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Kostenexplosion bei BahnenNeue Züge werden für KVB 120 Millionen Euro teurer – Welche Folgen das hat

Lesezeit 6 Minuten
Hochflurbahnen der KVB am Kölner Barbarossaplatz

Die KVB will die bisherigen Hochflurbahnen gegen ein neues Modell austauschen.

Das von der Politik freigegebene Budget reicht für die Neuanschaffung nicht aus. Das Unternehmen will bis zum September 2025 bestellen.

Die finanziell ohnehin angeschlagenen Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) müssen einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wird der Kauf von 132 neuen Stadtbahnen deutlich teurer als es das Verkehrsunternehmen geplant hatte. Die KVB hatte mit Kosten in Höhe von 580 Millionen Euro gerechnet. Der Stadtrat hatte diese Summe im November 2021 freigegeben, damit das Unternehmen die EU-weite Ausschreibung für die Hochflurbahnen auf den Weg bringen konnte. Dem Vernehmen nach kosten die Bahnen nun aber 700 Millionen Euro. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wann hat die KVB festgestellt, dass das Budget für die neuen Bahnen nicht ausreicht?

Die deutliche Kostensteigerung hat sich offenbar erst während der Verhandlungen mit den an der Ausschreibung teilnehmenden Fahrzeugherstellern herausgestellt. Die KVB hat demnach zwar versucht, gegenüber den ursprünglichen Plänen Einsparungen vorzunehmen, selbst das reichte aber nicht, um mit dem vom Rat vor vier Jahren beschlossenen Budget auszukommen.

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Warum kosten die neuen Hochflurbahnen mehr als gedacht?

Als Gründe für die Kostensteigerung nennt die KVB stark gestiegene Personal- und Materialkosten auf Seiten der Hersteller. Letzteres betrifft vor allem Stahl, Aluminium und elektronische Bauteile. Da seit dem Ratsbeschluss bereits vier Jahre vergangen sind, hätten sich die Bahnen technisch zudem weiterentwickelt, was zu höheren Fahrzeugstandards führt. Hinzu kommen höhere Umweltstandards und Sicherheitsvorschriften sowie gestiegene Energiekosten.

Wer bezahlt die Bahnen und die aktuelle Kostensteigerung?

Neue Stadtbahnen muss die KVB selbst bezahlen, das gilt auch für die Kostensteigerung. Dafür erhält sie als Unternehmen des Stadtwerkekonzerns, der wiederum der Stadt Köln gehört, ein Gesellschafterdarlehen der Stadt Köln, das sie auch zurückzahlen muss. Da die KVB, wie es bei kommunalen Verkehrsunternehmen üblich ist, jedes Jahr Verluste erzeugt, wird sich die Kostensteigerung negativ darauf auswirken. Das Unternehmen rechnet damit, dass sich das Jahresdefizit im Jahr 2033 um 46 Millionen Euro erhöhen wird und ab dem Jahr 2034 um 63 Millionen Euro.

Wie wirkt sich das auf den städtischen Haushalt aus?

Da die Verluste innerhalb des Stadtwerkekonzerns ausgeglichen werden, wie etwa durch die Gewinne des Energieversorgers Rhein-Energie, geht das zusätzliche KVB-Defizit zulasten des städtischen Haushalts. Denn der Stadtwerkekonzern erzeugt dann insgesamt weniger Gewinn, den er an die Stadt Köln abführt. Im vergangenen Jahr hatte die KVB ein Minus von 185,1 Millionen Euro eingefahren. Ausgehend vom Wirtschaftsplan 2025 kalkuliert die KVB mittelfristig bis 2029 mit einem Verlust von 268,9 Millionen Euro pro Jahr.

Kann der Stadtrat seine Zustimmung zu der Kostensteigerung verweigern?

Ja, grundsätzlich wäre das möglich. Die KVB könnte dann allerdings die neuen Hochflurbahnen nicht bestellen. Die von den Herstellern bei der Ausschreibung eingereichten Angebote sind nur noch bis zum September dieses Jahres gültig. Vergibt die KVB bis dahin keinen Auftrag, würden sie verfallen. Eine erneute Ausschreibung wäre notwendig, neue Verhandlungen würden folgen, und am Ende würde das Projekt aufgrund der bis dahin erneut gestiegenen Personal- und Materialkosten sehr wahrscheinlich noch teurer als 700 Millionen Euro werden. Der Stadtrat soll in seiner nächsten Sitzung am 3. Juli eine Entscheidung treffen.

