In Reihen der SPD gibt es Sympathien für ein Ringen um Sachfragen. Für die Finanzen der Stadt soll es aber verlässliche Absprachen geben.
Nach der KommunalwahlErst ein Ratsbündnis für den Kölner Haushalt, danach wechselnde Mehrheiten

Der Ratssaal im Rathaus in Köln
Copyright: Thilo Schmülgen
Fünfeinhalb Wochen nach der Kommunalwahl und dreieinhalb Wochen nach der Oberbürgermeisterwahl ist noch immer offen, welche Fraktionen im Stadtrat sich zu einem Bündnis zusammenschließen und wie genau dieses gestaltet sein wird.
Das liegt unter anderem an den Herbstferien. In der ersten Ferienwoche legten die Politiker eine Pause ein, was offizielle Verhandlungsrunden angeht. In dieser Woche setzen sie die Gespräche zwar fort, aber es sind noch nicht alle wichtigen Akteure aus dem Urlaub zurückgekehrt.
Besetzung aller Dezernentenposten im Kölner Stadtvorstand steht bevor
Bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats am 6. November, spätestens aber bis zur dritten Sitzung am 20. November sollte ursprünglich zumindest klar sein, in welche Richtung die Reise geht. Ob dieses Ziel zu erreichen ist, scheint allerdings inzwischen fraglich. Dem Vernehmen nach ging es in den bisherigen Gesprächen noch nicht um konkrete Inhalte.
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Aus der SPD, die mit Torsten Burmester den künftigen Oberbürgermeister stellt, ist zu hören, dass es innerhalb der Partei Sympathien dafür gibt, zunächst ein großes Kernbündnis mit den Grünen und der CDU einzugehen, um den städtischen Haushalt aufzustellen und wichtige Personalfragen zu klären – zumal bis zur nächsten Kommunalwahl im Herbst 2030 alle neun Dezernentenposten im Stadtvorstand erneut besetzt werden müssen. Bei allen weiteren Entscheidungen soll dann mit wechselnden Mehrheiten agiert werden.
Im Rathaus ist aus Reihen von CDU und Grünen zu hören, dass ein reines Haushaltsbündnis nur dann funktionieren würde, wenn es dabei auch konkrete inhaltliche Absprachen geben würde. Und das würde dann doch eher an ein Bündnis erinnern, wie es zuletzt zwischen Grünen, CDU und Volt existierte. Darüber hinaus müssten im schlechtesten Fall in den kommenden fünf Jahren jedes Jahr erneut Verhandlungen über den jeweiligen Haushalt geführt werden, und selbst bei Doppelhaushalten wären mehrfach Verhandlungen notwendig.
Auch innerhalb der SPD gibt es für den Ansatz der wechselnden Mehrheiten eine klare Einschränkung: Der Haushalt soll nach Möglichkeit von einem breiten Bündnis getragen werden. Dazu bedarf es verlässlicher Absprachen, heißt es aus Parteikreisen. Und der nächste städtische Haushalt hat es in sich, denn es muss in sämtlichen Bereichen drastisch gespart werden. Die Frage wird also nicht lauten: Wer bekommt wie viel Geld? Sondern: In welchen Bereichen gibt es weniger Geld als bislang?
Ein Haushaltssicherungskonzept wollen alle im Stadtrat verhindern
Anderenfalls droht schlimmstenfalls ein Haushaltssicherungskonzept. Das bedeutet, dass die Bezirksregierung und nicht mehr der Stadtrat über die Ausgaben der Stadt entscheiden würde, um den Haushalt zwangsweise zu sanieren. Ein Szenario, das alle verhindern wollen, um Köln und sich selbst handlungsfähig zu halten. Deshalb setzt man in Reihen der SPD darauf, dass die drei größten Fraktionen am Ende ihrer Verantwortung für das Gelingen eines Haushalts gerecht werden.
Ein weiterer Grund dafür, dass die Gespräche nicht wie zunächst erhofft schneller vorangehen, hängt auch damit zusammen, dass sich Grüne und CDU nach zehn Jahren als Bündnispartner ein Stück weit entfremdet haben. Die SPD sehe sich daher derzeit auch in der Rolle eines Vermittlers zwischen den beiden Parteien, heißt es im Rathaus. Das liegt vor allem an zwei Themenfeldern, bei denen Grüne und CDU uneins sind: Verkehr und Flächennutzung.
Die Grünen wollen, dass innerhalb des Kölner Stadtgebiets keine weiteren Flächen bebaut und versiegelt werden, und sie setzen sich für eine autofreie Innenstadt bis zum Jahr 2030 ein. Die CDU will hingegen freie Flächen mit Wohnungen bebauen, damit Köln weiter wachsen kann und hält die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto für absolut notwendig, um die Geschäfte zu erhalten. Zwei Konfliktfelder, die nur schwierig zu überwinden wären.
Bündnisse sind auch ohne Grüne oder CDU rechnerisch möglich
Grundsätzlich wäre auch ein Haushalts- und Personalbündnis, das entweder die Grünen oder die CDU ausklammert, möglich. SPD, Grüne und Linke hätten zusammen eine auskömmliche Mehrheit. Die SPD schließt eine Kooperation mit der Linkspartei dem Vernehmen nach aber derzeit aus, und die Linke zeigt sich zurückhaltend, ob sie überhaupt in ein Bündnis einsteigen wollen würde.
SPD, Grüne und Volt hätten zusammen mit dem künftigen Oberbürgermeister Torsten Burmester eine Mehrheit von einer Stimme. Das Szenario käme den Grünen zupass. Gleiches würde für SPD, CDU, Volt, FDP und Kölner Stadtgesellschaft gelten, die mit Burmester ebenfalls eine Mehrheit von einer Stimme hätten. Daran hätte die CDU ein gesteigertes Interesse. In beiden Konstellationen käme es allerdings darauf an, ob sich Volt vorstellen könnte, an einem solchen Kernbündnis für Haushalt und Personal mitzuwirken. Für einen Haushalt und Personalfragen könnte eine Ein-Stimmen-Mehrheit durchaus reichen.
Chancen und Grenzen wechselnder Mehrheiten im Kölner Stadtrat
Wechselnde Mehrheiten in weiteren Sachfragen hätten den Charme, dass es in Köln zu einem Ringen um die beste Idee kommen könnte und sich am Ende eben immer diejenige durchsetzt, für die es im Stadtrat zu diesem Zeitpunkt gerade eine Mehrheit gibt. Das eröffnet in der Theorie große Spielräume, kann in der Praxis aber auch an Grenzen stoßen, wie das Beispiel der Gleueler Wiese zeigt.
Denn dafür, dass der 1. FC Köln sein Trainingszentrum im Inneren Grüngürtel mit weiteren Fußballfeldern bebaut, gibt es im neuen Stadtrat nur dann eine Mehrheit, wenn auch die AfD dafür stimmt. SPD, CDU und FDP/Kölner Stadtgesellschaft alleine könnten das nicht entscheiden. Es sei denn, Grüne, Linke oder Volt als Ausbaugegner würden ihre bisherige Position aufgeben, was allerdings als sehr unwahrscheinlich gilt. Und eine Kooperation mit der AfD haben bislang alle Fraktionen kategorisch ausgeschlossen.
In den kommenden Wochen bis zu den ersten drei Ratssitzungen besteht also ein erhöhter Gesprächsbedarf zwischen den Fraktionen, um zu klären, in welcher Konstellation es in Köln in den kommenden fünf Jahren weitergehen wird.