Römisch-Germanisches MuseumFlip-Flops aus Glas, Enthaarung im Spaßbad – Wie die Römer in Köln Urlaub machten

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Flip-Flops aus Glas, in deren Sohlen Parfüm eingefüllt werden konnte, liegen in einer Vitrine im Römisch-Germanischen Museum.

Die Römer waren Meister im Relaxen: Sie entspannten sich in der Wellness-Oase, ließen sich im Amphitheater unterhalten und verreisten im Sommer aufs Land. Faszinierende Funde aus Köln zeugen bis heute vom Freizeitspaß vor 2000 Jahren.

Faszinierende Funde aus dem Römisch-Germanischen Museum zeigen, wie die Römer vor rund 2000 Jahren in Köln ihren Urlaub gestalteten.

Diese Dame muss wirklich extravagant gewesen sein. Sie besaß kunstvoll verzierte Flip-Flops aus Glas, in deren Sohlen Parfüm eingefüllt werden konnte. Flip-Flops waren im Römischen Imperium nicht ungewöhnlich, aber die gläserne Variante ist einzigartig. Eine reiche Kölnerin muss sie sich vor nahezu 2000 Jahren als Auftragsarbeit zugelegt haben. Heute sind die Glaspantoffeln einer der Schätze des Römisch-Germanischen Museums.

Flip-Flops trugen die Römer beim Besuch der Thermen. In Köln - oder mit seinem damaligen Namen in Colonia Claudia Ara Agrippinensium - befanden sich diese Badehäuser in der Nähe des heutigen Neumarkts in der Innenstadt. „Man muss sich das wie ein modernes Spaßbad oder eine Wellness-Oase vorstellen“, sagt Museumsmitarbeiterin Kathrin Jaschke.

Thermen in Köln waren riesig

Die Kölner Thermen waren so riesig, dass dort ein Gutteil der Bevölkerung gleichzeitig hätte baden können. Da der Betrieb meist von wohlhabenden Gönnern finanziert wurde, war der Eintritt für gewöhnlich kostenlos. „Das war wirklich ein Anlaufpunkt, wo man mehrere Stunden verbringen konnte“, sagt Jaschke.

Mehrere historische Gegenstände stehen in einer Vitrine. Darunter alte Parfüm-Flakons und ein Haarausreißer, der an eine Sichel erinnert.

Haarausreißer (vorne) und Parfüm-Flakons zur Körperpflege in der Badanstalt, stehen in einer Vitrine im Römisch-Germanischen Museum.

Die Bäder waren innen bemalt und mit kostbarem Marmor ausgestattet. Im Umkleideraum legte man zunächst seine Sachen in eine Nische und schlüpfte dann in die Badelatschen. Die brauchte man, weil der Fußboden ziemlich heiß war - von der berühmten römischen Fußbodenheizung. Das eigentliche Bad bestand aus einer Art Sauna-Gang: Erst gab es ein Schwitzbad, dann ein Kaltbad, dann Massage, gefolgt von Lesen oder Snacks in einem angenehm lauwarmen Raum.

Ausstellung im Römisch-Germanische Museum Köln: Spiegel, Scheren, Kämme und Haarnadeln

Angegliedert war auch ein Gesundheitsbereich. Frauen und Männer gleichermaßen konnten sich frisieren, schminken und enthaaren lassen. Körperbehaarung widersprach dem Schönheitsideal der Römer. Spezialisierte Haarausreißer griffen deshalb zur Pinzette oder legten einen mit Harz bestrichenen Lappen auf, um die Haare mit einem Ruck auszureißen. Bei den Frisuren orientierten sich modebewusste Römerinnen an den Büsten der Kaiserinnen. Die Spiegel, Scheren, Kämme und Haarnadeln, die sie dabei benutzten, sind unter anderem im Römisch-Germanischen Museum und in den Römerthermen in Zülpich ausgestellt - aber auch die Flakons, die sie mit ins Bad nahmen. Ein besonders luxuriöses in Form eines putzigen blauen Schweinchens war wohl eher Zierde für Zuhause.

