„How to sell drugs online“Netflix-Schauspieler und seine Brüder impfen in Deutz

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Der Kölner Schauspieler Damian Hardung (rechts) und sein Bruder Leon studieren Medizin und impfen.

Köln – Tschuldigung, aber sie kenne ihn doch, sagt die junge Frau. „Aus «Unter uns» oder so, der RTL-Soap?“, fragt sie. „Nein, nein“, verbessert ihr Mann, der einige Meter weiter entfernt steht. „Der ist aus Netflix, spielt mit bei der Serie «How to sell drugs online (fast)».“

Der Angesprochene lächelt, sein breites Grinsen ist auch unter der Corona-Schutzmaske deutlich zu erkennen. „Netflix isses“, sagt Damian Hardung. Eine Spritze mit Corona-Impfstoff in der Hand, steht er in der Praxis seiner Eltern im Stadtteil Deutz. Gemeinsam mit seinen Brüdern Leon und Gabriel hat der 23-Jährige die Impfaktion gestartet. Papa und Mama, beide Ärzte, haben nur ihre Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.

Geimpft wird in Köln vorwiegend abends und am Wochenende

In einem Urlaub Ende vergangenen Jahres, als Impfstoff reichlich vorhanden war aber die Warteschlangen immer länger wurden, haben sich die Drei für die Aktion entschieden. „Wir wollten einfach helfen, dabei sein“, sagt Leon Hardung, Medizinstudent im zwölften Semester. In der Familie sei zuvor ständig über Corona diskutiert worden. „Anfangs beispielsweise haben wir regelrecht mitgefiebert, welcher Impfstoff wohl das Rennen machen wird“, ergänzt der 26-Jährige, der Freunde und Bekannte aus dem Studium akquiriert hat, damit die Schichten auch besetzt sind.

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Nur eine Woche hat es gedauert, bis die Website impfenfuerkoeln.de online war. Geimpft wird vorwiegend abends und am Wochenende. Mit dabei ist immer ein Bekannter aus dem Freundeskreis mit bereits abgeschlossener Approbation als Arzt. Seit dem Start Anfang Dezember waren bereits mehr als 5000 Kinder und Erwachsene da. Zugegeben, sagt der 18-jährige Gabriel Hardung, der jetzt nach dem Abitur Medizin studieren möchte. „Mir fehlen die Clubs und Bars, und ich möchte wieder beim 1. FC Köln auf der Südtribüne mitjohlen – auch deshalb ist mir Impfen wichtig.“

Damian Hardung ist Schauspieler und Medizinstudent

Über die Praxisboxen läuft der Song „Passionfruit“. „Wait a minute. Fuck that shit“, singt der kanadische Rapper Drake. „Die Musikauswahl ist von Leon“, sagt Damian Hardung und lacht. Auch er studiert Medizin, im sechsten Semester. Geschauspielert hat er zum ersten Mal mit elf Jahren. „Purer Zufall“, sagt er. Die Eigentümerin einer Kölner Casting-Agentur hat Kinder gesucht, alle Jungs in Hardungs Klasse haben deshalb vorgesprochen.

„Und denen hat dann wohl irgendwie meine Nase gefallen.“ Die erste Rolle bekamm er in einem Abschlussfilm von Studenten der Kölner Filmhochschule. Es ging um Mobbing. „Ich haben den Mobber in der Schule gespielt, den Bösewicht“, sagt Hardung.

Damian Hardung spielt auch Hauptdarsteller im „Im Club der roten Bänder“

Diverse Kurz- und Kinderfilme, mit 14 ein Stipendium für eine Schule in New York, erste Hauptrollen in Spielfilmen und der Durchbruch in Sachen Bekanntheit mit der Vox-Serie „Der Club der roten Bänder“, die von krebskranken Jugendlichen erzählt – schnell wurden die Rollen immer größer.

Bei der Serienverfilmung des Umberto-Eco-Romans „Der Name der Rose“ spielte Hardung den Gehilfen des Benediktiner-Mönches William von Baskerville. Dann die Buchverfilmung von „Auerhaus“, ein Kinofilm über zwei Jungs in den achtziger Jahren, von denen einer Depressionen hat und sich umbringen möchte. „Ich spiele denjenigen, der sich damit abfinden muss, dass sein bester Freund geht“, sagt Hardung. Seit 2019 sieht man ihn auch in einer der Hauptrollen der Netflix Serie „How to sell drugs online (fast)“.

„Der Name der Rose“: Halbes Jahr in Rom gedreht

Man könnte sagen, der junge Kölner hat Karriere gemacht. „Na ja, ich habe die Schauspielerei anfangs nicht ernst genommen“, sagt er: „Ich habe auch lange gebraucht, bis ich sagen konnte, ich bin Schauspieler.“ Und? Ist er einer? „Ähhh, puuh“, antwortet Hardung. Dann eine Pause. „Ich versuche immer nur zu sagen, ich arbeite gerade als Schauspieler.“ Das gebe ihm ein gutes Gefühl. „Weil ich damit dann nicht stehe und falle. Sondern ich mache das, mache das gerne, aber wenn es nicht mehr da ist, dann heißt das nicht, dass ich nicht mehr da bin.“

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Wichtig sei der Moment. „Ein halbes Jahr in Rom mit Hollywoodgrößen drehen, ein paar Wochen in die Antarktis gehen oder in Wien arbeiten. Das sind doch Welten und Erlebnisse, die ich sonst niemals gehabt hätte.“ Eine dieser Welten sei halt auch das Medizinstudium. Damit er das schaffe, müsse er sich unterwegs nach den Dreharbeiten Vieles alleine nur mit Büchern aneignen. Auch Corona habe paradoxerweise dabei  in den vergangenen beiden Jahren geholfen, weil Vorlesungen und Prüfungen meist online stattgefunden haben.

Damian Hardung macht Werbung für's Impfen

Und jetzt auch noch impfen? Na ja, Corona sei neben der Umweltzerstörung derzeit halt das bedrohlichste Problem auf der Welt, sagt Hardung. Und es habe jetzt einfach gepasst, das Projekt mit seinen Brüdern. „Das fühlt sich auch deshalb richtig und für mich authentisch an.“ Zudem stimme es schließlich, dass eine gewisse Bekanntheit und Reichweite in den sozialen Medien auch eine besondere Verantwortung mit sich bringe. „Und der wollte ich jetzt gerecht werden, um für das Impfen zu werben.“

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