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„Enorme Belastung“1000 Patienten entlassen, 150 verlegt – so lief die Evakuierung an der Kölner Uniklinik

Lesezeit 3 Minuten
Hier, am Leiblplatz, wurde der Bombenblindgänger gefunden.

Hier, am Leiblplatz, wurde der Bombenblindgänger gefunden.

Wegen eines Bombenblindgängers aus dem Krieg mussten am Dienstag 2750 Lindenthaler ihre Wohnung verlassen. Auch die Uniklinik war betroffen. 

Auch wenn es sein erstes Mal als hauptverantwortlicher Bombenentschärfer ist: von Nervosität ist bei Philipp Blens nichts zu spüren. „Für uns ist das Alltagsgeschäft“, sagt der Truppführer vom Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung Düsseldorf am Dienstagmorgen vor dem Leiblplatz in der Nähe der Uniklinik.

Mehr als 50 Entschärfungen von Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg hat Blens bereits sozusagen als Assistenzarzt begleitet, wie er sagt. „Deswegen fühle ich mich gut vorbereitet.“

Und tatsächlich sollte sowohl die Evakuierung des Gebiets rund um die Gleueler Straße als auch die Entschärfung der Fünf-Zentner-Bombe reibungslos verlaufen. Bereits gegen 13:20 Uhr meldete das Ordnungsamt, dass die Bombe entschärft ist.

Zuvor hatten ab 9 Uhr rund 2750 Menschen in einem Radius von 300 Metern rund um den Fundort ihre Wohnungen verlassen müssen. Auch ein Seniorenhaus und Teile der Uniklinik wurden evakuiert.

„Enorme Belastung“ für die Kölner Uniklinik

Schon vor etwa einem Jahr hatten die Vorbereitungen des Ordnungsamtes auf den Tag der Evakuierung angefangen, als sich Baumaßnahmen in der Nähe der Uniklinik ankündigten. Und wie überall in Köln war die Vermutung naheliegend, auf einen Bombenblindgänger zu stoßen.

Dirk Putzer (li.) und Phillip Blens vom Kampfmittelräumdienst vor der Entschärfung.

Dirk Putzer (li.) und Phillip Blens vom Kampfmittelräumdienst vor der Entschärfung.

Dass es am Ende nur ein Blindgänger war, der am vergangenen Freitag gefunden wurde, war ein Glücksfall, wie der Einsatzleiter des Ordnungsamtes, Johannes Brauns, erklärt. „Insgesamt hat es drei Verdachtspunkte gegeben, im schlimmsten Fall wäre fast die gesamte Uniklinik und bis zu 16.000 Menschen von einer Evakuierung betroffen gewesen.“

Für die Uniklinik bedeutete der Bombenfund trotzdem einen Stresstest. Seit mehreren Wochen bereite die Klinik sich dort auf den Tag der Evakuierung vor.

Im Bereich der Kerpener Straße und dem Leiblplatz ließ sie Schutzcontainer für ein mögliches Evakuierungsszenario aufstellen. 1000 Patienten hatte die Uniklinik in den vergangenen Tagen entlassen, normal seien in diesem Zeitraum 200.

Rund 150 weitere mussten am Dienstag innerhalb der Klinik verlegt werden. Den ganzen Tag konnte in den 40 Sälen der Uniklinik nicht operiert werden. „Das ist schon eine enorme Belastung für uns und unsere Patienten“, sagte Edgar Schömig, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik Köln am Vormittag.

Edgar Schömig, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik Köln.

Edgar Schömig, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik Köln.

Zwar sei die Uniklinik schon in der Vergangenheit von Bombenfunden betroffen gewesen, „aber dass Teile des Bettenhauses evakuiert werden mussten, ist bisher noch nicht vorgekommen.“

Die Evakuierungsmaßnahmen waren aber im Zusammenspiel mit Feuerwehr, Ordnungsamt und Kampfmittelbeseitigungsdienst schon am Vormittag erfolgreich abgeschlossen.

Die Operationen, die am Dienstag nicht stattfinden konnten, werden laut Schömig nun in den kommenden Wochen nachgeholt. „Das ist eine Situation, die mich medizinisch überhaupt nicht glücklich macht, die aber notwendig war.“ Wegen der guten Zusammenarbeit und der Vorbereitungen lief aber alles nach Plan, so Schömig.

Die meisten betroffenen Anwohner in Lindenthal schienen auf die Evakuierung bestens vorbereitet gewesen zu sein. Schon vergangenen Mittwoch hatte die Stadt über eine mögliche Evakuierung informiert. Die Anlaufstelle für Anwohner im Rhein-Energie-Stadion jedenfalls wurde kaum in Anspruch genommen. Am Vormittag hielten sich dort lediglich zehn Anwohner auf, wie das Ordnungsamt berichtete.

Auch Irmgard Bunzow und ihre Nachbarin Renate Grein standen gegen 9:30 Uhr längst mit gepackten Taschen vor ihrer Wohnung, als das Ordnungsamt zum ersten Klingelrundgang bei ihnen vor der Haustür auftauchte. Die beiden wohnen schon seit Jahrzehnten in der Nähe der Uniklinik.

Von der Aufregung rund um den Bombenblindgänger ließen sie sich nicht aus der Ruhe bringen: „Das ist schon das vierte oder fünfte Mal, dass wir wegen so einem Blindgänger aus der Wohnung müssen“, sagte Bunzow.

Was sie mit so einem Tag anfange? „Erstmal fahre ich zum Friseur, dann geht’s zum Bummeln in die Stadt und dann hole ich meine Enkel ab und es geht zum Tennis spielen“, erzählte Bunzow. „Ist ja tolles Wetter heute, das muss man ausnutzen.“