Zwei Jahre nach „Lindenstraßen“-EndeÜberraschende Nachricht von Marie-Luise Marjan

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Lindenstraße

Marie-Luise Marjan mit Erkan Gündüz (l.) und Fanclub-Chef André Weber

Köln – Es ist wie ein Nachhause-Kommen, ein Festhalten an Tröstlichem in diesen schweren Zeiten. Zwei Jahre nach der Einstellung der Langzeit-Serie „Lindenstraße“ traf sich im Rodenkirchener Brauhaus „Quetsch“ der letzte von einst 30 Fanclubs. Der „Jour Fix“ feierte sein 20-jähriges Bestehen – und an Aufhören denken die derzeit zehn Mitglieder nicht. „Wir halten die Fahne hoch. Die Serie gehört immer noch zu unseren Leben. Und Sonntag,18.50 Uhr, ist immer noch eine magische Uhrzeit“, sagt Vorsitzender und Gründungsmitglied André Weber. Auch, wenn dann nur eine Aufzeichnung geguckt wird.

Liane Rother, ebenfalls vom ersten Tag an dabei, ist vor einigen Jahren von Ostfriesland nach Köln gezogen, um der Produktionsstätte näher zu sein und von Zeit zu Zeit als Komparsin mitzumachen. „So etwas wie die »Lindenstraße« wird es nicht noch einmal geben. Die Serie ist wie eine Droge. Wenn einen erst einmal die Sucht gepackt hat, kommt man nicht mehr von ihr los.“ Sie war und ist vor allem von der ganz normalen Familie Beimer beeindruckt, mit der man sich identifizieren konnte. „Und es war toll, die Figuren beim Älterwerden zu begleiten.“

Marie-Luise Marjan will Rodenkirchen verlassen 

Im Laufe der Jahre waren 57 Schauspieler und Crewmitglieder bei 143 Besuchen bei den Fans zu Gast. Ehrengast beim Jubiläum war „Mutter Beimer“ Marie-Luise Marjan. Sie hatte es nicht weit, denn sie wohnt in Rodenkirchen. Doch nicht mehr lange, wie sie an diesem Abend bekannt gab. „Ich gebe meine Wohnung hier auf und ziehe komplett nach Hamburg, wo ich seit 41 Jahren ebenfalls eine Wohnung habe.“ Dorthin pendelte sie zu ihrem Lebensgefährten Bodo Bressler. Er verstarb unerwartet im März vergangenen Jahres.

Zwei voll eingerichtete Wohnungen würden ihr zu viel, sagt Marjan. Und da sie nun nicht mehr wegen der Arbeit in Köln sein muss, habe sie sich für Hamburg entschieden. Dort habe sie das Schauspielhandwerk erlernt. Dort ist die Zentrale des Kinderhilfswerks Plan International, für das sie Botschafterin ist. „Das ist nochmal ein neuer Abschnitt in meinem Leben. Vielleicht der letzte.“

Corona hätte gut in die „Lindenstraße“ gepasst 

Zur Zeit habe sie nicht nur wegen der Umzugsplanung viel zu tun. Die 81-Jährige reist für Lesungen durch ganz Deutschland – ganz allein mit dem Zug. „Aber die Nation kennt mich, ich muss meinen Koffer nie selbst tragen“, sagt sie und lacht.

Auch bei Erkan Gündüz, dem zweiten Stargast des Abends – er spielte „Murat Dagdelen“ – hat sich nach dem Ende der Serie einiges verändert. „Ich arbeite jetzt mit schwererziehbaren Jugendlichen in zwei Heimen“, sagt Gündüz, der in Pulheim lebt. Er bringt seine Erfahrungen als Schauspieler und Regisseur ein, indem er mit den Jugendlichen Übungen zur Körpersprache macht und kleine Videos dazu dreht.

Er fühle sich sehr verbunden mit diesen Jugendlichen, die Arbeit sei aber auch eine große Herausforderung. „Das ist das Härteste, was ich je in meinem Leben gemacht habe.“ Die „Lindenstraße“ war dagegen wohl eher ein Kindergarten – obwohl es dort auch viele Psychos gab. Ein Besuch beim Fanclub sei für ihn Ehrensache. „Legenden müssen gepflegt werden.“

Gäste und Fans sind sich einig: Die Serie wurde zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt eingestellt – im März 2020, unmittelbar zu Beginn der Pandemie. „Was wäre das für ein guter Stoff gewesen. Querdenker, Maskenpflicht, Streit in der Familie, das hätte so gut aufgegriffen werden können. Das hätte bestimmt auch wieder mehr Zuschauer angezogen“, sagt André Weber.

„Lindenstraßen“-Aus ist noch immer unfassbar

Warum die Serie, die im Dezember 1985 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, plötzlich abgesetzt wurde, versteht bis heute niemand im Fanclub. „Die Serie war doch einmalig in Deutschland, keine andere hat so konsequent aktuelle Ereignisse verarbeitet.“ War es ein Streit zwischen dem WDR und  „Lindenstraßen“-Erfinder Hans W. Geißendörfer? Oder waren sich die vielen ARD-Sender uneinig? Nicht mehr zu klären, zu spät. Der Club hatte damals eine Demo in Köln organisiert. Die wurde noch in eine der letzten Folgen geschnitten – aber genützt hat es natürlich nichts.

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Aber der Fanclub, dessen Mitglieder vor allem aus NRW kommen, wird sich weiter treffen. Erkan Gündüz ist wegen seiner zahlreichen Besuche bereits zum Ehrenmitglied erklärt worden. Und mit Marie-Luise Marjan verabredet man sich dann eben bei der nächsten Clubfahrt nach Hamburg.

Marjan bereitet sich aber erstmal auf einen ihrer letzten Gäste in Köln vor. Seriensohn-Darsteller Moritz A. Sachs („Klausi“) kommt zu ihr nach Hause. „Das ist ein ganz Fleißiger, der arbeitet jetzt vor allem hinter der Kamera.“ Und er wird bekocht, als wäre es ein echter Sohn. Es gibt Wachtelbrüstchen, mein Hase.  

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