Deutsche Welle-HausKölner Künstler dokumentierte jahrelang die Kölner Großbaustelle

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Deutsche Welle

Die Werke von Künstler Jan Glisman werden in einer Ausstellung gezeigt.

Köln – Im Gebäude des Deutschlandradio hat der Kölner Jan Glisman diese Woche sein Kunstprojekt „Rückbau Deutsche Welle“ vorgestellt. Seit 2018 beobachtete und dokumentierte Glisman die Großbaustelle im Kölner Süden unter anderem mit selbstgebauten Zeitraffer-Kameras. Diese brachte er an den umliegenden Hochhäusern an, jahrelang tauschte er alle sechs Wochen die Batterien.

Deutsche Welle Glisman

Künstler Jan Glisman

Aus diesen Aufnahmen erstellte er beispielsweise Linsenrasterdruck-Bilder. Bei dieser Technik werden durch zusammengeschnittene Bilder je nach Blickwinkel die verschiedenen Stadien des Rückbaus erlebbar. „Es geht um Stadtgeschichte und Stadtentwicklung, Bau und Immobilienwesen, Umwelt und Verbraucherschutz“, sagt der Kunstverein artrmx über die Bilder.

Sendehaus in Köln wurde nicht gesprengt

Ursprünglich sollte eine Explosion das Thema von Glismans Ausstellung werden. Denn das asbestverseuchte Sendehaus sollte eigentlich mit der damals größten Sprengung in einer europäischen Innenstadt abgerissen werden. „Das fand ich faszinierend, ich wollte diese Explosion spüren, das erinnerte mich an den Urknall. Außerdem hilft so eine spektakuläre Aktion auch dabei, bekannter zu werden“, sagt Glisman mit einem Augenzwinkern. Doch wie so oft bei Großbaustellen kam es anders als geplant: Keine Explosion, stattdessen wurde das Gebäude jahrelang Stockwerk für Stockwerk zurückgebaut. Doch die Fördergelder waren bereits da.

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Glisman musste sich also neu orientieren. 2018 erhielt die Öffentlichkeit erste Einblicke in seine langwierige Arbeit. Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich erstellte er Studien über Asbest. Mit Mikroskopen durchleuchtete er die gefährliche Bausubstanz in die kleinsten Schichten. Das führte zur Ausstellung „Asbest as German Waves“ im selben Jahr. Auch jetzt hängt im Deutschlandradio eine große Zeichnung der Molekularstruktur von Asbest, gemalt mit Pastellkreide auf Papier. Vier Monate arbeitete der gelernte Anatomiezeichner Glisman daran. Gut erkennbar sind dort die spitzen Widerhaken, die in der Lunge brechen und sich dort ablagern, um die Zellen zu verändern. Der Grund, weshalb das 134 Meter hohe Deutsche Welle-Gebäude abgerissen wurde.

Gebührender Abschluss für das Deutsche Welle-Gebäude in Köln

Gebaut wurde es ab 1969, parallel zum Deutschlandradio-Gebäude. Die Hochhäuser waren durch einen Gang verbunden, es gab viel Zusammenarbeit. „Das merkte man auch beim Rückbau. Hier gingen viele Vibrationen durch das ganze Gebäude“, sagt Christian Sülz, der Sprecher des Deutschlandradios. „Wir hätte uns gewünscht, dass auch der Rückbau so schnell und leise möglich gewesen wäre, wie das bei den Linsenrasterdrucken zu sehen ist.“

Jetzt freue Sülz sich aber, dem Deutsche Welle-Gebäude durch die Ausstellung einen gebührenden Abschluss zu gewähren. Außerdem sei er froh, dass das Funkhaus endlich auch wieder als Ausstellungsort genutzt werde – zwei Jahre war das wegen der Pandemie nicht mehr möglich. Jetzt können Interessierte bis zum zweiten Juli immer samstags und sonntags zwischen 14 Uhr und 18 Uhr die Ausstellung nach vorheriger Anmeldung besichtigen. Und am ersten und zweiten Juli wird das Deutsche Welle-Gebäude im Kammermusiksaal des Deutschlandfunk noch einmal in einer multimedialen Installation zum Leben erweckt.

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