Mentale Gesundheit, Leistungsdruck im Bett, Männerlimit statt Frauenquote: Der Kölner Rapper rechnet mit überholten Männlichkeitsbildern ab.
Kölner Rapper Conny„Bin selbst überrascht, wie oft ich das Wort Sex auf dem Album sage“

Der Kölner Rapper Conny in Ehrenfeld: Der letzte Teil seiner Albumtrilogie ist am 16. Mai erschienen.
Copyright: Martina Goyert
In Teil drei bricht Conny das Schweigen. Hört nicht nur zu, sondern findet zu seiner Stimme als „neuer“ Mann. „Zuhören ist ein super wichtiger Teil der neuen Männlichkeit und eine wichtige Aufgabe. Aber es darf nicht dabei bleiben, weil Schweigen bestehende Strukturen bestärkt und dem Patriarchat zuträglich ist“, sagt Conny, bürgerlich Constantin Höft, dessen letzter Teil der Album-Trilogie „Manic Pixie Dream Boy Vol. 3“ gerade erschienen ist. Das Schweigen der Männer ist von Kindesbeinen an vermittelt, erlernt, und schwer zu durchbrechen. In seinem Song „Mauern“ liefert der 37-Jährige dafür die starke Zeile „Männer sprechen nicht nur eine Muttersprache, sondern auch ein Vaterschweigen / Was wenn wir ein Generationentrauma zu brechen anfangen?“.
Und verschwiegen wird viel laut Conny: die strukturelle Ungerechtigkeit, die Frauen widerfährt, die eigene mentale Gesundheit, Hoffnungen und Ängste, der Druck, zu liefern, auch sexuell. Im Song „Gut im Bett“, zusammen mit Sängerin Mele, geht es um die Omnipräsenz von Porno-Bildern, an denen sich Jugendliche messen. Man(n) glaubt, nicht gut genug zu sein, den Unterschied nicht zu kennen zwischen wahrer Intimität oder einer Sex-Schablone. Männliche Unlust ist auch ein absolutes Tabu. „Ich war selber auch überrascht darüber, wie oft ich das Wort Sex sage auf dem Album.“ Conny, den wir in einem Ehrenfelder Café treffen, ist mit dem letzten Albumteil an ein vorläufiges Ziel angelangt. „Ich hatte von Anfang an die Idee, so etwas wie eine Art Tagebuch zu machen, das mich auf meiner Reise mit den feministischen Themen begleitet.“ Dafür habe er die zeitliche Achse, also die Entwicklung über drei Alben hinweg, benötigt.
Kölner Rapper Conny: Versuch, in einer feministischen Welt als Mann seine Rolle zu finden
Er glaubt, dass viele junge Männer sich so fühlen: Er versuche sich „in einer grundsätzlich feministischer werdenden Welt“ in seiner Rolle als Mann zurechtzufinden. Während in den ersten beiden Teilen die Anliegen von Frauen – die abendliche Unsicherheit, das Pfefferspray in der Tasche – und feministische Perspektiven im Vordergrund stehen, soll das lyrische Ich im dritten Teil nicht bloß die Worte der Frauen wiedergeben. Er rechnet mit Männern ab, fordert ein Männerlimit statt einer Frauenquote.

Kölner Rapper Conny mit neuem Album.
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Dass sich Conny, lila Haare, lila Jacke, Glitzershirt, damit auf dem Hip-Hop-Spektrum ganz weit weg von Gangsta- und Straßenrap befindet, ist ihm völlig bewusst. Homophobe Anfeindungen ist er aufgrund seines Styles gewohnt. Doch alles bleibe weit dahinter zurück, was seine Kolleginnen einstecken müssten. „Ich folge feministischen Aktivistinnen, die davon berichten, wie sie bedroht und angefeindet werden. Ich hatte mich ebenfalls darauf eingestellt, als ich anfing über feministische Themen zu rappen. Dennoch ist es ein massiver Unterschied.“ Als Mann werde er dennoch eher verschont, glaubt er.
Conny ist gebürtiger Düsseldorfer und kam zum Studium nach Köln. 2018 wandte er sich endgültig der Musik zu, zuvor war er Software-Entwickler. Vom Verkauf einer Software zehrt er auch immer noch finanziell. „Ich habe das große Glück, dass ich mit der Musik nicht unbedingt Geld verdienen muss. Gerade bei politischer Musik empfinde ich das als Befreiung.“ Damals sei ihm nicht bewusst gewesen, dass der Künstlerjob zu großem Anteil auch einfach organisatorische Arbeit ist. Auch mit dem Druck habe er so nicht gerechnet. „Man zahlt auch einen hohen Preis, nämlich die ständige Vergleichbarkeit durch Social Media und den Streamingplattformen, wo alle Zahlen öffentlich sind.“
Conny spielt im Rahmen seiner Album-Tour am 19. Dezember auch ein Konzert im Gebäude 9 in Mülheim.