Beide Projekte in der Kölner Innenstadt sind eng miteinander verbunden und weisen aus Sicht der meisten Ratsfraktionen Ungereimtheiten auf.
375 Millionen EuroKölner Politik hadert mit hohen Kosten für Ex-Kaufhof-Zentrale und Feuerwehr-Interim

Die ehemalige Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße ist teilweise eingerüstet.
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Die Politik hadert mit der Entscheidung, wie viel Geld die Stadt Köln in den Umbau der ehemaligen Kaufhof-Zentrale in der Innenstadt investieren und an welcher Stelle ein Interimsbau für die benachbarte Feuerwache entstehen soll. Beide Projekte sind eng miteinander verwoben, und beide Projekte weisen zu viele Ungereimtheiten auf, um voreilig Beschlüsse zu fassen. Entsprechend skeptisch zeigt sich eine Mehrheit der Ratsfraktionen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema im Überblick.
Worum geht es überhaupt?
Die Feuerwache Innenstadt an der Agrippastraße (siehe Grafik) stammt aus dem Jahr 1962 und war ursprünglich für 59 Feuerwehrleute ausgelegt, mittlerweile arbeiten dort laut Stadt rund 160 und das Gebäude ist ein Sanierungsfall. Feuerwehrchef Christian Miller sagte schon 2020, man könne „dort nicht mehr vernünftig arbeiten“. Im selben Jahr beschloss der Stadtrat die Planung eines Neubaus an selber Stelle. Doch es stellt sich die Frage, wo die Wache während der Bauarbeiten übergangsweise stationiert wird.
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Welche möglichen Interimsstandorte gibt es?
Da kam zunächst die frühere und leerstehende Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße ins Spiel. Sie befindet sich nur rund 150 Meter von der Feuerwache entfernt. Weitere Optionen waren der Max-Dietlein-Park nordöstlich des Barbarossaplatzes und eine Grünfläche an der Löwengasse nahe dem Waidmarkt.
Welchen Standort favorisiert die Verwaltung jetzt?
Zunächst wollte sie die Feuerwehr nach dem noch zu erledigenden Umbau in der früheren Kaufhof-Zentrale unterbringen. Die Gebäude gehören der Agrippa Quartier GmbH & Co. Sie wiederum gehört drei Gesellschaftern, eine davon ist Swiss Life, welche die Geschäfte führt. 2022 schloss die Stadt einen Mietvertrag mit Agrippa ab.
Demnach sollte die Stadt ab 2024 einziehen, der Mietvertrag für das Kundenzentrum Innenstadt, weitere Abteilungen und die Interims-Feuerwache bis 2045 laufen. Der Rat stimmte zu. Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) gab sein Okay für die Konditionen, damals schloss der Eigentümer laut RPA einen Verkauf der Immobilie „definitiv“ aus.

Auf dieser Fläche an der Löwengasse soll die Container-Feuerwache interimsmäßig stationiert sein.
Copyright: Alexander Schwaiger
Doch zwei Jahre später änderte die Verwaltung ihre Pläne, weil laut einer Sprecherin „in einem nicht vertretbarem Maße hohe zeitliche wie finanzielle Aufwendungen entstehen würden“. Auch der Max-Dietlein-Park schied aus.
Also schlug die Verwaltung die Fläche an der Löwengasse vor, die größtenteils der Stadt gehört. Sie muss dafür, wie berichtet, mit der Cascade 2 GmbH, einem Unternehmen der Bauwens-Gruppe, deren Flächen tauschen, damit beide Parteien jeweils zusammenhängende Flächen besitzen.
Um wie viel Geld geht es insgesamt?
Um sehr viel. Es geht um rund 375 Millionen Euro. Das entspricht rund 75 Prozent der Kosten für die Sanierung der Mülheimer Brücke (498,2 Millionen Euro) und rund 47 Prozent der Kosten für die Sanierung von Oper und Schauspielhaus (798,6 Millionen Euro).
Allein für die Anmietung der früheren Kaufhof-Zentrale soll die Stadt pro Jahr 12,3 Millionen Euro bezahlen. Bis zum von der Verwaltung angestrebten neuen Mietende im Jahr 2050 entspräche das rund 300 Millionen Euro Miete.
Statt Anfang 2024 sollen die Gebäude nun erst ab Ende 2026 umgebaut und für die Stadt nutzbar sein. Der Grund sind „Umplanungen“ der Verwaltung selbst. Als Kompensation für einen Teil des Mietausfalls (fünf Millionen Euro) soll der Rat den Mietvertrag bis 2050 verlängern – also 61,5 Millionen Euro mehr Miete garantieren.

