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Adenauer wollte Olympia in KölnVor 100 Jahren wurde der Sportpark Müngersdorf eröffnet

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Zu sehen ist das einzige Gebäude von 1923, das im Sportpark Müngersdorf bis heute erhalten geblieben ist: das Diensthäuschen an der Aachener Straße.

Das einzige Gebäude von 1923, das im Sportpark Müngersdorf bis heute erhalten geblieben ist: das Diensthäuschen an der Aachener Straße.

Der Sportpark Müngersdorf feiert am Samstag sein 100-jähriges Bestehen. Konrad Adenauer wollte auf dem Areal 1936 die Olympischen Spiele ausrichten.

Wäre es nach Konrad Adenauer gegangen, nicht in Berlin hätten die Olympischen Spiele 1936 stattgefunden, sondern natürlich in Köln. 1930 lud der umtriebige und sportbegeisterte Kölner Oberbürgermeister die „Damen und Herren des Olympischen Kongresses“ herzlich ein, bei ihrer geplanten Besichtigungsreise durch Deutschland auch der „alten Domstadt Köln am Rhein“ einen Besuch abzustatten: „Das kritische Auge der berufenen Fachleute der Welt wird dann Gelegenheit haben, festzustellen, in welchem Maße die Stadt Köln bemüht gewesen ist, der Sache der Leibesübungen zu dienen.“

Der Sache der Leibesübungen hatten die Kölner vor allem tief im Westen der Stadt gedient. Und das gründlich. Als der Sportpark in Müngersdorf 1923 eröffnet wurde, galt er als größte und modernste Anlage seiner Art in ganz Europa. Für die Olympischen Spiele seien nur vereinzelte Erweiterungen notwendig, argumentierte Adenauer in seiner Bewerbung. Doch bekanntlich ging der Zuschlag an die Hauptstadt, wo das NS-Regime die Spiele dafür missbrauchte, sich einen weltoffenen Anstrich zu verpassen.

Die zentrale Hauptkampfbahn bot Platz für 80.000 Zuschauer

Am 16. September 1923 wurde die riesige Anlage an der Aachener Straße mit einer großen „Weihefeier“ in Betrieb genommen. Das Glanzstück des neuen Äußeren Grüngürtels, der die geschleiften Festungsbauwerke aus preußischer Zeit zu einem grünen Band der Erholung verknüpfte, katapultierte Köln zur Sportmetropole des Westens. Die Entwürfe stammten vom damaligen Gartenbaudirektor Fritz Encke. Um die zentrale Hauptkampfbahn mit Platz für rund 80.000 Zuschauer gruppierten sich die etwas kleineren Ost- und Westkampfbahnen, eine Radrennbahn, Tennisplätze, Reitanlagen, das Stadionbad und weitläufige Freiflächen. Der Kölner Sportpark fügte sich bescheiden in die Landschaft ein. „Alle drei großen Stadien bestehen nur aus großen Erdwällen“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.

Das Müngersdorfer Stadion, das Rhein-Energie-Stadion, ist neben der Spielstätte für den 1. FC Köln auch häufig Eventlocation, etwa für Karneval oder Konzerte.

Das Müngersdorfer Stadion, das Rhein-Energie-Stadion, ist neben der Spielstätte für den 1. FC Köln auch häufig Eventlocation, etwa für Karneval oder Konzerte. (Archivbild)

Das überaus fortschrittliche Konzept sah vor, nicht nur mit Massenveranstaltungen Kölns Wirtschaft und Ansehen anzukurbeln, sondern auch den „kleinen Leuten“ Raum zur sportlichen Betätigung unter freiem Himmel zu geben. Für traditionelles Turnen und Leichtathletik war das verkehrsgünstig gelegene Areal ebenso ausgerichtet wie für die immer beliebter werdenden Sportwettbewerbe, allen voran der Fußball natürlich.

„Diese Großsportanlage war für die damalige Zeit wirklich etwas Besonderes“, sagt Ansgar Molzberger vom Institut für Sportgeschichte an der Deutschen Sporthochschule, die ebenfalls im Müngersdorfer Sportpark beheimatet ist.

