Das Projekt „Südstadt Heinzel“, bei dem Obdachlose Parks reinigten, wurde wegen Geldmangels eingestellt. Eine Kölner Journalistin möchte die Initiative retten.
Projektförderung eingestelltKöln ist dreckig und verwahrlost – „Südstadt-Heinzel“ könnten helfen

Projekt „Südstadt-Heinzel“ – drei Männer im Volksgarten sammeln Müll.
Copyright: Inge Swolek
Fast zwei Jahre lang waren die „Südstadt Heinzel“ in der Kölner Südstadt unterwegs, mit Zange und Säcken sammelten sie den Müll im Volksgarten. Seit Anfang des Jahres sind sie verschwunden. Sie sind nicht, wie in dem bekannten Märchen „Die Heinzelmännchen von Köln“, auf Erbsen ausgerutscht, sondern weil die bis dahin bestehende Förderung der Landesstiftung NRW ausgelaufen und nicht verlängert wurde und durch die allgemeinen Haushaltskürzungen das Kölner Jobcenter für diese Initiative den Geldhahn nicht aufgedreht haben.
Das Projekt „Südstadt Heinzel“ war ein niederschwelliges Angebot des Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) zur Arbeitsvermittlung, das ausschließlich für arbeitslose Obdachlose angeboten wurde, die Staatsbürger anderer EU-Länder sind. Die meisten von ihnen kommen aus Bulgarien, Polen oder Rumänien und haben nach EU-Recht in Deutschland keinen Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung. Die einzelnen Biografien sind unterschiedlich, der Weg in die Obdachlosigkeit verläuft fast immer nach dem gleichen Muster: kein Job, kein Geld, keine Wohnung.

v.l. Jörg Graef (Sozialarbeiter), Gül (Obdachlose aus Bulgarien), Hans Arnold (Sozialarbeiter), Andrzej (hat durch das Projekt einen Job bekommen) und die Journalistin Elke Tonscheidt.
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Weg aus der Abwärtsspirale – Obdachlosen finden neuen Halt
„Sie sitzen den ganzen Tag herum, einige verfallen dem Alkohol, nehmen Drogen und betteln, um ihre Sucht und ihren Tagesunterhalt zu finanzieren. Mit unserem Projekt ist es uns gelungen, diese Abwärtsspirale bei einigen zu stoppen. Von den 38 Obdachlosen, die bei der Müllsammelaktion mitgemacht haben, haben vier inzwischen einen Job und eine Wohnung gefunden“, berichtet Sozialarbeiter Hans Arnold, der gemeinsam mit seinem Kollegen Jörg Graef das Projekt in der Notschlafunterkunft des SKM betreut hat.
„Wir waren eine Gruppe von 15 Personen, sind nach dem Frühstück mit Zange und Müllsack in den Park gegangen und haben Müll gesammelt. Ich habe gemerkt, wie dankbar Viele waren, endlich eine Tagesstruktur zu haben. Sie bekamen zwar nur einen 1 Euro pro Stunde Arbeit, fühlten sich aber ernst genommen und ihr Selbstwertgefühl wurde gestärkt“, sagt Graef.

Müll liegt achtlos um einen Mülleimer im Volksgarten
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„Wir haben hier in der Notschlafstelle eine hohe Alkoholproblematik und auch viele interkulturelle Streitereien. Während das Projekt lief, haben die Teilnehmer nicht mehr so viel Alkohol getrunken und auch die Stimmung in der Einrichtung war wesentlich ausgeglichener. Die tägliche Arbeit war für die meisten eine Motivation, ihren Alltag zu verändern, sie sahen einen Sinn in ihrem Leben“, beschreibt der 36-jährige Arnold die positiven Auswirkungen der Initiative.
Spendenaktion für Perspektiven – Hilfe durch sinnvolle Arbeit
Die Kölnerin Elke Tonscheidt glaubt daran, dass genau solche Arbeitsangebote den Menschen, die durch alle Raster gefallen sind, langfristig helfen können und hat deswegen eine Spendenaktion ins Leben gerufen.
„Ich muss nicht wissen, weshalb es den Leuten so schlecht geht" sagt die 58-jährige, „die hatten einfach nicht das Glück wie die meisten von uns, deshalb kümmere ich mich. Wegschauen oder nur einen Schlafplatz zur Verfügung zu stellen, damit ist das Problem nicht vom Tisch. Die Leute verwahrlosen immer mehr, eine sinnvolle entlohnte Arbeit ist der einzig richtige Weg aus dem Dilemma.“
Das Crowdfunding, das Elke Tonscheidt gemeinsam mit dem SKM initiiert hat, ist auf 20.000 Euro angesetzt, damit könnten zwei bis drei Monate finanziert werden. Gebraucht werden pro Jahr 130.000 Euro, damit wären das Gehalt für die Sozialarbeiter, die Entlohnung und das Essen für die „Heinzel“ abgedeckt. „Egal wieviel man spendet, jeder Euro ist wichtig. Diese Menschen leben unter dem gesetzlichen Existenzminimum. Es sind die Ärmsten der Armen“ betont die Journalistin Tonscheidt.
Die beiden SKM-Sozialarbeiter, Hans Arnold und Jörg Graef, die sich seit ihrer Studentenzeit für die Belange von Obdachlosen einsetzen, haben eine Vision: Am liebsten möchten sie, dass die AWB bei Engpässen die „Südstadt Heinzel“ mit ins Boot nehmen und alle gemeinsam etwas gegen die Verwahrlosung der Stadt tun.
Der aktuelle Vorschlag der Kölner CDU-Fraktion, die sogenannten Obdachlosen-Hotspots in der Innenstadt konsequent zu räumen, findet bei den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SKM nur wenig Zustimmung: „Das ist das falsche Signal. Eine Verdrängung der Obdachlosen bringt uns nicht weiter, damit wird das Problem nicht gelöst. Wir brauchen für diese Menschen Anlaufstellen, Räume genau da, wo sie sich aufhalten. Nur dann haben die Sozialarbeiter auch die Chance, sie in Strukturen zu integrieren, ihnen zu helfen. Das Heinzel-Projekt ist genau der richtige Ansatz im Kampf gegen die Verschmutzung und Verwahrlosung der Stadt“, sagt Anke Collignon vom SKM.
https://www.hiermitherz.de/project/suedstadt-heinzel-chancen-schaffen-fuer-hilfsbeduerftige-mensche/