CoronaAuch tagsüber ist wenig los am Kölner Hauptbahnhof – Geschäftsleute in Sorge

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Treppen zum Gleis am Kölner Hauptbahnhof

Köln – „Das ist erschreckend“, sagt Frank Montenbruck am Currywurst-Stand von Serwar Zeki, kurz bevor seine Schicht beginnt: „Die Aggressivität nimmt zu.“ Immer wieder werde er beschimpft, etwa wenn er Kunden darum bitte, die Maske richtig aufzusetzen: „Die ganze Palette ist dabei.“ Eigentlich arbeitet Frank Montenbruck als Schauspieler für Film und Fernsehen, unter anderem war er in der Serie „Stromberg“ zu sehen. Doch weil in Zeiten der Corona-Pandemie kaum noch gedreht wird, sorgt der 52-Jährige seit März hauptberuflich für Ordnung und Abstand – als Sicherheits-Mitarbeiter in zwei Filialen einer Drogeriemarkt-Kette. Eine davon befindet sich im Kölner Hauptbahnhof.

Seit Montag gilt auch für das Drehkreuz des Westens der „Lockdown light“. Im Gegensatz zum Frühjahr, als die meisten Geschäfte unterhalb der Gleisanlagen geschlossen blieben, haben die meisten Betriebe jetzt geöffnet. Doch die Tische der Imbisse und Restaurants bleiben gesperrt. Wer etwas essen möchte, tut es meistens im Gehen. Nur: Es sind kaum Kunden unterwegs.

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„Corona ist sowieso Scheiße“, sprudelt es am Dienstag aus Serwar Zeki heraus: „Aber seit gestern ist es noch ein bisschen schlimmer.“ Keine Touristen, keine Messen, kein Fußball.

Imbiss-Betreiber  Serwar Zeki

Imbiss-Betreiber Serwar Zeki

Schon seit den Herbstferien gehe es bergab. Etwa 90 Prozent seines Umsatzes fehlten ihm, sagt der Inhaber der Imbiss-Bude auf dem Breslauer Platz. Die Stammkunden reichten nicht aus, um die Miete zu zahlen. Wobei auch von ihnen etliche wegblieben, weil sie im Homeoffice arbeiteten. Serwar Zekis Prognose, wenn es so weiter geht: „Insolvenz“.

Ruhe im Kölner Hauptbahnhof

Der erste Eindruck beim Betreten der Eingangshalle mit Blick auf den Dom ist: So ruhig und gesittet geht es im altehrwürdigen Hauptbahnhof sonst selten zu. In der Vor-Corona-Zeit tummelten sich hier rund 200.000 Reisende pro Tag, zu besonderen Anlässen wie Karneval oder den Kölner Lichtern sogar bis zu 300.000. Nun ist es am späten Vormittag so voll wie sonst vielleicht nachts um drei Uhr. Für den Mindestabstand von 1,50 Metern ist mehr als genug Platz. Die Geräuschkulisse ist derart gedämpft, dass selbst ein polternder Rollkoffer wie eine Belästigung für die Ohren wirkt.

Die Berichte von Frank Montenbruck und Serwar Zeki zeigen allerdings, dass es unterhalb der friedlichen Oberfläche zuweilen brodelt. „Seit März drehen alle am Rad“, sagt Montenbruck: „Aber es bringt nichts, sich zu zerfleischen. Wir müssen alle gucken, dass wir Mittel finden, miteinander umzugehen.“

Im Zugbetrieb läuft nach Angaben eines Bahn-Sprechers derzeit alles planmäßig und ohne Einschränkungen. Über die Sommermonate seien die Buchungen im Fernverkehr wieder auf 75 Prozent des Vor-Corona-Niveaus angestiegen. Seit Oktober allerdings seien die Zahlen wegen der verschärften Corona-Lage wieder auf 50 Prozent zurückgefallen. In ICEs und ICs seien durchschnittlich noch 30 bis 35 Prozent der Sitzplätze besetzt. Besonders betroffen seien Geschäftsreisen und längerfristige Buchungen, so der Sprecher.