Die Zeiten waren nicht weniger außergewöhnlich. Tausende Erwerbslose wurden in Form von „Notstandarbeiten“ auf der Baustelle eingesetzt. Das Geld, das die Stadt für den Bau aufzubringen hatte, wurde durch Anleihen finanziert. Diese Schulden fielen im Zuge der Währungsreform vom November 1923 weg. Der Stadt seien so gut wie keine Kosten entstanden, so Ansgar Molzberger: „Das war wenigstens ein Vorteil der galoppierenden Inflation.“

Günstige Fitnessprogramme für die ganze Bevölkerung

Carl Diem, damals Generalsekretär des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen und späterer Gründer der Sporthochschule, stellte in den 1920er Jahren die Richtlinie auf, wonach jeder Einwohner einer Stadt das Recht haben solle auf mindestens drei Quadratmeter kommunale Spiel- und Sportfläche. Mit dem Sportpark übertraf Köln dieses Ziel als eine der ersten deutschen Städte im Reich. Neben Fußballspielen und Leichtathletik-Wettkämpfen zählten „Stadion-Kurse“ für die breite Bevölkerung zum Programm – günstige Fitnessangebote für jedermann.

„Der Sportpark wurde eine Art Musteranlage, wie man es richtig macht“, so Ansgar Molzberger. Aber nicht nur der Gesundheit sollte der Sport dienen. Nach der Schmach des verlorenen Ersten Weltkriegs hatte er auch eine politische Dimension. Die „Kölnische Zeitung“ schrieb 1923 pathetisch von einer „„Lehr- und Bildungsstätte, nicht nur für Köln und für den Westen“, sondern „für unser gesamtes Vaterland“.

Grundstruktur des Sportparks Müngersdorf bis heute nahezu gleich

Auf dem Standort der ersten Radrennbahn entsteht aktuell der dritte Nachfolgebau. Wo früher das Oval der Hauptkampfbahn stand, bildet heute das eckige Rhein-Energie-Stadion das Zentrum der Anlage. Doch die Grundstruktur des Sportparks hat sich bis heute kaum verändert – auch wenn von der ursprünglichen Bausubstanz nur noch ein kleines Diensthäuschen an der Aachener Straße übrig geblieben ist. Von hier aus geht der Besucher wie in den 1920er Jahren über die weitläufigen Vorwiesen auf die beiden Entree-Bauten des Stadions zu.

1928 wurden sie nach Entwürfen des Kölner Stadtbaudirektors Adolf Abel mit Umkleideräumen für 4000 Menschen, Räumen für die Verwaltung oder den Sanitätsdienst sowie zwei Sporthallen fertiggestellt. Mit ihren schlanken, von Ziegeln ummantelten Betonpfeilern ähnelten sie Abels „Staatenhaus“ im Rheinpark, sagt Ulrich Krings: „Das ist eine ganz elegante Architektur.“ Weil der Sportpark im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört wurde, zog die Sporthochschule in ihrem Gründungsjahr 1947 in die Abel-Bauten ein, bevor sie in den 1960er Jahren ihren eigenen Campus im Westen des Parks bekam.

Die Nazis vereinnahmten den Sport in Köln zwischen 1933 und 1945

Zwischen 1933 und 1945 wurde auch in Köln der Sport von den Nationalsozialisten vereinnahmt. Die künftige Wehrfähigkeit der Bevölkerung spielte eine wichtige Rolle. Im Sportpark entstanden ein Kleinkaliberschießplatz und ein Geländesportplatz. Der Kölner Radsport-Star Toni Merkens kam 1936 von den Olympischen Spielen nicht nur mit einer Goldmedaille, sondern auch mit einer jungen Stileiche zurück, die damals jedem Goldmedaillen-Gewinner überreicht wurde. Bei einem großen Empfang pflanzte der „Tünn“ das Bäumchen neben der Radrennbahn in die Erde, wo sie noch heute steht. Juden hingegen wurden mehr und mehr aus dem Sportleben ausgeschlossen. 1941 wurde im nördlichen Teil des Sportparks in der ehemaligen preußischen Fortanlage V ein Deportationslager für mehrere tausend Juden eingerichtet, die von dort aus in Konzentrationslager und Vernichtungslager gebracht wurden. Auch dorthin führt Ansgar Molzberger seine Studenten, wenn er ihnen die Geschichte des Sportparks erklärt.

Als ehemaliger Organisator der Olympischen Spiele von 1936 war Carl Diem später hochumstritten. Die Sporthochschule, die er ab 1947 aufbaute, markierte nach dem Krieg jedoch einen Neuanfang. Kinder und Jugendliche dürften sportlich nicht mehr so gedrillt werden wie in den Nazi-Jahren, lautete das Credo. „Die Spoho sollte demokratisch ausgebildete Sportlehrer an die Hochschulen schicken“, sagt Ansgar Molzberger. Einen anderen Neuanfang gab es 1948. Es war das Geburtsjahr des 1. FC Köln, der seitdem seine Heimspiele ganz tief im Kölner Westen austrägt.