Trotz schwerer HerzmuskelkrankheitKölner will sich für den ESC-Vorentscheid bewerben

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Der Kölner Björn Hasenbeck kann aufgrund seiner Herzmuskelerkrankung nicht arbeiten. Seine Musik als Adelsmann bedeutet ihm deshalb alles.

Seit fast 30 Jahren nimmt Björn Hasenbeck Musik auf, hauptsächlich Hip-Hop-Musik. 2019 veröffentlichte der Kölner als „Adelsmann“ sein erstes Album. Nun möchte er sich für den deutschen Vorentscheid des Eurovision Song Contests (ESC) bewerben. Dafür hat er den Song „Das hier ist Techno“ geschrieben und aufgenommen – ein Elektro-Song mit einfachem, banalen Text. „Der Song passt einfach zum ESC“, sagt der 44-Jährige, „den kann jeder direkt mitsingen“. 

Damit setzt sich der Song von der restlichen Diskografie des gebürtigen Porzers ab. Adelsmann rappt sonst über seine Erlebnisse und Schicksalsschläge. Über den Missbrauch durch seinen Stiefvater. Über sein Leben und seine Kindheit in Porz, Troisdorf und Siegburg. Und er verarbeitet mit der Musik seine schwere Herzmuskelkrankheit, wegen der er als 100-prozentig behindert gilt.

Kölner Rapper Adelsmann leidet an schwerer Herzmuskelkrankheit

2006 brach der Kölner plötzlich während seiner Arbeit als Koch zusammen. Als er in der Uniklinik Köln aufwachte, hieß es, er würde das Wochenende nicht überleben, erinnert Adelsmann sich. Er bräuchte eine Herztransplantation. Diese lehnte er ab – aus Schock, weil es sich falsch anfühlte, Gott habe ihn geleitet. Mittlerweile ist er sich sicher, dass das die beste Entscheidung war, die er hätte treffen können.

Die Rapper Adelsmann (links) und Hans Solo stehen gemeinsam im Studio und gucken sich, lächelnd an.

Adelsmann (links) nimmt gerne gemeinsam mit Hans Solo vom Kölner „Äi-Tiem“ Musik auf.

Adelsmann wurde auf etliche Medikamente eingestellt, bis er 2011 zwei Herzstillstände hatte. „Ich glaube, der Defibrillator hat alles auf null gesetzt“, sagt er. Mittlerweile sei er im Alltag nur noch wenig eingeschränkt, könne aber nicht schwer heben, wenig Sport machen und wenig Alkohol trinken. Seine Frau unterstütze ihn viel. Doch die Versicherungen hätten Angst, dass er jederzeit umkippen könnte. Deshalb dürfe er nicht arbeiten. Die Berufsgenossenschaft verbiete es ihm.

Emotionale Aufarbeitung mit Musik

Musik sei der einzige Weg für Adelsmann Geld zu verdienen: „Im Studio gibt es keine Behörde, die mich fragt, ob ich das denn darf.“ Und so nimmt er seit Jahren im Deutzer Tonstudio Be seine Musik auf – viel mit seinem Freund Hans Solo von der Kölner Hip-Hop-Gruppe „Äi-Tiem“. Gemeinsam mit ihm oder alleine schreibt Adelsmann Songs über alles, was ihn bewegt. „Das allerschlimmste ist für mich, in der Musik zu lügen“, sagt er. Deshalb wolle er nicht wie andere Rapper so tun, als wäre er ein gewalttätiger Gangster. Stattdessen schreibt er über die Gewalt, die ihm widerfahren ist, den Schmerz. Er versucht sich aber auch immer wieder an Neuem. So arbeitet er gerade an einem Rap-Song op Kölsch.

Die Zeit im Studio gelte mittlerweile offiziell als musikalische Aufarbeitung. Von dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend habe er deshalb eine Förderung in Höhe von 10 000 Euro bekommen. Damit finanziert er seine Musik. Denn er will mit Mitte 40 noch nicht aufgeben, er will etwas erreichen. Und so will er sich beim ESC versuchen: „Ich hab nichts zu verlieren.“

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