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Abriss der Kölner SporthalleFür die Stones brachen Fans ein

Lesezeit 4 Minuten

Über 15 Millionen Menschen kamen über die Jahre in die Sporthalle.

KölnHerr Wendland, waren Sie vor Ort, als die Sporthalle vor rund 15 Jahren, am 13. März 1999, gesprengt wurde?

Franz Wendland: Nein, das wäre mir zu nahe gegangen. Bei mir war es schon bei der letzten Veranstaltung, die Ende August 1998 übrigens von Ihrem Verlag veranstaltet wurde, hochgeschwappt. Die Sporthalle hatte 22 Jahre lang mein Leben geprägt, ich hatte jedes Jahr beim Sechs-Tage-Rennen ins neue Jahr gefeiert.

Abgerissen wurde die Sporthalle, weil die Kölnmesse erweitert wurde. Es hieß aber auch, die Halle sei nicht mehr zeitgemäß. Warum nicht?

Wendland: Man wollte etwas Neues haben. Die Halle entsprach auch nicht mehr modernen Bau- und Sicherheitsstandards. Viele Böden, Wandverkleidungen und Zugangsbrücken waren aus Holz, hätte es einen Brand gegeben oder einen Bombenanschlag, säße ich wahrscheinlich heute noch in Haft (lacht). Die Folgen hätten verheerend sein können.

Aber et is joot jejange …

Wendland: … zum Glück. Nachdem in einem englischen Fußballstadion eine Tribüne eingestürzt war und es viele Tote gegeben hatte, schrillten bei der Bezirksregierung die Alarmglocken. Die Zugänge zum Innenraum sind kurz danach betoniert worden, um die Brandgefahr zu verringern. Heute würde in einer Halle mit den Sicherheitsstandards der Sporthalle sicher keine Veranstaltung mehr stattfinden.

War es denn mal wirklich gefährlich?

Wendland: Bei einem Udo-Lindenberg-Konzert wurden plötzlich mehrere stark blutenden Fans aus der Halle getragen. Eine Frau im Innenraum hatte Platzangst bekommen, ihr Freund hatte ein Teppichmesser dabei und reihenweise Fans ins Bein gestochen, um schneller mit ihr aus der Menge zu kommen. Sieben bis zehn Menschen waren verletzt, einer war in der Leistengegend getroffen worden und wäre verblutet, wenn er nicht schnell ins Krankenhaus gebracht worden wäre.

Und sonst: Ohnmächtige Groupies, randalierende Rockstars?

Wendland: Es gab mal eine Band, die hat das Catering an die Wand geschmissen, ein Telefon in Butter versenkt. Vor dem ersten Rolling-Stones-Konzert sind Fans übers Dach in unsere Büros eingestiegen und von dort in die Halle gestürmt. Hohen Sachschaden auf dem Messegelände gab es nach Konzerten von AC/DC: Die Fans waren dann so aufgeputscht, dass sie die Scheiben der Messe eingeschlagen haben. Die Musiker selbst waren ganz brav.

Meistens sind Popstars ja nicht so brav – eher anspruchsvoll.

Wendland: Mit Whirlpools in den Umkleiden konnten wir nicht dienen. Es ging spartanisch zu. Bei den Sechs-Tage-Rennen mussten die Rennfahrer lange Zeit auf Feldbetten im Keller schlafen, da war es eng und es gab nur künstliches Licht. Ärger mit den Stars hatten wir aber selten. Richard Claydermann wollte mal, dass die Bühne komplett abgedunkelt wird – er ist dann dummerweise kurz vor der Pause von der Bühne gestürzt, weil er nichts gesehen hat, und hat sich verletzt. Milva hat sich aufgeregt, dass wir ihr während des Konzerts den Ton leiser gestellt haben – es war so laut, dass den Besuchern in den ersten Reihen fast das Trommelfell geplatzt wäre. Es hieß, Milva höre sehr schlecht. Sie hat trotzdem verlangt, dass wir wieder lauter stellen.

Haben Sie als Geschäftsführer eigentlich selbst mit den Managern der Musiker verhandelt?

Wendland: Wir haben mal ein Julio-Iglesias-Konzert ausgerichtet, das uns günstig angeboten wurde. Leider wurde Iglesias kurzfristig krank und musste absagen. Wir haben Verlust gemacht, für unser Image war die Sache trotzdem gut: Wir haben organisiert, dass die gut 2000 Leute, die zur Halle kamen ihr Geld sofort bar zurückbekamen.

Sonst haben Sie die Stars nicht selbst nach Köln geholt?

Wendland: Die meisten Events wurden von externen Veranstaltern ausgerichtet. So ist es ja bis heute. Wir haben die Sechs-Tage-Rennen selbst gemacht, an der Revue Holiday-on-Ice und der Lachenden Sporthalle waren wir beteiligt. Damit haben wir auch dafür gesorgt, dass die Halle meistens schwarze Zahlen geschrieben hat. Mussten wir auch: Das Eis- und Schwimmstadion hat Verluste gemacht, die Sporthalle war angehalten, diese zum Teil auszugleichen.

Und irgendwann sollte dann eine größere Halle her.

Wendland: Ursprünglich wollte die Stadt selbst eine größere Halle bauen. Wir sind schon Ende der 1980er Jahre mit einer Kölner Delegation in die USA geflogen und haben uns dort große Hallen angeschaut. Viele der Hallen standen allerdings bei der Bank in der Kreide – dass es nicht leicht ist, mit Hallenveranstaltungen Geld zu verdienen, ist ja bekannt. Ohne Gastronomie, Werbung und ein gutes Konzept geht es gar nicht.