Wechselnde Mehrheiten könnten ein gutes Mittel sein, die AfD auszuhebeln. Ein Kommentar
Stadtrat82 gegen 8 – So muss das erste Mehrheitsbündnis in Köln lauten


Torsten Burmester (SPD) hat am 1. November seinen ersten Arbeitstag als Oberbürgermeister von Köln
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Kölns neuer Oberbürgermeister Torsten Burmester möchte dem Vernehmen nach in der kommenden Ratsperiode auf einen „bündnisfreien Rat“ setzen und je nach Thema wechselnde Mehrheiten suchen. Das sorgt für politischen Gesprächsstoff.
Es wäre ein mutiger Schritt, weil bei den großen Streitthemen – U-Bahn-Tunnel und Gleueler Wiese – kein Konsens in Sicht ist. Niemand kann von Burmester ernsthaft erwarten, dass er diese dicken Brocken, über die seit Jahren erbittert gestritten wird, in ein paar Wochen aus dem Weg räumt.
Ein Rat mit wechselnden Mehrheiten würde in diesem Fall dazu führen, dass endlich Schluss ist mit der absurden Diskussion über die Brandmauer gegen die AfD, die in Köln niemals fallen dürfe.
82 zu acht im Kölner Stadtrat
Die AfD sitzt im neuen Stadtrat mit acht Vertretern. Das sind acht zu viel. Ihr stehen aber 82 Ratsmitglieder und ein Oberbürgermeister gegenüber. Wer da von der Notwendigkeit einer Brandmauer spricht, wertet die rechtsextreme Fraktion ohne jede Not auf.
Das erste breite Mehrheitsbündnis muss lauten: 82 gegen 8 und könnte schon in der Auftaktsitzung des neuen Stadtrats herbeigeführt werden. Burmester sollte alle demokratischen Fraktionen und Einzelmandatsträger dazu verpflichten, dass in den kommenden fünf Jahren kein Thema zur Abstimmung gestellt wird, bei dem die AfD als Mehrheitsbeschaffer gebraucht wird.
Das werden alle unterschreiben. Die Grünen vermutlich voller Erleichterung, weil sie sich noch bei der U-Bahn-Entscheidung im April gezwungen sahen, den Ratssaal zu verlassen, um genau das zu verhindern.
Wir schaffen es, diese Stadt voranzubringen
Es muss darum gehen, der AfD ohne das völlig überflüssige Brandmauer-Gerede unmissverständlich zu signalisieren, dass sie im Stadtrat kein Bein an die Erde bekommen wird.
Die demokratischen Fraktionen müssen beweisen: Wir schaffen es, diese Stadt gemeinsam voranzubringen. Trotz aller Differenzen. Das ist das Fundament, auf dem auch die dicken Brocken U-Bahn und Gleueler Wiese in den kommenden fünf Jahren entschieden werden müssen. Und all die schwierigen Verteilungsdebatten, die sich aus der zunehmend schwieriger werdenden Finanzlage der Stadt noch ergeben werden.
Ein bündnisfreier Rat müsste sich bei allen Differenzen immer wieder darauf besinnen, dass die Menschen endlich klare Entscheidungen erwarten und Dauerkonflikte dazu beitragen, der AfD aus ihrer Bedeutungslosigkeit zu verhelfen. Wer das nicht will – und das ist in Köln die absolute Mehrheit des Stadtrats – muss harte Kompromisse eingehen. Das gilt natürlich auch für den Oberbürgermeister.