1972 verließt das 26 PS starke Auto die Fabrik in der DDR. Thilo Gehrold erzählt unserem Autor, was er an seinem mehr als 50 Jahre alten Trabi schätzt.
Alte Liebe rostet nichtOhne Türen und festes Dach – Kölner über seinen 50 Jahre alten Kübel-Trabant

Thilo Gehroldt mit seinem Trabi, der früher im Dienste der Nationalen Volksarmee stand.
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- Fahrzeugtyp: Trabant P 601 F
- Baujahr: ca. 1972
- Hubraum: 600
- PS: 26
- Zylinder: 2
- Verbrauch: 8 Liter
- Km/h max: 100
- Gebaute Exemplare: Ca. 11 000
Nur eine Kette trennt Fahrer und Beifahrer von der Außenwelt. Türen und ein festes Dach sucht man im Trabant P 601 F von Thilo Gehroldt vergeblich. Es ist also ein sehr naturnahes Erlebnis, als der 55-jährige Kölner mit DDR-Wurzeln zur Ausfahrt durch Feld, Wald und Wiese lädt. Und natürlich arbeitet sich der olivgrüne Zweitakter mit dem typischen „Räng-Däng-Däng“ durch den Kölner Norden. Der Kübel-Trabant war eine von drei Karosserie-Versionen des berühmten Trabis, ausgeliefert in den Varianten A für Armee, F für Forst und Z für Zivil.
Eingesetzt wurde er vor allem von der Nationalen Volksarmee zur Überwachung der Grenzen. Auch Behörden und Forstbetriebe nutzten das puristische Mini-Cabrio für ihre Zwecke. Thilo Gehroldts Trabant wurde nach seiner NVA-Laufbahn für sein zweites Leben bei der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft Stotternheim bei Erfurt umgerüstet. Dort war er im Einsatz, bis die Wende kam und der Wagen lange Zeit in Vergessenheit geriet.

Der alte Trabi von hinten
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Deshalb habe ich ihn:
Thilo Gehroldt: Garantiert nicht aus Liebe zur Nationalen Volksarmee. Ich habe auch niemals gedient, weder in der DDR noch in der BRD. Es ist natürlich die Liebe zum Trabant, die mich zu diesem Auto geführt hat. Als Limousine und als Kombi haben wir den Trabi schon, fehlte also noch die Kübel-Version. Damit ist es im Sommer sogar angenehm, im Stau zu stehen. Weil ich in der DDR aufgewachsen bin, ist bei mir ist die Faszination für Ost-Fahrzeuge ganz früh entstanden.

Der übliche Zweitakt-Motor des Trabi werkelt auch in der Kübelversion von Thilo Gehroldt vor sich hin.
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Da man damals selten einen Werkstatt-Termin bekommen hat, mussten wir auch alles selbst an den Autos machen. Im Osten hat der Kübel mittlerweile Kultstatus. Die Leute finden, dass das einfach ein cooles Auto ist. Die militärische Vergangenheit, die damit verbunden ist, kennen viele gar nicht mehr.
Das kann er:
Er wurde für die Kolonnenwege an der Grenze konzipiert. Wenn ein so genannter Grenzverletzer kam, musste gewährleistet sein, dass die Beamten sofort losrennen und auch schießen konnten. Daher gab es keine Türen. Außerdem hatte der Wagen einen Suchscheinwerfer, der bei mir auf der linken Seite sitzt, eigentlich aber vom Beifahrer bedient wurde, um bei Dunkelheit Flüchtende aufzuspüren. Der Kübel-Trabi ist heute vor allem ein wunderbares Sommerfahrzeug.
Im Winter sollte man aber nicht nur das Dach, sondern mit Planen auch die Seiten schließen, um die Heizung zu merken. Die Grenzbeamten mussten damals aber immer mit offenen Seiten fahren, sie durften noch nicht einmal die Ketten einhaken. Bei Kälte haben sie dieses Fahrzeug verflucht. Dafür gab es einen anderen Vorteil: Die Stoßstangen waren so konstruiert, dass vier Leute den Trabi aus eigener Kraft aus dem Dreck heben konnten.
Das kann er nicht:
Wegen der gröberen Reifen und des etwas verbesserten Schutzes für den Unterboden ist er zwar für leichteres Gelände geeignet. Aber eigentlich kann er nicht viel mehr als ein normaler Trabant. Schnelles Fahren ist deshalb auch nicht drin – maximal 100 Sachen bergab, mit Rückenwind und Kneipe in Sicht. Das liegt auch an den großen Außenspiegeln, die beim Kübel verbaut wurden. Sie sorgen für mehr Luftwiderstand und bremsen ohne Ende. Der Verbrauch steigt dadurch ebenfalls.

Der NVA-Trabi war nur bedingt geländetauglich, aber ein bisschen was geht immer...
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Das habe ich für ihn getan:
1986 wurde er in der DDR einer so genannten Generalreparatur unterzogen, also nach dem NVA-Einsatz flott gemacht für den landwirtschaftlichen Betrieb in Stotternheim. Damals hat er auch eine neue Karosse bekommen und eine neue Fahrgestellnummer. Als ich ihn vor ein paar Jahren gekauft habe, war er nicht mehr verkehrstauglich. Ich habe ihn wieder fahrbereit gemacht und ihm ein neues Verdeck spendiert.
Das haben wir erlebt:
Mit meiner Frau bin ich im Trabi zwei Wochen durch Süddeutschland gefahren. Immer nur in kleinen Etappen, denn lange Strecken arten in diesem Auto in Quälerei aus. Am dritten Tag ging auch noch der Anlasser kaputt. Drei Tage haben wir angeschoben, bis wir endlich Ersatz organisieren konnten.

Die NVA-Uniform und den Regulierstab der Volkspolizei setzt Thilo Gehroldt höchstens im Karneval ein.
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Im Karneval bin ich mal im Trabi durch den Kölner Norden gefahren – in der Ausgehuniform eines NVA-Fähnrichs. Manche Leute haben mich komisch angeguckt, die meisten haben aber gelacht. Es gibt übrigens mittlerweile viele Menschen, die nicht erkennen, dass es sich um einen Trabant handelt. Die Wende ist ja schon mehr als 30 Jahre her.
Dann kommt auch immer wieder die Frage, ob ich den Trabi selbst umgebaut habe. Es wissen nur wenige, dass dieses Fahrzeug tatsächlich in dieser Form produziert wurde. Das passiert aber eher im Westen als im Osten.
Das haben wir vor:
Er wird weiterhin in Ehren gehalten und steht nicht zum Verkauf. Anfragen sind zwecklos. Und er wird weiterhin im Karneval eingesetzt. Im Auto habe ich immer auch den Regulierstab dabei. Damit hat die Volkspolizei früher den Verkehr geregelt. Das war quasi das ostdeutsche Äquivalent zur Kelle. In Köln kann ich damit aber nichts ausrichten: Einen Regulierstab kennt hier ja niemand.
Aufgezeichnet von Tobias Christ