ArchiveinsturzStraftaten könnten verjähren

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Der Unglücksort: links die Severinstraße, in der Mitte das Gleiswechselbauwerk, rechts die fast zugeschüttete Bergungsgrube.

Der Unglücksort: links die Severinstraße, in der Mitte das Gleiswechselbauwerk, rechts die fast zugeschüttete Bergungsgrube.

Die Arbeiten in der Bergungs-Baugrube am Waidmarkt neigen sich dem Ende zu: Ein riesiger Kran hievte am Mittwoch die drei je 14 Meter langen und zehn Tonnen schweren Stahlstützen, die die Baugrube bislang stabilisiert hatten, auf einen Tieflader. Sie sollten nach den Worten von Bauleiter Jörg Holzhäuser vor allem verhindern, dass sich das benachbarte Bauwerk der Kölner Verkehrsbetriebe, in dem Züge die Spur wechseln können, bewegt.

Während der Arbeiten an diesem Bauwerk war am 3. März 2009 das Stadtarchiv eingestürzt; eine mögliche Schadensstelle in einer Außenwand könnte Mitursache für die Katastrophe gewesen sein. Daher ist es laut Holzhäuser oberste Priorität, jede Veränderung des Baus zu verhindern, um eine spätere Beweissicherung nicht zu gefährden.

Kosten für die Bergung liegen bei rund 27 Millionen Euro

Die Stahlstützen werden allerdings nicht mehr benötigt. Der Großteil der Grube, aus der über viele Monate hinweg die beim Archiv-Einsturz verschütteten Dokumente geborgen wurden, ist inzwischen wieder verfüllt – mit einem Spezialgemisch aus Sand und Zement, wie Holzhäuser erläuterte. Darin seien zur künftigen Sicherung der Baugrube weitere Stahlbetongurte eingebaut worden. In den nächsten beiden Wochen sollen dann weitere Stahlbetonteile am Rande der Grube entfernt werden, anschließend wird sie komplett verfüllt.

„Wir sind zuversichtlich, dass die Arbeiten bis November beendet sind und wir die Baugrube an die KVB übergeben können“, so Stadt-Sprecher Gregor Timmer. Die Kosten für alle mit der Bergung zusammenhängenden Arbeiten liegen nach seinen Worten derzeit bei rund 27 Millionen Euro, könnten am Ende aber etwa 30 Millionen Euro erreichen.

Nach mehrfachen Verschiebungen soll dann nach Angaben der KVB noch im November mit dem Bau des sogenannten Besichtigungsbauwerks begonnen werden: Dafür werden Pfähle in die zugeschüttete Grube getrieben, die ein fünfmal zwölf Meter großes Rechteck markieren.

Verjährungsfristen könnten ablaufen

Im Inneren dieser Umrandung wird die Grube wieder bis zu 25 Meter tief ausgehoben, damit Taucher im Grundwasser die vermutete Schadensstelle an der Außenwand des Gleiswechselbauwerks in Augenschein nehmen können. Inzwischen steht auch fest, wer dieses technisch sehr anspruchsvolle Bauwerk errichten wird: Nach Angaben der KVB hat die Firma Max Bögl den Zuschlag bekommen – sie hat auch das Rhein-Energie-Stadion gebaut. Die Arbeiten sollen laut KVB rund 14 Monate dauern. Noch im Oktober wird laut Holzhäuser der vom Landgericht beauftragte Sachverständige im Beweissicherungsverfahren, Professor Hans-Georg Kempfert, Sondierungen über die Dichte des Bodens vornehmen.

Vor dem Rechtsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags berichtete Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) am Mittwoch über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zur Unglücksursache. Angesichts der „zeitlichen Unwägbarkeiten bei der Ursachenforschung bestehe die Gefahr, dass Verjährungsfristen abliefen.

Kreis potenzieller Beschuldigter bestimmen

Daher würden derzeit „die bisherigen Ermittlungsergebnisse mit dem Ziel ausgewertet und zusammengefasst, Kausalketten für strafrechtlich relevante Verstöße oder Versäumnisse bei der Planung, Ausführung und Überwachung des Bauvorhabens Nord-Süd Stadtbahn herauszuarbeiten und den Kreis potenzieller Beschuldigter zu bestimmen“.

Auf dieser Grundlage könnten dann „gegebenenfalls verjährungsunterbrechende Maßnahmen“ durchgeführt werden. Die Einleitung eines Verfahrens gegen eine konkrete Person könnte nach Auskunft der Kölner Staatsanwaltschaft eine solche Maßnahme sein. Bislang ermittelt die Behörde gegen Unbekannt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Baugefährdung.

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