KVB früher und heute„Der letzte Schrei“ – Historisches Foto zeigt topmodernes Köln der 1960er

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Historisches Foto einer Straßenbahn der Linie 4 mit Fahrtziel Bickendorf.

Eine Straßenbahn der Linie 4 mit Fahrtziel Bickendorf. Im Hintergrund: Das Bull-Hochhaus.

Die KVB-Bahnen galten in den 1960er-Jahren als „letzter Schrei“. Sie zählten zur allerersten Generation der Kölner Gelenktriebwagen.

Eine Bahn der Linie 4 fährt auf dem Bergischen Ring in Mülheim in Richtung Süden. Nichts Aufregendes also auf den ersten Blick. Doch die Aufnahme aus dem Jahr 1963 zeigt Köln von seiner damals topmodernen Seite.

Das nach einem französischen Computerhersteller benannte Bull-Hochhaus im Hintergrund gehörte zu den ersten Nachkriegs-Hochhäusern in Köln überhaupt und war noch ganz neu. Die beiden Straßenbahn-Gleise auf dem Bergischen und dem Pfälzischen Ring waren erst wenige Monate alt und ersetzten die bisherige Streckenführung über die Danzierstraße. Und auch die Bahn selbst galt als „letzter Schrei“. Sie zählte zur allerersten Generation der Kölner Gelenktriebwagen. Die Kölner waren so begeistert, dass sie die Bauart mit dem Start des Raumfahrtzeitalters in Verbindung brachten. Nach dem ersten künstlichen Erdsatelliten gaben sie ihr den Spitznamen „Sputnik“.

Historisches Foto einer Straßenbahn der Linie 4 mit Fahrtziel Bickendorf.

Eine Straßenbahn der Linie 4 mit Fahrtziel Bickendorf ist auf der Neubaustrecke auf dem Bergischer Ring unterwegs. Im Hintergrund: Das Bull-Hochhaus.

„Der Sputnik war wegen des Gelenks im Mittelteil eine große Neuerung“, sagt Andreas Gálffy vom Verein „Historische Straßenbahn Köln“. Das verbindende Element ermöglichte es, mehrere Wagenteile nahtlos miteinander zu verknüpfen. Beiwagen wurden nach und nach überflüssig. Ein großer Fortschritt in einer Zeit, in der noch Schaffner im Einsatz waren. Ab jetzt konnten mehr Fahrgäste bei geringerem Personaleinsatz befördert werden: „Für die Kölner Verkehrs-Betriebe, die an der Vollbeschäftigung litt und kein Personal fand, war es ein Segen“, so Gálffy.

Modernisierungsprogramm der KVB: Sputnik galt als Sensation

Die ersten Züge der Serie 34100, gebaut von der „Düsseldorfer Waggonfabrik“, gingen 1958 in Betrieb. Die Sputniks gehörten zum Modernisierungs- und Umbauprogramm, das die Kölner Verkehrs-Betriebe Mitte der 1950er Jahre gestartet hatten. Laut Verein waren damals noch immer mehr als 400 Holzkastenwagen aus der Vorkriegszeit im Einsatz. Sie galten als unzuverlässig, unsicher und – wegen des hohen Schaffnerbedarfs – unwirtschaftlich.

KVB-Linie fährt auf dem Bergischen Ring.

So sieht es aktuell auf dem Bergischen Ring aus.

Sputnik galt als Sensation, nicht nur wegen seines großen Platzangebots, sondern auch wegen des höheren Komforts. Die Zeit der Schaffner neigte sich ohnehin dem Ende zu. Am 29. August 1966, so verzeichnet es die KVB-Chronik, ging auf der Gürtellinie 13 die erste Straßenbahn im „Einmannbetrieb“ auf Tour. Den Fahrscheinverkauf musste nun der Fahrer übernehmen. Zudem waren zunehmend automatische Fahrscheinentwerter im Einsatz. Mit einer Informationskampagne brachten die KVB ihren Kunden die Selbstbedienung am „eisernen Schaffner“ näher. Anfang September 1968 war die Ära der lebendigen Schaffner in Köln endgültig vorbei.

Etwa zu dieser Zeit verglühte auch allmählich der Sputnik. Schuld war das neue unterirdische Streckensystem. Sputnik, nur 2,35 Meter breit, war dafür zu schmal. Der Spalt zwischen Bahnsteig und Einstieg war zu groß. 1968 wurde beschlossen, die Gelenkwagen auszumustern. Bis 1970 wurden fast alle Fahrzeuge verschrottet. Der neue Stern am KVB-Himmel wurden die neuen achtachsigen Großraumwagen. Immerhin ein Sputnik überlebte: Er wird heute vom Verein im Straßenbahn-Museum Thielenbruch betreut.

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