Rezept aus einem Uralt-US-KochbuchWie aus einer Kölner Steuerberaterin eine Bananenbrot-Unternehmerin wurde

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Bettina Kehren in ihrer kleinen Backstube

Bettina Kehren in ihrer kleinen Backstube

Bettina Kehrens Geschichte ihrer beruflichen Neuausrichtung erinnert an sonntägliche Rosamunde-Pilcher-Filme – im echten Leben.

Irgendwie hört sich diese Geschichte an wie ein Drehbuch zu einer Rosamunde-Pilcher-Schmonzette für den Sonntagabend: Erfolgreiche Steuerberaterin mit 14 Angestellten möchte mit Mitte 40 noch einmal eine neue Herausforderung und beschließt, eine Firma mit selbstgebackenem Bananenbrot zu gründen.

Das Rezept dazu hat sie nach 30 Jahren in einem alten US-Kochbuch zufällig wiederentdeckt – und die freundlichen Menschen auf dem Braunsfelder Wochenmarkt, wo sie das Brot anbot, waren begeistert. Und so baute sie ihre Waschküche zu einer kleinen Backstube um. Dort verarbeitet sie nicht mehr verkäufliche, überreife Bananen. Außerdem spendet sie an eine Organisation, die Essen für Grundschulkinder verteilt. Und schon bald springt eine große Supermarktkette an. Geigen! Abspann mit Blick aufs Meer!

Derzeit schafft sie 500 Bananenbrote in der Woche

Bettina Kehren muss selbst lachen, wenn sie das hört. „Ja, ich sah mich auch schon in Latzhose und mehlbestäubt in einem Cottage in Cornwall stehen und backen. Aber so rosarot ist das natürlich alles nicht. Und ich muss auch gar nicht nach Cornwall, das weiß ich inzwischen.“ In der Tat ist der historische Vierkanthof in Widdersdorf, in dem sie mit Mann und sechs Jahre altem Sohn wohnt, ausreichend idyllisch.

Blumen und Grün im Innenhof des Vierkanthofs in Widdersdorf

Bettina Kehren wohnt im historischen Vierkanthof in Widdersdorf.

Die Einzelheiten des Drehbuchs stimmen, doch die Geschichte hatte „sehr viele Höhen und Tiefen“ und brachte manche Erschöpfungszustände, sagt sie. Es dauerte neun Monate, bis 2022 die Marke „Mimilicious“ (zusammengesetzt aus ihrem Spitznamen Mimi und delicious, also köstlich) stand. Wobei das Backen die wenigsten Probleme machte. Businessplan, Gesundheitsamt, Verpackungslizenzen, Design, Lebensmittellabor, Hygienevorschriften für die Backstube – alles fraß viel Zeit.

500 Bananenbrote in Geschmacksrichtungen wie Classic, Salted Caramel, Blueberry und Apple schafft sie derzeit pro Woche. Seit kurzem hat sie eine erste Vollzeitmitarbeiterin und eine Profi-Backstube in Widdersdorf („Da hat der Salvatore bisher Mandelgebäck gemacht“) angemietet, in der 1000 Bananenbrote am Tag produziert werden könnten. Durch viel Einsatz hat sie es auch erreicht, Rewe von ihrem Produkt überzeugen. Ihr Brot liegt nun in 25 Filialen in den Regalen.

Bettina Kehren liefert die Bananenbrote selbst an die Rewe-Filialen aus

Die Ware muss sie allerdings selbst dort anliefern – und schaut auch nach, ob sie richtig platziert ist. „Das Bananenbrot muss gekühlt werden, das ist nicht allen klar.“ Es wurde auch schon neben „Knack und Back“ eingeordnet. „Weil man dachte, das muss noch aufgebacken werden.“ Die nicht verkäuflichen Bananen für den Teig nimmt sie auf der Runde dann gleich mit.

Bettina Kehrens Firma ist eine gemeinnützige GmbH, die Erträge werden also ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet. Derzeit ist das Ergebnis „plus minus null“. Als Steuerberaterin arbeitet sie weiterhin, wenn auch leicht reduziert. „Ich bin sehr froh, dass ich die Kanzlei habe.“ Ein Start-up ist eben oft eine wackelige Sache und der ganz große Bananenbrot-Hype fand zu Beginn der Pandemie statt. 

„Und es ist natürlich auch keine Diätnahrung. Aber Eier, Butter und Zucker geben sehr viel Power und tun einfach gut.“ Parallel arbeitet sie aber auch an einer veganen Variante. Um irgendwann einmal 1000 Stück am Tag backen zu können, sucht Bettina Kehren nun Personal. Und hat schon neue Ideen: zum Beispiel Back-Vormittage mit Grundschülern, damit die sehen, wie so ein Brot entsteht.

„Die Firma ist eine Herzensangelegenheit. Wenn es gar nicht klappt, dann mache ich den Laden wieder zu. Zumindest habe ich dann einen Fußabdruck hinterlassen.“ Das klingt dann doch wieder nach Rosamunde Pilcher.

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