“: „Das ist ein klarer Fall von Entmietung, wenn man einem das Badezimmer inklusive Toilette wegreißt.“

Neuer Vermieter wollte die Schäden zunächst beheben

Laut Pia Pamela Kagelmacher begann alles vor etwa zwei Jahren mit einem Rohrbruch, der nicht korrekt behoben worden sei. Es sei zu Schimmelbildung gekommen. Der Vermieter sei zu dieser Zeit gestorben und als der neue kam, sei alles noch schlimmer geworden. Der neue Eigentümer habe zunächst die Schäden beheben wollen. „Es war die Rede davon, dass der Schimmel beseitigt wird und dass einiges erneuert wird“, sagt die Reinigungskraft.

Dass sie irgendwann kein Badezimmer mehr haben würde, davon sei keine Rede gewesen. Sie habe anfangs darauf vertraut, dass alles wieder gut wird und auf eine einstweilige Verfügung gegen den Vermieter verzichtet. Doch es wurde nicht wieder gut.

Nach wie vor fehlen Toilette, Waschbecken und Dusche. Kagelmachers Badezimmer sieht aus wie ein Rohbau, ein Loch klafft in der Wand zum Treppenhaus. Im Zimmer ihres Sohnes blüht der Schimmel. Mittlerweile zahle sie in Absprache mit dem Eigentümer keine Miete mehr und ihr Anwalt habe eine Mängelbeseitigungsklage eingereicht. Bisher aber ohne Ergebnis.

Vor dem Geisterhaus Im Ferkulum 8 findet eine Unterstützungs-Kundgebung statt. Die Demonstrierenden haben eine aufgeblasene Hand aufgestellt.

Vor dem Geisterhaus Im Ferkulum 8 findet eine Unterstützungs-Kundgebung statt.

Kagelmacher: „Ich werde permanent gedrängt, die Wohnung zu kündigen“

Kagelmacher bekam über das Jugendamt die jetzige Bleibe samt Möblierung. Ihre eigenen Möbel und Gegenstände stapeln sich noch im maroden Südstadt-Gebäude, in dem außer ihr aber niemand mehr wohnt. Die Unterstützergruppe spricht von einem Geisterhaus. Eigentlich hätte sich Kagelmacher vom Vermieter eine akzeptable Übergangswohnung erhofft, um nach der Sanierung wieder zurückkehren zu dürfen. Doch die sei ausgeblieben.

Kagelmacher möchte wieder in ihre alte Wohnung zurück, schließlich gehe ihr zehnjähriger Sohn in der Südstadt in die Schule. Doch es würden ihr nur Steine in den Weg gelegt: „Ich werde permanent gedrängt, die Wohnung zu kündigen.“ Sowohl von der Stadt, die ihr geraten habe, in eine Unterkunft für Obdachlose zu wechseln, als auch vom Vermieter.

Die Kündigung wäre etwa die Voraussetzung für eine Ersatz-Wohnung in Dellbrück gewesen, die die Hausverwaltung ihr kürzlich habe vermitteln wollen. Kagelmacher lehnte ab, auch wegen des noch weiteren Schulwegs. Mittlerweile sehe sie sich zu Vergleichsverhandlungen mit dem Vermieter gezwungen, die auf eine Beendigung des Mietverhältnisses hinauslaufen: „Noch ein Jahr zu kämpfen kann ich finanziell und psychisch nicht mehr.“

Hupke: Die Stadt Köln wurde nicht tätig

Die Unterstützergruppe vermutet, dass der Hauseigentümer das Objekt Im Ferkulum vollständig entmieten und sanieren will. Eventuell, um die Wohnungen als Eigentum zu verkaufen. „Ich fühle mich zurückversetzt in die übelsten Spekulantenzeiten“, sagt Andreas Hupke. Die Wohnungsaufsicht der Stadt Köln kennt der Initiative zufolge die Zustände im Haus seit dem Frühjahr und könnte den Eigentümer zur Reparatur der Wohnung zwingen. Doch sie werde nicht tätig.

Pia Pamela Kagelmacher in der unbewohnbaren Wohnung. Hinter ihr eine aufgerissene Wand und Rohre. Sie macht ein unglückliches Gesicht.

Pia Pamela Kagelmacher in der unbewohnbaren Wohnung.

Die „RM Immobilien AG“, die für den Hausbesitzer das Gebäude Im Ferkulum verwaltet, sieht sich indessen in ein falsches Licht gerückt. Die Sanierungsarbeiten seien mit Pia Pamela Kagelmacher abgestimmt worden, so Emilio Sabel vom Vorstand des Unternehmens: „Unabhängig davon versuchen wir mit Hochdruck, die Wohnung zu sanieren und sie wieder bewohnbar zu machen.“

Sanierung bereite immer wieder Probleme

Es gehe nicht um das schnelle Geld. Aber es gebe bei der Sanierung immer wieder Probleme, etwa mit Verzögerungen durch Handwerker, der Baustellen-Logistik in der Südstadt oder langwieriger Bürokratie. Das Haus sei vom Vorbesitzer mit einem „schwerwiegenden Wasserschaden“ übernommen worden, es handele sich um einen „unfassbaren Problemfall“. Mieterin Kagelmacher sei bei der Suche nach einer Alternativ-Wohnung Hilfe angeboten worden, es gehe nicht darum, sie „loswerden“ zu wollen.

Laut Stadtverwaltung wurde der Eigentümer wegen der „erheblichen Mängel“ um schriftliche Stellungnahme gebeten, eine Antwort liege noch nicht vor. Es lägen außerdem Hinweise vor, dass die Sanierungsarbeiten ohne eine „möglicherweise erforderliche Baugenehmigung“ vorgenommen wurden. Auch dies werde derzeit geprüft.

Wie es langfristig weiter geht, weiß Pia Pamela Kagelmacher nicht. Hotelkosten könne sie sich keine leisten, eine Wohnung in der Nähe der Schule ihres Sohnes sei schwer zu finden. Gebe es keine Alternative, wolle sie ab dem 15. Januar sie bei ihrer Schwester unterkommen. Vorerst jedenfalls.

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