So soll die neue Feuerwache Innenstadt später aussehen.
Copyright: Graber Pulver Architekten AG, Zürich/maaars Visualisierungen, Zürich
Und die neuen Umbaupläne soll die Stadt selbst und nicht etwa der Eigentümer zahlen: Dafür sind zusätzliche 50 Millionen Euro angesetzt, im Mietvertrag bereits enthalten ist ein Umbaubudget in Höhe von 27 Millionen Euro. Von diesen insgesamt 77 Millionen Euro muss die Stadt der Vermieterin allerdings 15 Millionen Euro für die bereits entstandenen Mietausfälle bezahlen.
Das wirft die Frage auf, was eigentlich der Eigentümer selbst bezahlt. Im Agrippa-Geschäftsbericht für 2021/2022 heißt es: „Zur Finanzierung der Aus- und Umbaukosten, die der Eigentümer tragen soll, wurde am 15. Dezember 2022 ein Darlehensvertrag mit der Landesbank Hessen-Thüringen in Höhe von 78 Millionen Euro abgeschlossen.“ Und laut des Geschäftsberichtes von 2017 ist die Immobilie im selben Jahr schon umgebaut worden und dürfte somit auf einem relativ neuen Stand sein.
Bislang hat der Rat die Entscheidung über die Änderung des Mietvertrages ebenso vertagt wie der Liegenschaftsausschuss die Entscheidung über die Container für die Feuerwehr an der Löwengasse. Die erste Grobkostenschätzung ging von rund 26,5 Millionen Euro für die Interimswache aus.
Für Miete und Umbau der früheren Kaufhof-Zentrale wären rund 350 Millionen Euro fällig, dazu kämen weitere 26,5 Millionen Euro für die Feuerwehr-Container auf der Löwengasse. Das macht rund 375 Millionen Euro.
Sollte die Feuerwehr statt in dem Container-Bau an der Löwengasse doch in einem Teil der früheren Kaufhof-Zentrale unterkommen, würde das einer ersten Grobschätzung zufolge 35 Millionen Euro kosten. Die Summe soll dem Vernehmen nach aber noch nach unten korrigierbar sein, indem einfachere Standards umgesetzt werden. Die 35 Millionen Euro für das Feuerwachen-Interim sind Bestandteil einer Summe von insgesamt 120 Millionen Euro, welche die Stadt an die Vermieterin bezahlen sollte, um das Kaufhof-Gebäude nach den ursprünglichen Plänen umzubauen. Darin wäre unter anderem auch ein Lesesaal für die Kunst- und Museumsbibliothek enthalten gewesen.
Wie sicher ist es, dass die geschätzten 26,5 Millionen Euro für die Container-Feuerwache an der Löwengasse ausreichen werden?
Es gibt eine ganze Reihe von Unwägbarkeiten. Möglicherweise muss eine oberirdische Grundwasserleitung verlegt werden. Im Untergrund gibt es zudem eine Vielzahl an Funden aus römischer Zeit. Sollte tiefer gegraben werden müssen, würde das den Zeitplan verzögern und weitere Kosten erzeugen. Auf einem der Grundstücke befindet sich ein altes Druckerei-Gebäude. Die Stadt müsste es abreißen lassen. Ob Schadstoffe im Mauerwerk und im Boden vorhanden sind, ist noch unklar. Auch das würde zusätzliche Kosten nach sich ziehen.
Was bedeuten all diese Summen für den Haushalt?
Es gibt einen Unterschied zur Mülheimer Brücke oder den Bühnen: Nach deren Sanierungen hat die Stadt wieder funktionsfähige Bauwerke im städtischen Haushalt stehen, die ihr als Gegenwerte in der Bilanz helfen. Im Fall der Kaufhof-Zentrale sieht das anders aus, da es sich um ein reines Mietobjekt handelt.
Was ist das grundlegende Problem mit dem gesamten Vorgang?
Im Mietvertrag zwischen der Stadt Köln und Agrippa Quartier ist keine Kaufoption enthalten. Nach Ablauf des Mietvertrags ist es also nicht in der Hand der Stadt, was mit dem Gebäudeensemble passiert. Und das, obwohl die Stadt in die ehemalige Kaufhof-Zentrale bis dahin 350 Millionen Euro investiert haben will. Hinzu kommt, dass vertraglich festgehalten wurde, dass die Vermieterin den Umbau organisiert und durchführt und auch die Kosten kalkuliert. „Mit diesem Mietvertrag konnten wir die Stadt als für uns denkbar attraktivsten Mieter für das Agrippa Quartier gewinnen“, sagte Christian Dinger, Geschäftsführer der Swiss Life KVG, im September 2022. „Gemessen am Gesamtvolumen handelt es sich um einen der Top-Mietvertragsabschlüsse in Köln in den vergangenen Jahren.“
Was die Grundstücke an der Löwengasse anbelangt, will die Stadt Flächen so tauschen, dass die Stadt und das Unternehmen Cascade dort anschließend jeweils zusammenhängende Flächen besitzen. Cascade soll zudem ein „exklusives“ Recht erhalten, mit der Stadt darüber zu verhandeln, ob es die Flächen der Stadt nach Ende des Feuerwehr-Interims kaufen kann, „soweit sie für städtische Zwecke nicht benötigt werden“.