Angst vor Ansteckung im Zug

Morgens sei sein Zug vielleicht noch zu 15 Prozent ausgelastet, schätzt ein 56-Jähriger, der täglich mit der S-Bahn beziehungsweise dem Regionalexpress nach Köln fährt. Bei der Rückfahrt seien es etwa 40 Prozent. Das sei auf der einen Seite angenehmer als sonst, sagt der Pendler. Auf der anderen Seite habe er ein wenig Angst vor der Ansteckung. Diese Sorge treibt Agnes Fritschen zwar nicht um. „Aber ich möchte zwischendurch einen Kaffee im Sitzen trinken, das ist nicht mehr drin.“

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Miro Feichter ist seit 1994 Mitarbeiter von „Presse Ludwig“, einem Fachgeschäft für Zeitschriften, Tageszeitungen und Bücher. Beim ersten Lockdown im Frühjahr habe er seinen Hauptbahnhof nicht wiedererkannt, so ruhig sei es gewesen. Seit den Herbstferien merke er erneut, „dass es weniger wird“. An ein Weihnachtsgeschäft wie in der Vergangenheit glaubt der 51-Jährige für dieses Jahr nicht mehr. „Die Leute verlegen sich ins Internet“, vermutet Miro Feichter, der sich wie seine Kollegen in Kurzarbeit befindet.

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„Wenn das so weiter geht…“ ist eine Redewendung, die man in diesen Tagen des Öfteren hört im Hauptbahnhof und anderswo. Auch Miro Feichter macht sich mittlerweile Gedanken über die Zukunft seines Arbeitgebers: „Wenn das so weiter geht…“ 

Wo Kölner einen Corona-Test machen können

Corona-Teststellen in Köln

Personen mit Covid-19-Symptomen sollen ihren Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Nummer: 116117) kontaktieren. Wer akute Atemnot hat, soll sofort den Notruf 112 wählen.

Bei Hausärzten kann sich jeder testen lassen, ob man nun zur Risikogruppe gehört, aus einem Risikogebiet eingereist ist, eine rote Warnung über die Corona-App erhalten hat oder sich ohne triftigen Grund auf das Coronavirus untersuchen lassen möchte. Es gelten die Öffnungszeiten des jeweiligen Arzts.

Im Infektionsschutzzentrum Uniklinik können sich montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr Einreisende aus Risikogebieten, Angehörige einer Risikogruppe und Menschen mit roter App-Meldung testen lassen.

Im Infektionsschutzzentrum Neumarkt (Gesundheitsamt) können sich montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr Einreisende aus Risikogebieten und Menschen mit einer roten App-Warnung testen lassen. 

Am Hauptbahnhof können sich täglich von 7 bis 23 Uhr Einreisende aus Risikogebieten und Menschen mit einer roten App-Warnung testen lassen. Ein Test ohne konkreten Anlass kostet 59 Euro.

Am Flughafen können sich jeden Tag 24 Stunden lang Einreisende aus Risikogebieten und Menschen mit einer roten App-Warnung testen lassen. Ein Test ohne konkreten Anlass kostet 59 Euro.

Mein Corona-Schnelltest in der Lintgasse 14 bietet Antigen-Schnelltests an. Das Angebot kostet 35,90 Euro, online muss ein Termin vereinbart werden. Menschen mit Symptomen dürfen nicht kommen.

Den „Corona Walk-in in der Bonner Straße 178 kann man ohne Termin aufsuchen. Der Test kostet 75 Euro.

Die Firma Medicare Logistic, bietet im Josef-Haubrich-Hof 5 Antigen-Schnelltests für 39,90 Euro einen mobilen Testservice für Unternehmen, Schulen und sonstige Einrichtungen an. Online-Termin erforderlich.

In der Schildergasse 24 hat die Firma Smart-med-Test ein Zentrum eröffnet. Antigen-Schnelltests kosten 37,80 Euro, PCR-Tests 87,98 Euro, Antikörpertests, mit denen eine durchgemachte Corona-Infektion nachgewiesen werden sollen, kosten 47,80 Euro. Online-Termin erforderlich.

In medizinischen Laboren können sich Einreisende aus Risikogebieten oder Angehörige einer Risikogruppe testen lassen – mit einer ärztlichen Überweisung oder als Selbstzahler (die Kosten variieren). Die Labore raten jedoch davon ab, direkt dort hin zu gehen, da die Einrichtungen derzeit stark überlastet sind.

In Rodenkirchen ist Anfang Dezember ein neues PCR-Testzentrum in der Ringstraße 44 eröffnet worden. Ein Test kostet 81 Euro, der Befund soll nach 24 Stunden vorliegen. (og)

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