„Erheblicher Verstoß gegen Sparsamkeitsprinzip“Kommission rügt Kölner Großbauprojekte der Öffentlich-Rechtlichen

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So soll das WDR-Filmhaus nach der Sanierung aussehen.

So soll das WDR-Filmhaus nach der Sanierung aussehen.

Der WDR muss für seine WDR-Filmhaus-Sanierung 69,1 Millionen Euro selbst zahlen. Die zuständige Kommission erkennt den Bedarf nicht an.

Die Baukosten der Sanierungsprojekte des Westdeutschen Rundfunks (WDR) und des Deutschlandradios in Köln liegen „deutlich über den Werten der Neubaumaßnahmen anderer Anstalten“ des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das ist das Urteil der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) anhand der Brutto-Grundfläche und der Nutzfläche.

Die KEF analysiert den Finanzbedarf von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Arte und schlägt den Rundfunkbeitrag vor. Sie präsentierte am Freitag ihren Bericht und empfiehlt eine Anhebung des monatlichen Beitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro. Wie viel Großbauprojekte der Sender kosten, spielt unter anderem eine Rolle. Einige Länder sprechen sich schon vor der Beratung gegen die Erhöhung aus.

NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) teilte mit: „Das wird nicht über das Knie gebrochen werden können. Es ist klar, dass die Rundfunkanstalten einen verfassungsrechtlich verbrieften Anspruch auf eine bedarfsgerechte Finanzierung haben. Die Politik trägt jedoch die Letztverantwortung für die Beitragshöhe. Höhe und Entwicklung des Pflichtbeitrags tragen entscheidend zur Akzeptanz bei.“ Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Bauprojekten in Köln.

Nathanael Liminski (CDU), Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien in NRW.

Nathanael Liminski (CDU), Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien in NRW.

Um welche Bauprojekte geht es in Köln?

Um zwei: Das WDR-Filmhaus in der Innenstadt und das Funkhaus des Deutschlandradios in Marienburg. Seit 2018 lässt der WDR sein Filmhaus von 1974 sanieren, weil der Brandschutz 2020 abgelaufen wäre. Der Bau verzögert sich immer weiter, unter anderem, weil die Firma für die Technische Gebäudeausrüstung gekündigt hatte. Möglicherweise erst im September 2025 geht das sanierte Haus in den Vollbetrieb. Aus anfangs 130 Millionen Euro sind 240,1 Millionen Euro geworden. Beim zweiten Bauprojekt handelt es sich um das 102 Meter hohe Hochhaus samt Flachbau des Deutschlandradios, in dem 1978 die erste Sendung stattfand. Dort werden die beiden Programme Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Nova produziert. Statt 188,6 Millionen Euro veranschlagt der Sender 288,7 Millionen Euro. Bis 2036 soll die teils schon begonnene Sanierung beendet sein.

Wie beurteilt die Kommission die WDR-Filmhaus-Sanierung?

Die KEF bleibt hart: In der Vergangenheit hatte sie schon 69,1 Millionen Euro gesperrt, die der WDR als Bedarf angemeldet hatte. Und diese Sperre bestätigt sie jetzt, sie erkennt den Bedarf nicht an: „Die Kommission sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass ein erheblicher Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsprinzip vorliegt.“

Was heißt das für den WDR?

Der Sender muss die Summe selbst bezahlen und will laut KEF ein Bankdarlehen aufnehmen. Doch dafür muss er wohl Zinsen zahlen. Auf die Frage, ob die Sanierung dadurch mehr kostet als 240,1 Millionen Euro, teilte der Sender mit: „Die Entscheidung der KEF hat keinen Einfluss auf den Kosten- und Zeitplan des Filmhaus-Projektes. Welche Auswirkungen sie auf die laufende Haushaltsplanung des WDR hat, werden wir jetzt sorgfältig prüfen.“

Die Baustelle des WDR-Filmhauses.

Die Baustelle des WDR-Filmhauses.

Ist die KEF allein mit ihrer Kritik am Vorgehen des WDR?

Nein. Der NRW-Landesrechnungshof hatte untersucht, auf welcher Basis der Sender sich für die Sanierung und gegen einen Neubau an anderer Stelle entschieden hatte. Die Prüfer urteilten in ihrem Abschlussbericht: „Es gab zu den entscheidenden Zeitpunkten weder eine Immobilienstrategie noch eine WU (Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Anmerkung der Redaktion).“ Geschäftsleitung und Verwaltungsrat haben demnach richtungsweisende Entscheidungen „ohne fundierte, vorherige Untersuchungen getroffen“. Der Verwaltungsrat (VR) als Aufsichtsorgan hätte dem Projekt unter diesen Umständen nicht zustimmen dürfen. Die KEF beruft sich sogar auf den Rechnungshof, er habe die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens bestätigt. Der WDR teilte mit: „Weiterhin kommt der WDR in wesentlichen Punkten zu anderen Bewertungen als der Landesrechnungshof beziehungsweise die KEF.“

Auch die Kostensteigerungen bei den Sanierungsmaßnahmen am Funkhaus Köln des Deutschlandradios sieht die Kommission äußerst kritisch.
KEF-Bericht

Moniert die Kommission weitere Punkte?

Ja. Der WDR hat trotz der gesperrten 69,1 Millionen Euro schon 24,2 Millionen Euro ausgegeben. Die KEF hält das Vorgehen für „besonders kritikwürdig“, sie wird trotz ihrer bürokratischen Sprache sehr deutlich. Denn die Sperrung von Geld ist quasi die Vorstufe zur Kürzung — und die KEF kündigt jetzt an, daran nur festzuhalten, wenn die Sender das Geld nicht einfach trotzdem ausgeben. Der WDR antwortet auf die Frage, warum er das Geld trotzdem ausgegeben hat: nichts.

Hochhaus und Flachbau des Deutschlandfunks.

Hochhaus und Flachbau des Deutschlandfunks.

Wie beurteilt die KEF die Sanierung des Deutschlandradios?

Dass aus 188,6 mittlerweile 288,7 Millionen Euro geworden sind, bemängelt die KEF, sie schreibt: „Auch die Kostensteigerungen bei den Sanierungsmaßnahmen am Funkhaus Köln des Deutschlandradios sieht die Kommission äußerst kritisch.“ Der Sender begründete die Kostensteigerung unter anderem mit dem Denkmalschutz, unter dem das Hochhaus mit dem Flachbau seit Ende Januar steht. Die KEF schreibt: „Perspektivisch ist davon auszugehen, dass mit weiteren Kostensteigerungen gerechnet werden muss.“ Ein Sender-Sprecher verwies auf Risikobudgets und dass der Sender deshalb zuversichtlich sein, die Summe einzuhalten. Dass die Sanierung gemessen an der Fläche teurer als ein Neubau sei, beantwortete er so: „Gebäude aus den 70er-Jahren wurden häufig mit großen Foyers und Freiflächen geplant und erreichen daher selten die deutlich bessere Flächeneffizienz aktueller Neubauten.“

Haben die öffentlich-rechtlichen Sender ein grundlegendes Problem mit dem Management ihrer Immobilien?

Laut eines Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit im Immobilienbereich der Sender: ja. Demnach fehlen Daten, die die Steuerungsmöglichkeiten „erheblich beeinträchtigen“, allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Sendern. Aber laut der Analyse gibt es „deutliche Potenziale für eine weitere Professionalisierung“, zudem könnten die Sender die Wirtschaftlichkeit „deutlich steigern“, wenn sie „marktübliche Benchmarks“, also Maßstäbe, anwenden.

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