Kölner StollwerckAusstellung erinnert an Besetzung der Fabrikhallen in der Südstadt

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Obwohl die Besetzer am 6.Juli 1980 freiwillig das Fabrik-Gebäude geräumt hatten, kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Mehrere Hundertschaften sollten die anrollenden Abrissbagger schützen.

Obwohl die Besetzer am 6.Juli 1980 freiwillig das Fabrik-Gebäude geräumt hatten, kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Mehrere Hundertschaften sollten die anrollenden Abrissbagger schützen.

Köln-Mülheim – Ihr Schmerz ist immer noch spürbar, wenn die alten Recken der linken Szene auf das Ende der Stollwerck-Besetzung im Juli 1980 zurückblicken. „Wir waren am richtigen Ort zur falschen Zeit“, sagt der Architekt Stephan Görner zur Eröffnung der Ausstellung „Stollwerck 1970-1987“. Er ist sich sicher: Wäre der heftige Streit um den Erhalt der Schokoladenfabrik in der Südstadt ein paar Jahre später ausgetragen worden, hätten die Abrissgegner bessere Chancen gehabt.

Die Bausubstanz des großen Gebäudes sei „hervorragend“ gewesen, so Goerner, der damals mit vielen Unterstützern eine „Musterwohnung“ in die verlassene Fabrik gebaut hatte. Er wollte zeigen, dass man das Gebäude umbauen konnte.

Eine gespaltene Stadt

Die Besetzer stritten für alternative Wohnformen, für Selbstverwaltung und Orte für Kultur. Eine Mehrheit im Stadtrat hatte damals wenig Verständnis für sie. Die Besetzung vor 40 Jahren war der Höhepunkt der Auseinandersetzung. Danach wurden die ersten Teile des Gebäudekomplexes abgerissen.

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Das Thema spaltete die Stadt; weite Teile der Kulturszene hatten sich mit den Besetzen solidarisiert. Wer die Stadtgeschichte der vergangenen 40 Jahre erzählen will, wird die Stollwerck-Besetzung als tiefe und lange nachwirkende Zäsur erwähnen. Aus vielen Aktivisten von damals wurden Politiker und Anhänger der Grünen.

Die Ausstellung dokumentiert die Stollwerck-Geschichte nach dem Umzug der Schokoladenfabrik nach Porz.Fotos: Uwe Weiser

Die Ausstellung dokumentiert die Stollwerck-Geschichte nach dem Umzug der Schokoladenfabrik nach Porz.Fotos: Uwe Weiser

Einige trafen sich nun im Hof des ehemaligen Verwaltungsgebäudes von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) in Mülheim wieder – darunter Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke, Ex-Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz oder Ex-Parteichef Stefan Peil. Die Stollwerck-Geschichte sei für Köln so wichtig wie für andere Woodstock, kommentierte Hupke das Ehemaligentreffen.

Kampf um alte Bausubstanz

Dass die Südstadt-Szene in Mülheim zusammenkam, war kein Zufall. Hier geht es wieder um den Erhalt alter Bausubstanz und Industriearchitektur. Die Künstlerinitiative „Raum13“ hat aus dem KHD-Verwaltungsgebäude das „Zentralwerk der schönen Künste“ gemacht und wirbt seit Jahren dafür, den letzten Rest des einstmals riesigen Industrieareals zwischen Deutz und Mülheim zu erhalten, um hier neue Formen der Stadtentwicklung zu ermöglichen. Alle großen Ratsparteien und viele hochrangige Verwaltungsmitarbeiter bis zur Oberbürgermeisterin haben der Idee ihre Unterstützung zugesagt, aber trotzdem geht es nicht richtig voran.

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Die Stadt schafft es bislang nicht, das Land einzubinden, das einen Teil des Areals besitzt. Und der private Investor, dem das KHD-Verwaltungsgebäude gehört, lehnt offenbar Kaufangebote der städtischen Tochter „Moderne Stadt“ in zweistelliger Millionenhöhe ab.

„Den Wahnsinnigen ein Beinchen stellen“

„Den Wahnsinnigen, die das hier abreißen wollen, muss man ein Beinchen stellen“, zürnte Bezirksbürgermeister Hupke. Wenn man so eine Bausubstanz zerstöre, sei das „ein Vergehen an Mutter Erde“. Es gehe nicht nur um den Erhalt von Zeugnissen der Industriegeschichte. Der Umgang mit alter Bausubstanz sei auch eine ökologische Verpflichtung.

Ausstellungseröffnung auf dem Mülheimer KHD-Gelände

Ausstellungseröffnung auf dem Mülheimer KHD-Gelände

Die Stadt selbst hat sich bis vor kurzem auf einen Plan berufen, der den Abriss fast aller alten Fabrikhallen vorsah. Für das denkmalgeschützte, riesige Verwaltungsgebäude an der Deutz-Mülheimer Straße war eine Büronutzung vorgesehen. Dass es auch völlig anders gehen könnte, zeigen Konzepte, die von Architekten, Denkmalschützern, Finanzfachleuten und Künstlern in den vergangenen Monaten im „Zentralwerk der schönen Künste“ entwickelt wurden.

Pui von Schwind, Mitbegründer der Bürgerinitiative Südliche Altstadt, die sich damals für den Erhalt des Stollwercks eingesetzt hatte, forderte bei der Ausstellungseröffnung, mehr Druck auf die Verantwortlichen in der Verwaltung zu entwickeln: „Wenn man etwas durchsetzen will, muss man der Stadt schon auf die Zehen treten.“

Ausstellung „Stollwerck 1970-1987“

Mit Fotos, Plakaten, Plänen und Texten erinnert die „Ausstellung Stollwerck 1970-1987“ an die Auseinandersetzung um die Zukunft der alten Fabrikhallen in der Kölner Südstadt und ihre Besetzung. Sie ist Teil der „Zukunftswerkstatt“ im Mülheimer Otto-und-Langen-Quartier, die unter dem Titel „Hope – Die Kunst der Transformation“ bis zum 12. September stattfindet. Das „Zentralwerk der schönen Künste“ in der ehemaligen KHD-Hauptverwaltung, Deutz-Mülheimer Straße 147-149, in dem die Ausstellung zu sehen ist, hat in der Regel Freitagabend ab 19.30 Uhr, Samstag von 16 bis 20 Uhr und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Zu diesen Zeiten werden zahlreiche weitere Angebote, Kunstaktionen, Planspiele und Diskussionen zur Zukunft des Mülheimer Quartiers angeboten. Infos zum Programm findet man im Internet.

www.raum13.com

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