Eine Frau steht zwischen Skulpturen.

Kathrin Jaschke, stellvertretende Direktorin im Römisch-Germanischen Museum

Die Männer trainierten unterdessen im Gymnastikhof ihre Muskeln. Auch saß man in Gemeinschaftslatrinen ohne Trennwände zusammen und redete über Götter und die Welt. Die Toiletten verfügten über einen Kanal mit fließendem Wasser, der alle Hinterlassenschaften wegspülte.

Ich höre das Stöhnen der Leute, die mit ihren Hanteln arbeiten. Wenn sich jemand massieren lässt, höre ich das Klatschen der Hand.
Dichter Seneca

Zur Beheizung der Thermen verfeuerten die Römer massenweise Holz. Als alle Wälder im Kölner Umland abgeholzt waren, schafften sie Nachschub aus der Eifel oder dem Schwarzwald heran.

Anwohner fühlten sich mitunter belästigt. So klagte der Dichter Seneca, der in Italien direkt über einer Therme wohnte: „Ich höre das Stöhnen der Leute, die mit ihren Hanteln arbeiten. Wenn sich jemand massieren lässt, höre ich das Klatschen der Hand. Hast du dann noch einen Ballspieler, der immerzu laut das Aufprallen des Balls mitzählt, ist es ganz aus. Und dann die, die sich in das Schwimmbecken stürzen, dass es nur so klatscht und das Wasser nach allen Seiten spritzt!“

Kleine Skulptur einer römischen Reisegruppe.

Die Darstellung einer römischen Reisegruppe steht in einer Vitrine im Römisch-Germanischen Museum.

Eine andere beliebte Freizeitaktivität war der Besuch des Amphitheaters. Auch in Köln muss es ein solches Theater gegeben haben, gefunden wurde es bisher allerdings noch nicht. Dafür wurden zum Beispiel kleine Gladiatoren als Kinderspielzeug entdeckt - oder eine Inschrift, in der sich ein Centurio (Offizier) bei der Göttin der Jagd dafür bedankt, dass er 50 Bären fürs Amphitheater gefangen hat.

Urlaub in Köln vor 2000 Jahren: Jede wohlhabende Familie besaß ihr eigenes Landhaus

Die reicheren Kölner machten auch schon Ferienreisen, allerdings nicht weit: Jede wohlhabende Familie besaß ihr eigenes Landhaus, das vor allem auch im heißen Sommer aufgesucht wurde. Neulich wurden die Reste einer solchen Villa im Stadtteil Ehrenfeld ausgegraben. Es muss eine Luxusimmobilie gewesen sein, komplett mit Fresken und Meeresmuschelschmuck.

Weite Urlaubsreisen waren nicht üblich. Wohl leisteten sich die allerreichsten Römer Sommeraufenthalte am Golf von Neapel und Bildungsreisen nach Griechenland oder Ägypten. Sie besuchten also das, was zu ihrer Zeit auch schon alt war, zum Beispiel griechische Tempelheiligtümer oder die Pyramiden. Pilgerreisen zu heiligen Stätten sind auch für Köln vorstellbar, etwa in die Eifel in Pesch oder Nettersheim.

Das Römisch-Germanische Museum besitzt eine aus Ton gefertigte Figurengruppe von fünf Reisenden - drei Erwachsenen und zwei Kindern. Sie tragen als klassische Reisekleidung praktische Kapuzenmäntel, die Regen und Kälte abhalten konnten. Die Figuren könnten Souvenirs von einer Pilgerreise gewesen sein, sagt Kathrin Jaschke. Die Kölner Gruppe muss für ihren Besitzer eine ganz besondere Bedeutung gehabt haben: Er nahm sie mit ins Grab. (dpa)

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