„Papa Rudis“Gastwirtin der Kneipe an der Archiv-Einsturzstelle klagt gegen KVB

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Eine Frau mit Tina-Turner-Shirt und tätowierten Armen steht hinter der Theke einer Kneipe.

Wirtin Anja Spörk hinter der Theke vom „Papa Rudis“

Anja Spörk ist empört über das Angebot einer einmaligen Kulanzzahlung nach dem Einsturz des Stadtarchivs. Von der KVB fühlt sie sich verschaukelt.

Seit 15 Jahren findet vor „Papa Rudis“ jedes Jahr am 3. März eine offizielle Gedenkfeier zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 statt. Auf dem kleinen Plätzchen vor der Kneipe wird es dann immer voll. Die Oberbürgermeisterin hält eine Rede, zum Gedenken an die zwei Verstorben hängen zwei Kränze am Bauzaun und anschließend läuten pünktlich um 13.58 Uhr, dem Zeitpunkt des Archiveinsturzes, die Glocken der Kirchen in der Südstadt.

Gastwirtin fühlt sich von der KVB „verschaukelt“

Nach einer Stunde ist alles vorbei, nur Anja Spörk, die Gastwirtin, und andere direkt Betroffene bleiben zurück. Manchmal traurig, manchmal enttäuscht. Dieses Jahr ist die 49-jährige Gastwirtin einfach nur wütend, denn sie fühlt sich mit ihren Sorgen alleingelassen. Seit 15 Jahren kämpft sie um das Überleben ihres Lokals, das direkt an der Einsturzstelle liegt. Eingemauert und eingezäunt, vom Lärm der Baumaschinen umgeben, finden nur wenige Stammgäste den Weg in ihre Kneipe.

Und jetzt bietet die KVB ihr, nach langem Hin und Her, eine einmalige Kulanzzahlung in Höhe von 9145 Euro für die Umsatzeinbußen in den letzten zwölf Jahren an – gerade mal 800 Euro pro Jahr. Und noch dazu soll diese Auszahlung mit einer Stillschweigevereinbarung verknüpft werden. Anja Spörk ist empört, sie fühlt sich – gelinde gesagt – von der KVB „verschaukelt“.

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Spörk hat nun eine Anwältin eingeschaltet

Mit ihrem Angebot hat die KVB bei der ansonsten sehr geduldigen und gutgläubigen Pächterin nun anscheinend die rote Linie überschritten. Die Einzelkämpferin Spörk hat jetzt eine Anwältin engagiert. „Meine Mandantin hat diesen Abfindungsvertrag natürlich nicht unterschrieben. Ich werde nun entsprechende Ansprüche meiner Mandantin gegen die Beteiligten prüfen“, sagt die Kölner Rechtsanwältin Harriet Krüger.

Anja Spörk hat die Kneipe am Waidmarkt im September 2008 gepachtet. Ein halbes Jahr später ist das Stadtarchiv eingestürzt. Seitdem kämpft die Wirtin um ihre Existenz und versucht von der KVB eine Entschädigung für den Umsatzverlust in den letzten 15 Jahren zu bekommen. Ihre Kneipe verschwand hinter den Bauzäunen und ist bis heute für potenzielle Gäste unsichtbar. Alle Anträge auf Entschädigung verliefen bislang im Sande. Die KVB wollte Umsatzzahlen haben, die es aber nicht gab, denn die Theke in „Papa Rudis“ blieb häufig leer.

Auch die Pächterin eines benachbarten Cafés kämpft ums Überleben

Anja Spörk gab nicht auf, besorgte Vergleichszahlen, wie hoch der Umsatz hätte sein können, verhandelte und hoffte auf eine angemessene Entschädigung, denn sie ist Wirtin aus Leidenschaft. Mit der Kneipe hat sich die gebürtige Rostockerin einen Lebenstraum erfüllt. Aber wie sie von 800 Euro im Jahr existieren und die laufenden Kosten der Wirtschaft decken soll, das hat ihr bislang noch niemand erklären können.

Auch die Pächterin des Cafés „Einfach und lecker“ direkt neben „Papa Rudis“ kämpft ums Überleben. Sie hat die Räumlichkeiten erst 2020 gemietet, damals stand um das Einsturzloch nur ein einfacher Bauzaun, vor drei Jahren wurde er aber durch einen drei Meter hohen Schallschutzzaun ersetzt. Seitdem bleibt die Kundschaft aus.

„Mich findet hier kein Mensch, wenn die Leute aus der Nachbarschaft uns nicht unterstützen würden, wäre ich pleite. Ich habe damals alles renoviert und viel Geld investiert, in der Hoffnung, dass diese Baustelle bald zu Ende ist“, sagt El Kandoussi. Der Antrag auf Entschädigung für die Umsatzeinbußen, die ihr in den letzten drei Jahren, seitdem der hohe Schallschutzzaun steht, entstanden sind, wurde von der KVB abgelehnt.

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