Dating im Museum, getanzte Führungen und Kinderprogramm: Am Kölntag, immer am ersten Donnerstag im Monat, ist all das kostenlos möglich. Ein Besuch vor Ort.
„Das ist so ein Privileg“Wenn der Perso zur Eintrittskarte wird – Ein Museumsbesuch am Kölntag

Das Kölner Museum Ludwig ist eins der Museen, das kostenlos besucht werden kann. Unser Bild zeigt Kinder in der früheren Ausstellung „Ich sehe was, was du nicht siehst“. (Symbolbild)
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Donnerstagvormittag, kurz vor halb elf. Die Glastür zur Eingangshalle des Museum Ludwig gleitet lautlos auf und verschluckt beim Schließen den Lärm des angrenzenden Hauptbahnhofs. Eine ältere Dame verstaut ihre Tasche in einem der Schließfächer, noch hat sie fast freie Auswahl. Eine Kleingruppe sammelt sich an der Kasse, der Museumsmitarbeiter fragt freundlich: „Kölner?“. Aufgeregtes Nicken, vorfreudiges Suchen und schon liegen fünf Personalausweise vor ihm auf der Theke. Er nickt und verweist die Gruppe direkt an seinen Kollegen am Eingang: „5-mal Kölner!“, ruft er ihm zu. Klick, Klick, Klick, Klick, Klick: Mit schnellen Bewegungen markiert der Kollege die Ankunft von fünf neuen Besuchenden auf seinem Handzähler. Geld will er keines sehen, der Ausweis, der die Köln-Zugehörigkeit offiziell bezeugt, ist heute die Eintrittskarte.
Denn heute findet von 10 bis 22 Uhr der monatliche Kölntag statt. Jeweils am ersten Donnerstag im Monat haben alle Kölner Bürgerinnen und Bürger freien Eintritt in die zehn städtischen Museen, die einzige Voraussetzung dafür ist der Wohnsitz in Köln. Neben Führungen bieten die Museen ein deutlich erweitertes Programm an als an gewöhnlichen Öffnungstagen: Während das Wallraf-Richartz-Museum ein sogenanntes „Art Dating“ im Programm hat, um Singles durch Kunst zusammenzubringen, können Besuchende im Deutschen Tanzarchiv Köln an einer getanzten Führung teilnehmen.
„Fast schon ein Arschtritt, mal wieder ins Museum zu gehen!“
Das Museum Ludwig füllt sich so langsam. „Mein Lieblingskunstwerk sind die Keramikteller von Pablo Picasso!“, erzählt eine junge Besucherin. Sie hat das Museum schon mal mit ihrer Klasse besucht und heute, am Kölntag, ist sie mit ihrer Oma hier. „Es gefällt mir sehr gut und ich möchte noch mal hier rein“, sagt sie. Das trifft sich gut, denn Kölnerinnen und Kölner unter 18 dürfen auch unabhängig vom Kölntag kostenlos die städtischen Museen besuchen.
Auf der Dachterrasse des Museums machen Hans-Peter Bochem und Christa Blatzheim gerade ein Foto vom Dom vor strahlend blauem Himmel. „Wir kommen sehr gerne am Kölntag, gerne auch für mehrere Museen. Irgendwie ist es fast schon ein Arschtritt, mal wieder ins Museum zu gehen!“, erzählen die beiden. „Viel braucht es ja auch nicht, es reicht einfach Kölnerin zu sein!“, fügt Christa hinzu. Damit sind die beiden nicht allein: Laut Angaben des Museum Ludwig sind etwa 50 bis 70 Prozent der Besuchenden am ersten Donnerstag des Monats anlässlich des Kölntages da, im Museum Schnütgen sind es sogar bis zu 90 Prozent.
Der Kölntag als Möglichkeit für Alle
Das Garderobenpersonal im Wallraf-Richartz-Museum hat alle Hände voll zu tun, ruft sich gegenseitig Garderobennummern zu. In der Mittelalterabteilung herrscht dann trotzdem andächtiges Schweigen, obwohl sie gut besucht ist. Ein Museumsmitarbeiter berichtet, dass er dem ersten Besucher direkt heute früh um 10 die Tür geöffnet habe. Das sei sonst meistens erst etwas später der Fall, aber der Kölntag werde einfach sehr gut angenommen.
Weiter geht es ins Rautenstrauch-Joest-Museum, das ethnologische Museum der Stadt Köln. Man sieht so langsam bekannte Gesichter. Helga und Lennart Pietzner sind Oma und Enkel und nutzen den Köln-Tag häufiger als Gelegenheit, mal wieder Zeit zusammen zu verbringen. „Ich würde auch kommen, wenn es Geld kosten würde, am liebsten so oft ich es schaffe“, erzählt Helga Pietzner. Gleich geht es für sie noch weiter ins Wallraf-Richartz-Museum. „Ich finde das so super, dass es solche Tage in Köln gibt, damit möglichst viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Ressourcen und Vorwissen ins Museum gehen können. Wenn mehr Leute davon wüssten, würde das bestimmt auch die Besuchszahlen in den Museen steigen lassen!“, sagt Lennart Pietzner.
Ein DJ im Museum
Dass das den Kölner Museen gefallen würde, zeigt die aktuelle Besuchsstatistik. Kulturdezernent Stefan Charles wünscht sich im Jahr 2030 zwei Millionen Besuchende jährlich, wie er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte. 2024 zählten die neun städtischen Museen 740.000 Besuchende. Die Museen setzen zur Steigerung der Besuchszahlen unter anderem auf eine Diversifizierung und Verjüngung des Publikums. Laut des Rautenstrauch-Joest-Museums beispielsweise, ist der Kölntag einer der Besuchstage im Jahr, der ebendiese Vielfalt des Publikums erreicht und Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebenswelten ins Museum zieht.
17 Uhr, zurück im Museum Ludwig. Marie-Lu Leisch ist mit Freundinnen hier verabredet, in ihrem „absolutem Lieblingsmuseum“, wie sie erzählt. Am Kölntag gefällt ihr, dass er so niedrigschwellig ist und von allen einfach genutzt werden kann: „Dass wir Zugang zu Kunst haben und solche Ausstellungen besuchen dürfen, ist so ein Privileg“, sagt sie. Solche Angebote der Stadt wünscht Leisch sich mehr.
Mittlerweile erinnert im Museum Ludwig nichts mehr an den Besuch vom Vormittag. Wer seine Sachen einschließen will, muss sich beeilen: Die Spinde sind fast alle belegt. Einige Studierendengruppen, Familien und Besuchende im Anzug reihen sich in die Ticketschlange ein, die jetzt mindestens 15 Meter lang ist. Das allgemeine Stimmgewirr wird unterbrochen von Gelächter und dem gedämpften Soundcheck des DJs, der ab 19 Uhr auf der Dachterrasse auflegen wird. Im Museumshop drängen sich die Besuchenden aneinander vorbei: Viele wollen nach diesem gelungenen Kölntag ein Souvenir mit nach Hause nehmen.
Der nächste Kölntag findet am 2. Oktober statt. Mehr Informationen dazu gibt es auf museenkoeln.de.