Warum benötigt die KVB überhaupt neue Hochflurbahnen?

Die neuen Hochflurbahnen werden die bisherigen Serien 2200, 2300 und 5100 ablösen. Ersetzt werden 73 Stadtbahnwagen der 29 Jahre beziehungsweise mehr als 34 Jahre alten Serien 2200 und 2300. Nach Angaben der KVB ist es nicht möglich, die Fahrzeuge selbst zu modernisieren, wie das bei den aus den 1980er Jahren stammenden Stadtbahnen der Serie 2100 der Fall war, die jetzt aufgearbeitet als Serie 2400 auf den Kölner Schienen unterwegs sind. Eine Prüfung der KVB hatte ergeben, dass die Material- und Verarbeitungsqualität von Stadtbahnen wie der Serie 2200 nicht so hoch sind wie bei den Fahrzeugen der Serie 2100. Eine Sanierung dieser Fahrzeuge wäre daher nicht wirtschaftlich.

Dass auch die Bahnen der Serie 5100, die erst 2002 und 2003 in Betrieb gingen, ersetzt werden sollen, liegt daran, dass ihre Betriebsdauer von vorneherein auf lediglich 30 Jahre angelegt war – eine Modernisierung zieht die KVB daher nicht in Erwägung. Die 59 Stadtbahnwagen der Serie 5100 erreichen ihre technische Nutzungsgrenze somit Anfang der 2030er Jahre. Daher biete sich eine gemeinsame Ersatzbeschaffung mit der Serie 2200 und 2300 an, um die Projektkosten zu minimieren, Synergieeffekte zu nutzen und eine überwiegend einheitliche Hochflurflotte zu haben, argumentiert die KVB.

Welche Art von Bahnen will die KVB kaufen?

Das Unternehmen will 132 Hochflurbahnen kaufen, die zu einem flexiblen Modulsystem gehören sollen. Die einzelnen Stadtbahneinheiten sind jeweils 30 Meter lang und werden zu 60 Meter langen, durchgängigen Doppelzügen zusammengesetzt, sodass davon 66 zur Verfügung stehen würden. Optional ist es möglich, ein Zwischenmodul einzusetzen, um die Fahrzeuge auf eine Länge von 70 Metern erweitern zu können. Davon will die KVB 34 Stück bestellen, um damit die Kapazität der Linien 4, 13 und 18 zu erhöhen.

Wann will die KVB die ersten Bahnen in Betrieb nehmen?

Die KVB plante ursprünglich eine Auftragsvergabe im Jahr 2024, das hat sich um ein Jahr nach hinten verschoben, wohl auch aufgrund der langwierigen Verhandlungen mit den Herstellern. Der Plan sah vor, im Jahr 2027 fünf Langzüge inklusive Zwischenmodul in einem einjährigen Vorserienbetrieb zu testen. Die Auslieferung der Serienfahrzeuge war ab dem Jahr 2028 geplant. Wie der tatsächliche Zeitplan aussehen wird, ergibt sich erst nach der Auftragsvergabe, wenn feststeht, welcher Hersteller den Zuschlag erhält.

Wartet die KVB nicht auch noch auf die Auslieferung neuer Niederflurbahnen?

Wie berichtet liefert der Hersteller Alstom die von der KVB bestellten neuen Niederflurbahnen nicht so schnell, wie es vertraglich vereinbart war. Es geht um 62 Stadtbahnen. Der im November 2020 vergebene Auftrag hat ein Volumen von 363 Millionen Euro. Die erste Lieferung war für September 2023 vorgesehen, doch im Juni 2025 gibt es noch nicht einmal einen konkreten Lieferplan. Die KVB hatte zuletzt angekündigt, aufgrund der fehlenden Fahrzeuge erst ab dem Jahr 2030 wieder zum Regelfahrplan zurückkehren zu können. Bis dahin bleibt dieser ausgedünnt.

Was ist der Unterschied zwischen Hochflur- und Niederflurbahnen?Im Wesentlichen die Fahrzeuggröße und die Höhe der Ein- und Ausstiegstüren. Hochflurbahnen ähneln Eisenbahnen und benötigen aufgrund ihrer Konstruktion Bahnsteige mit einer Höhe von 90 Zentimetern, bei Niederflurbahnen sind es nur 35 Zentimeter. In Köln gibt es ein Mischsystem, weil einige Trassen früher von Eisenbahnen genutzt wurden. Dem Stadtrat war es zu teuer, alle Bahnsteige so umzubauen, dass es ein einheitliches System gibt.