Kommentar zu VerkehrsversuchenDie Stadt Köln geht mit einem sinnvollen Instrument schlecht um

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Bilder der Deutzer Freiheit unmittelbar nach dem Urteil, das den Verkehrsversuch zur Beruhigung der Deutzer Freiheit vom Autoverkehr aufgehoben hat.

Der Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit in Köln wird beendet.

Verkehrsversuche sind trotz des Gerichtsurteils zur Deutzer Freiheit nicht grundsätzlich sinnlos, meint unser Autor.

Sind Verkehrsversuche in Köln sinnvoll? Unser Autor Thorsten Breitkopf hält sie generell für gescheitert. Tim Attenberger meint: Gut gemacht könnten sie die Verkehrsplanung in der Stadt maßgeblich voranbringen.

Der Verkehrsversuch an der Deutzer Freiheit in Köln ist auf ganzer Linie gescheitert, das steht außer Frage. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswidrigkeit festgestellt und auch vorher schon waren viele Anlieger nicht an Bord, insbesondere der Einzelhandel vor Ort. Für das Scheitern ist vor allem das städtische Verkehrsdezernat unter Leitung von Ascan Egerer verantwortlich, denn die Behörde nahm weder die Kritik an dem Versuch ernst, noch versuchte jemand, einen Schritt auf die Menschen zuzugehen.

Gleiches gilt für den Verkehrsversuch auf der Venloer Ehrenstraße und die veränderte Verkehrsführung an der Trankgasse vor dem Dom – dabei handelt es sich zwar technisch nicht um einen Verkehrsversuch, gleichwohl hatte der Stadtrat aber dort einen solchen beschlossen.

Tim Attenberger

Tim Attenberger

Leiter der Lokalredaktion Köln des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Jahrgang 1979. Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in den Themenbereichen Kommunalpolitik, Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr.

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Nun wäre es leicht zu behaupten, dass Verkehrsversuche somit grundsätzlich sinnlos sind, ja, sogar schädlich für das Ansinnen einer Mobilitätswende, da sie vor allem Kritik auf sich ziehen und das soziale Miteinander vergiften. Richtig ist aber vielmehr, dass die Stadt Köln und ihr Verkehrsdezernat mit dem eigentlich sinnvollen Instrument schlichtweg schlecht umgehen.

Ein Verkehrsversuch ist die Erprobung geplanter verkehrssichernder und verkehrsregelnder Maßnahmen im Rahmen eines Modellversuchs. So steht es in der Straßenverkehrsordnung. Es bietet sich also die Möglichkeit, eine veränderte Verkehrsführung auf ihre Schwächen zu testen, bevor die Stadt die Verkehrsführung einfach so überarbeitet. Stellen die Verantwortlichen fest, dass etwas nicht funktioniert, können sie es schnell und flexibel anpassen.

Darüber hinaus gibt es die Gelegenheit, Anlieger und andere von der Veränderung Betroffene von Anfang an eng einzubinden, am Projekt zu beteiligen und ihre Sorgen zu berücksichtigen. Ein Verkehrsversuch kann also immer auch ein Mittel sein, die Menschen mitzunehmen.

Es gibt positive Beispiele aus anderen Städten wie München

Dass Verkehrsversuche in Köln bislang einen so schlechten Eindruck hinterlassen haben und stets umstritten sind, hängt also weniger mit dem Verkehrsversuch als solches zusammen. Vielmehr spiegelt es den falschen Umgang des Kölner Verkehrsdezernats damit wider. Es entsteht der Eindruck, dass es nicht darum geht, Menschen mitzunehmen, sondern darum, etwas unbedingt durchdrücken zu wollen – notfalls auch gegen den Willen der Betroffenen.

Das ist höchst bedauerlich, denn es gibt durchaus Beispiele für Verkehrsversuche, die gelungen sind. So hat die Stadt München 2016 einen einjährigen Verkehrsversuch abgeschlossen und daraufhin die Sendlinger Straße in eine Fußgängerzone umgewandelt.

Wichtig sind vor allem drei Faktoren: Ein Verkehrsversuch muss zum einen rechtssicher sein und zum anderen müssen die Anlieger dabei mitgenommen werden. Und jenseits davon muss die Stadt Kritik ernstnehmen und im Zweifelsfall Fehler schnell korrigieren. Dann können Verkehrsversuche eine wichtige Bereicherung sein, um die Städte lebenswerter zu gestalten.

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