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„Zwei Kaffee, bitte!“So will ein Kölner die Umwelt von Zigarettenkippen befreien

Lesezeit 3 Minuten
Bärtiger Mann mit Latte Macchiato.

Mario Merella setzt sich für eine zigarettenkippenfreie Umwelt ein.

Für ihre Rubrik „Zwei Kaffee, bitte!“, spricht Susanne Hengesbach fremde Menschen auf der Straße an und lädt sie zum Kaffee ein.

Heute schlendere ich an einem der schönsten Gebäude Kölns vorbei, dem Weisshaus-Schlösschen, und sehe, wie gegenüber ein Mann mit Baseball-Käppi sein Fahrrad ankettet und auf den Eingang des Café Impact zusteuert. Meine Gelegenheit, denke ich.

Als Nächstes stelle ich fest, dass der Mann im Café wie ein Prominenter begrüßt wird, was mich natürlich neugierig macht. Als wir uns gegenübersitzen und Mario Merella erzählt, womit er sich beschäftigt, verstehe ich, dass man ihn in diesem Nachhaltigkeits-Café geradezu feiert.

Kölner hat in Deutschland 60.000 Kilo Zigarettenkippen gesammelt

Der 59-Jährige mit italienischen Wurzeln hat vor fünf Jahren einen Verein gegründet, der dazu beitragen möchte, dass „Raucher Verantwortung für die Art ihres Abfalls übernehmen“. In diesem Zusammenhang, erzählt Merella nicht ohne Stolz, hätten er und seine Leute in den zurückliegenden vier Jahren in ganz Deutschland summa summarum „60.000 Kilogramm Kippen gesammelt“.

Zunächst frage ich den gelernten Datenverarbeitungskaufmann, was ihn auf die Idee gebracht habe, sein Leben gewissermaßen dem Zigaretten-Überbleibsel zu widmen. Er holt aus und berichtet von einem Wendepunkt, nämlich seiner Erkenntnis, dass er „in einer toxischen Beziehung“ steckte und er in seinem Leben „gar nicht mehr ich“ war. Das habe ihn Nägel mit Köppen machen lassen: er habe sich getrennt, den Job aufgegebenen, die Wohnung aufgegeben und sei vorübergehend ins Hotel gezogen.

Abfallbehältnisse in Köln suboptimal

Dort, allein im Zimmer sitzend, habe er irgendwie zum Zeitvertreib eine Knobelaufgabe aus dem Internet lösen wollen, in der es darum ging, wie viele Zigarettenkippen der geizige Opa entleeren müsse, um aus den Tabakresten eine neue Zigarette friemeln zu können. „Das war der Einstieg ins Thema“, betont Merella, der daraufhin alles verschlang, was er im Netz über Zigaretten fand. Und je mehr er recherchierte, umso klarer sei ihm geworden, dass die Dinge nicht so bleiben dürfen, wie sie sind. „Was meinen Sie damit?“, frage ich.

Mein Gegenüber holt zu einem längeren Vortrag aus: darüber, wie viel Grundwasser eine achtlos weggeworfene Kippe buchstäblich vergiftet, darüber, dass die Abfallbehältnisse im Kölner Stadtgebiet seiner Auffassung nach suboptimal sind, weil es in die Öffnungen für Zigarettenstummel reinregnen kann, und dann praktisch dasselbe passiere wie bei einer weggeworfenen Kippe.

Kölner: Mobile Aschenbecher aus recycelten Kronkorken

Merella spricht über das für einen Laien sperrige „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen“ und dem in seinen Augen mangelndem Kooperationswillen seitens der Stadt Köln. „Inwiefern?“, frage ich.

Mein Gegenüber langt in seine Tasche und legt ein etwa teelichtgroßes Döschen auf den Tisch. Dieses Behältnis ist praktisch das Kernstück des nicht eingetragenen Vereins „Tobacycle“, dessen Satzungszweck laute: keine Kippe in die Umwelt. Ergo sei man hergegangen und habe aus recycelten Kronkorken diese mobilen Aschenbecher herstellen lassen, mit dem Ziel, dass rauchenden Männer und Frauen ihre Rauchhinterlassenschaften sozusagen eindosen.

Im Grunde, meint der 59-Jährige, müsse man den Rauchvorgang an sich „neu konditionieren“; dahingehend, dass rauchende Menschen verinnerlichen, dass neben dem Feuer auch der Aschenbecher unmittelbar zum Qualmen mit dazu gehöre. Aber solch ein Ansinnen kann man zum Wohle der Umwelt doch nur begrüßen, sage ich. Das finde er auch, stimmt mein Gegenüber zu. Aber dem Gesetz nach gehöre eine Zigarette nach Ende des Rauchvorgangs in den Hausmüll. Und jeder zunächst in das Döschen und später zu Sammelstellen des Vereins gebrachte Zigarettenrest sei streng genommen Diebstahl von Müll.

Nun käme es auf die jeweilige Kommune an, wie streng oder weniger streng sie das Gesetz auslege, und ob es eher ums Prinzip oder um die Sache gehen solle. „Und?“, frage ich. „Wir tragen uns mit dem Gedanken, Köln zu verlassen und den Sitz nach Nord- oder Süddeutschland zu verlegen, wo wir beispielsweise auch für unsere Initiative zur Aufstellung von wetterfesten Auffangbehältern mehr Unterstützung erhalten.“

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