Anwohner verärgertRiesige Werbung am Neusser Platz in Köln nicht genehmigt

Lesezeit 3 Minuten
Ein großformatiges Werbeplakat war gegenüber Neusser Platz und Agneskirche zu sehen.

Ein großformatiges Werbeplakat war gegenüber Neusser Platz und Agneskirche zu sehen.

Köln-Neustadt-Nord – Für Bauherren sind sie ein Nebenverdienst, bei Passanten sorgen sie aber oftmals für Irritationen: Großflächige Werbebanner auf Baugerüsten.

Erst vergangene Woche hat ein riesiges Plakat für einen Autohersteller am Neusser Platz so manchen Anwohner verblüfft. Sie fragten sich: Ist ein Werbebanner an solch prominenter Stelle eigentlich erlaubt?

Im Schatten der Agneskirche

Dem Neusser Platz nachzusagen, er habe eine repräsentative Funktion, ist nicht übertrieben – immerhin liegt er im Schatten der Agneskirche und des zweithöchsten Kirchturms in Köln.

„Aber nun war der ganze Platz verschandelt“, hatte sich zumindest Anwohner Hans-Jochen Mühle geärgert. Seit Anfang Dezember hing genau gegenüber der Kirche – rund 100 Meter Luftlinie entfernt – das metergroße Werbeplakat an einem Baugerüst vor einer Hausfassade.

„Wie auf dem Times Square“

Mehrmals am Tag geht Mühle über den Platz, und immer wieder habe er es so empfunden: „Es passt in eine denkmalgeschützte Umgebung einfach nicht hinein“, zumal es nachts sogar beleuchtet gewesen sei, meint der Anwohner.

Die Agneskirche sei dann am Abend mit zunehmender Dunkelheit in den Hintergrund getreten und das Plakat habe immer heller gewirkt – „wie auf dem Times Square.“

Tatsächlich muss sich jeder, der in Köln Werbeanlagen auf öffentlicher Fläche anbringen möchte, eine Genehmigung der städtischen Bauaufsicht besorgen.

15 solcher großflächigen Werbeplakate an Baugerüsten sowie zwei großformatige Werbeanlagen an Gebäuden hat die Verwaltung im vergangenen Jahr genehmigt. Allerdings: Auf Nachfrage erläutert die Stadt, dass das Plakat am Neusser Platz dazu nicht zählt – es sei also nicht genehmigt gewesen.

Auf Druck der Bauaufsicht habe der Bauherr das Banner deshalb jetzt wieder abnehmen müssen; weitere Details zu dem Fall liefert die Verwaltung nicht. Aber: „Grundsätzlich kann man nicht sagen, dass es nie wieder ein Werbeplakat rund um die Agneskirche geben wird“, erklärt Stadtsprecher Jürgen Müllenberg. „Eine solche Genehmigung ist immer eine Einzelfallentscheidung.“

„Was wäre die Alternative?“

Laut Bauaufsicht spielen bei einer Entscheidung viele planungs-, denkmalschutz- und baurechtliche Vorschriften eine Rolle, aber auch eine Vielzahl weiterer Kriterien: „So werden zum Beispiel Riesenposter an Baugerüsten nur in Zusammenhang mit einer Baumaßnahme für einen begrenzten Zeitraum genehmigt, im Regelfall sind das sechs Monate“, erklärt das zuständige Amt.

Darüber hinaus darf das Plakat nur maximal 50 Prozent der gesamten Schutzplane eines Baugerüsts einnehmen, eine Beleuchtung der Plakate muss zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet sein. „Letztendlich muss man sich bei einer Genehmigung solcher Werbeplakate auch immer fragen: Was wäre die Alternative?“, sagt Stadtsprecher Müllenberg.

„Soll am Baugerüst lieber eine unansehnliche Staubschutzplane oder ein Plakat hängen, auf dem vielleicht sogar ein Teil der Fassade nachgebildet ist und das nur auf einem Teil Werbung zeigt?“ Auch deshalb sei es wichtig, von Fall zu Fall abzuwägen.

Über Werbeplakate wird übrigens auch deutschlandweit immer wieder diskutiert: Mal, weil ein Fruchtsafthersteller unter anderem in Bahnhöfen mit anzüglichen Slogans werben wollte, mal, weil ein Plakat an einem Baugerüst vor einer Münchner Kirche Glücksspiel bewarb. In der bayrischen Landeshauptstadt ist inzwischen sogar sexistische Plakatwerbung auf städtischer Fläche grundsätzlich untersagt.

KStA abonnieren