Die Stadt wird bis zum Vertragsende im Jahr 2029 557 Millionen Euro Miete gezahlt haben.
Fehlende KaufoptionSkandal um Kölner Stadthaus in Deutz bleibt weitgehend folgenlos

Das Stadthaus Deutz beherbergt das Technische Rathaus der Stadt Köln.
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Der Mietvertrag für das Technische Rathaus in Deutz gehört zu den großen politischen Skandalen Kölns. Obwohl der Stadtrat im Jahr 1995 eindeutig beschlossen hatte, in den Mietvertrag eine Kaufoption über 206,5 Millionen Euro aufzunehmen, setzte die Stadtverwaltung unter Leitung des damaligen Oberstadtdirektors Lothar Ruschmeier den Beschluss ohne Rücksprache nicht um.
Kölner Rechnungsprüfungsamt stellt materiellen Schaden fest
Das Rechnungsprüfungsamt stellte im März 2024 bei einer Überprüfung des Vorgangs fest, dass der Stadt dadurch ein materieller Schaden entstand. Die Stadt wird bis zum Vertragsende im Jahr 2029 insgesamt 557 Millionen Euro Miete bezahlt haben. Laut der Prüfer ist davon auszugehen, dass es sich dabei um überhöhte Mietkosten handelt, da die Mietvereinbarung nicht den für die Stadt Köln damals üblichen Standards entsprochen habe. Da entgegen der politischen Beschlüsse keine Kaufoption existiert, gehört das Gebäude auch danach nicht der Stadt Köln, sondern weiterhin dem derzeitigen Eigentümer. Ein Vorkaufsrecht hätte die überhöhte Miete zumindest teilweise rechtfertigen können.
Das zuständige Notariat hatte den Rechnungsprüfern mitgeteilt, dass es zwar einen Entwurf gab, der ein Ankaufsrecht beinhaltete. Es sei jedoch nicht zur Beurkundung gekommen, da der damalige Eigentümer steuerliche Bedenken geäußert habe. „Sollte sich der Hinweis im Rahmen der folgenden Ermittlungen durch entsprechende Dokumentationen festigen, ist von schwerwiegenden Verfehlungen der handelnden Mitarbeitenden der Stadt Köln auszugehen“, heißt es in dem Prüfbericht. Mit dem Wegfall der Kaufoption sei die gesamte Maßnahme für die Stadt Köln nicht mehr wirtschaftlich gewesen.
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Da der gesamte Vorgang bereits 30 Jahre zurückliegt und nicht mehr alle Akten vorhanden sind, lässt sich bislang nicht aufklären, was genau damals passierte. Die Erkenntnisse der Rechnungsprüfer lassen allerdings den Schluss zu, dass der politische Auftrag in vollem Bewusstsein ignoriert wurde. Der Stadtrat erhielt zu keinem Zeitpunkt eine Information der Stadtspitze darüber, dass die Stadtverwaltung die Kaufoption gar nicht umgesetzt hatte, als sie den Mietvertrag 1999 abschloss. Für ehrenamtlich tätige Politiker war es so damals kaum möglich, den Vorgang nachzuvollziehen.
Digitales Berichtwesen für den Kölner Stadtrat soll angepasst werden
Doch was folgt nun aus dem Skandal? Sehr wenig. Dem Vernehmen nach teilte Baudezernent Markus Greitemann den Ratspolitikern jetzt mit, dass die Geschäftsordnung des Rates dahingehend geändert werden soll, dass bald auch eine Anpassung an das digitale Berichtswesen darin enthalten sein soll. Die Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister soll demnach in Zukunft im digitalen Ratsinformationssystem über den Ausführungsstand der Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse sowie der Bezirksvertretungen informieren.
Das gilt allerdings nur für Beschlüsse, die von den Fraktionen im Rat oder den Bezirksvertretungen gefasst wurden. Diejenigen Beschlüsse, die in nichtöffentlicher Sitzung gefasst wurden, sind hingegen von der Berichtspflicht explizit ausgenommen. Über den Ausführungsstand eines Mietvertrags, wie vor 30 Jahren beim Stadthaus in Deutz, würde der Stadtrat also auch weiterhin nicht automatisch informiert, denn Mietverträge beschließt die Politik stets in nichtöffentlicher Sitzung.
Wenig hilfreich erscheint auch der Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses, dass die städtischen Mitarbeiter mit Blick auf den Stadthaus-Skandal noch einmal mit den Regelungen des Handbuchs „Allgemeine Dienst- und Geschäftsanweisung der Stadt Köln“ vertraut gemacht werden sollen, um in Zukunft eine unvollständige Aktenführung zu verhindern. Erscheint es doch als äußerst wahrscheinlich, dass die 1995 Verantwortlichen, die ohne Rücksprache mit dem Stadtrat auf die Kaufoption verzichteten, ebenso absichtlich von einer präzisen Aktenführung absahen. Ein Handbuch hätte dabei auch nicht geholfen.
Fonds für den Kauf sind in den Haushalt der Stadt Köln gegangen
Im vergangenen Herbst hatte der Stadtrat als Folge der nicht existenten Kaufoption bereits zwei Fonds aufgelöst, die von der Stadtverwaltung vor 30 Jahren im Auftrag der Politik eigens angelegt wurden, um das Geld in den Kauf des Stadthauses stecken zu können. Ohne das Vorkaufsrecht hatten die Fonds jedoch keinen Zweck mehr, sodass die 94,7 Millionen Euro im angeschlagenen städtischen Haushalt landeten.
Der Vorgang rund um das Deutzer Stadthaus hat immerhin eine konkrete Auswirkung auf die Gegenwart. Der Stadtrat soll in der kommenden Woche weitere 50 Millionen Euro für den Umbau der ehemaligen Kaufhof-Zentrale in der Innenstadt freigeben, in der verschiedene Ämter der Stadt Köln unterkommen sollen, unter anderem als Alternative zum Stadthaus. Bereits abgeschlossen ist ein Mietvertrag, der die Stadt bis zum Jahr 2050 bis zu 300 Millionen Euro Miete kosten wird.
Eine Kaufoption ist auch hier nicht enthalten, die Stadt wird am Ende sehr viel Geld investieren und am Ende das Gebäude trotzdem nicht besitzen. Bislang versagt eine Mehrheit im Stadtrat ihre Zustimmung zu dem 50-Millionen-Budget für den Ausbau – wie zu hören ist, auch mit Verweis auf die schlechten Erfahrungen mit dem Deutzer Stadthaus.