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Gewaltverbrechen am Niehler HafenAngeklagter gesteht am Kölner Landgericht Doppelmord

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Blumen zum Gedenken am Niehler Hafen

Köln – Im Prozess um das Gewaltverbrechen, dem im November 2021 die 24-jährige Derya S. und ihr vierjähriger Sohn Kian im Niehler Hafen zum Opfer fielen, hat der Angeklagte am Freitag vor dem Landgericht ein Geständnis abgelegt. Mit brüchiger, tränenerstickter Stimme verlas Anil G. (25) eine Erklärung. Nach seinem Satz „Ich gestehe, Derya und ihren Sohn getötet zu haben“ entstand in Saal 210 ein kurzer Tumult.

„Du Bastard! Du Hurensohn!“, schrie eine Angehörige der beiden Opfer und schlug gegen die Trennscheibe, hinter der sich der Zuschauerbereich befindet. Weinend sackte die Frau auf ihrem Sitz zusammen. Derya S. Vater, der als Nebenkläger an der Verhandlung teilnimmt, ging nach hinten. „Genug ist genug“, sagte er und geleitete die Frau auf den Gerichtsflur. „Ich bereue dies sehr“,  sprach der Angeklagte weiter. Ihm sei klar, dass ihm nicht verziehen werden könne; trotzdem wolle er darum bitten.

Anil G. lockte Opfer unter Vorwand an den Tatort

Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass Anil G. seine Ex-Freundin unter dem Vorwand, mit ihr sprechen zu wollen, in den Niehler Hafen lockte und sie und das Kind, das von ihm stammte, mit zahlreichen Messerstichen tötete. Anschließend habe er die Leichen in den Rhein geworfen. Der Körper der Frau wurde von einem Schiffsführer im Wasser gefunden, der Leichnam des Jungen einen Tag später von Spaziergängern am Ufer.

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Der Anklage zufolge hatte Anil G., der inzwischen mit einer anderen Frau verlobt war, im vorigen Jahr von Derya S. erfahren, dass er der Vater ihres Sohnes war. Sie habe Unterhalt für das Kind gefordert, doch er habe nicht zahlen wollen. Als weiteres Motiv der Tat nimmt die Staatsanwaltschaft an, er habe verhindern wollen, dass die Vaterschaft publik wurde.

Täter war sich „sicher, nicht der Vater sein zu können.“

Im September 2021, so las Anil G. vor, habe sich Derya S. bei ihm gemeldet und ihn damit konfrontiert, er sei Kians Vater. Lange habe sie angenommen, das Kind sei von einem anderen Mann - bis zum negativen Ergebnis des Vaterschaftstests. „Vorher hat Derya mir gegenüber niemals etwas angedeutet“, sagte der Angeklagte dazu, dass die Nachricht ihn völlig unvorbereitet getroffen habe. „Ich war sicher, nicht der Vater sein zu können.“

Gegen einen Vaterschaftstest, wie er dann zur Sprache gekommen sei, habe er nichts gehabt. Zu seiner Verwunderung habe Derya S. schon von Unterhaltszahlungen gesprochen, nicht aber darüber, wie es mit ihm und dem gemeinsamen Kind weitergehen solle. Später habe er darüber nachgedacht, wie seine Eltern auf die Neuigkeit reagieren würden. „Ich wusste nicht, ob ich ihnen so was sagen könnte.“ 

Keinerlei Anzeichen einer psychischen Erkrankung

Als er nach einer Pause von Wachtmeistern wieder hereingeführt wurde, ging er geduckt und vermied Blicke zum Nebenkläger und in den Zuschauerbereich. Regungslos zusammengekauert, das Gesicht in den Armen verborgen, saß er da, während die psychiatrische Sachverständige ihr Gutachten vortrug. Fazit: Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine psychische Störung vor, während und nach der Bluttat, mit anderen Worten: Anil G. sei uneingeschränkt schuldfähig gewesen. Nächster Verhandlungstag ist der 29. August; dann sollen die Plädoyers beginnen.