Abo

„Zwei Kaffee, bitte!“ in KölnKlinkenputzen in Sachen Beethoven für die andere Stadt mit „K“

Lesezeit 3 Minuten
Martin Sagel aus Kerpen sitzt im Anzug in einem Café. In seinen Händen hält er einen Cappuccino.

Unsere Reporterin hat sich mit Martin Sagel aus Kerpen im Kaffee-Gespräch unterhalten.

Für ihre Rubrik „Zwei Kaffee, bitte!“ spricht Susanne Hengesbach fremde Menschen auf der Straße an und lädt sie zum Kaffee ein.

Mein heutiger Gesprächspartner kommt aus der Stadt mit „K“, aber der aus Kölner Sicht falschen – nämlich Kerpen. Der Ort ist bekanntlich eng mit dem Namen Adolph Kolping verbunden und natürlich mit dem des erfolgreichsten Formel-1-Piloten aller Zeiten. Daran möchte Martin Sagel gar nichts ändern, aber er möchte, dass man in Kerpen ebenso selbstverständlich noch eine weitere weltberühmte Persönlichkeit feiert: den Komponisten Ludwig van Beethoven.

Nun ist der zwar in Bonn geboren, aber er verbrachte die Sommerfrische nachweislich von 1784 bis 1792 in Kerpen, zusammen mit der Familie von Breuning, mit der er befreundet war und deren Kinder – darunter Tochter Eleonore – die er bereits im jugendlichen Alter musikalisch unterrichtete. Doch im Gegensatz zu Österreichs Hauptstadt Wien, in der sich praktisch jedes Haus, in dem der Komponist auch nur ein paar Wochen gewohnt hat, quasi mit einem Beethoven-Siegel schmückt, sei seine Verbindung nach Kerpen nicht wirklich erkennbar, bedauert Martin Sagel bei unserem Gespräch.

Die Entstehungsgeschichte des Vereins „Beethoven in Kerpen“

Ich treffe den 47-Jährigen auf der Dürener Straße. Menschen im Sakko sehen ja immer nach Arbeit aus und haben meiner Erfahrung nach selten Zeit für ein Kaffee-Gespräch. Sagel kommt ein Cappuccino indes sogar entgegen, da sein „Klinkenputzen“ in Sachen Beethoven heute offenbar wenig erfolgreich war. Er hatte in Lindenthal bei einer Stiftung angeklopft, von der er sich Zuschüsse erhofft hatte – „deshalb das Jacket“, aber dort fand man „das Projekt wohl zu elitär“.

„Was genau schwebt Ihnen denn vor, eine Büste?“, frage ich den Immobilienmakler. Er lacht und erzählt mir, dass er nicht nur Häuser vermittele, sondern nebenher als Zauberer auftrete oder Komparse fürs Fernsehen sei und weiht mich dann in die Entstehungsgeschichte des Vereins „Beethoven in Kerpen“ ein. Den Anstoß dafür habe im Grunde Christoph Spering, ein Dirigent aus dem Erftkreis gegeben, den Sagel bereits 15 Jahre kennt, und mit dem er nach Ausbruch der Corona-Pandemie über abgesagte Engagements und das stillgelegte Konzertleben sprach. 

Jede andere Stadt hätte da eine Riesensache draus gemacht!
Martin Sagel, Immobilienmakler aus Kerpen

Im Zuge dieser Unterhaltung, berichtet Sagel, habe der Musiker nebenher auch sein Erstaunen darüber zum Ausdruck gebracht, dass an dem Haus, in dem Beethoven immerhin acht Jahre lang die Sommerferien verbrachte, keine repräsentative Gedenktafel sei. Und er habe gefragt, weswegen die Stadt aus diesem Umstand kein Kapital schlage?

Er, Sagel, stimmte zu. „Jede andere Stadt hätte da eine Riesensache draus gemacht!“, meint mein Gegenüber und berichtet stolz, wie im vergangenen Jahr innerhalb von kurzer Zeit sogar ein Beethoven-Wochenende mit „zehn Kurzkonzerten in drei Kirchen“ auf die Beine gestellt wurde.

Beethovens Sommerfrische-Adresse ist eine besondere Würdigung wert

Man habe hochkarätige Musiker gewinnen können, Christoph Spering habe die musikalische Leitung übernommen, und die Konzertbesucher hätten nicht einmal Eintritt bezahlen müssen. Um die Kosten – beispielsweise für die ausgeliehenen historischen Instrumente – zu decken und vielleicht schon finanzielle Unterstützung für ein weiteres geplantes Konzertwochenende in diesem Sommer zu bekommen, sei er nun praktisch auf Betteltour.

„Ich hätte nicht gedacht, dass das so schwer ist“, bekennt der gebürtige Wipperfürther, der seit seinem fünften Lebensjahr in Kerpen wohnt. Aus seiner Sicht ist Beethovens Sommerfrische-Adresse jedoch auch deswegen eine besondere Würdigung wert, weil das Kerpener Haus, das einem Verwandten der Bonner Familie von Breuning gehörte, gewissermaßen der „Austragungsort“ von Beethovens erster Verliebtheit war.

Nicht zufällig sollte die einzige Oper des Komponisten zunächst „Eleonore“ heißen und wurde dann zu „Fidelio“. Martin Sagel ist sogar überzeugt, dass das weltberühmte „Für Elise“, das jedes Klavier spielende Kind so ziemlich als Erstes lernt, besagtem Fräulein von Breuning gewidmet ist.

KStA abonnieren