MercedesEin Kölner und sein Baby-Benz aus goldenen Zeiten

Markus Lobach will seinen Mercedes 190 E so lange fahren, wie er kann. Das Auto hat jedenfalls gute Voraussetzungen dafür, alt zu werden.
Copyright: Thomas Banneyer
Köln – Ein altes Auto in dieser Farbe und in diesem Zustand – da kann es sich ja nur um einen betagteren Besitzer mit viel Zeit für Lackpflege handeln. Bis vor kurzem gehörte der Mercedes 190 in edler Champagner-Farbgebung tatsächlich einer über 90-jährigen Dame. Doch nun sitzt Markus Lobach, 37, am Steuer des goldigen „Baby-Benz“, mit dem Mercedes ab 1982 sein Angebot nach unten abrundete.
Der junge Angestellte eines Sanitätshauses war glücklich, einen so gut erhaltenen Vertreter jener Mercedes-Generation gefunden zu haben, die ihn schon als Jugendlichen faszinierte. Als seine Eltern einen klapprigen VW Jetta fuhren, hatten Freunde einen Mercedes vom Typ W 124, der eine Klasse größer war als der 190er. Die Limousine aus den 1980er Jahren begeisterte Lobach mit ihrem ruhigen Dahingleiten und den bequemen Federkernsitzen. Diese Wohnzimmer-Behaglichkeit kann sich Markus Lobach nun jeden Tag gönnen. Denn sein Mercedes 190 E aus dem Jahr 1986 ist zwar kleiner als der W 124, aber nicht weniger komfortabel.

Auch der Innenraum des kleinen Mercedes ist top-gepflegt.
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Deshalb habe ich ihn
Die Mercedes aus den 1980er Jahren sind komfortabel und solide – mit ein bisschen Pflege sind die nicht kaputt zu kriegen. Und die Ersatzteillage ist sehr gut. Vor etwa 15 Jahren habe ich damit begonnen, im Internet nach Mercedes-Angeboten zu stöbern. Mein 190er war allerdings das Auto einer Kundin des Sanitätshauses, in dem ich arbeite. Die alte Dame hatte ihren Rollator bei uns in Reparatur und bat darum, dass ich ihn danach in ihre Garage stelle. Da stand dann dieser Benz. Ich war hin und weg. Mir hat das Gesamtpaket gefallen: Der Wagen war in einem sehr guten Zustand und hatte noch das alte DIN-Kennzeichen mit dem Siegel der Stadt Köln, das vor rund 20 Jahren zugunsten des Kennzeichens mit Europa-Plakette ausgetauscht wurde. Dieses Kennzeichen ist wirklich eine Rarität. Es zeigt, dass meine Kundin die Erstbesitzerin des Wagens war. Ihr Mann hatte das Auto 1986 für 41 509,91 D-Mark beim Mercedes-Händler am Gleisdreieck gekauft. Der Zustand des Autos ist fast so wie am ersten Tag.
Das kann er
Der Benz ist nun schon 32 Jahre alt, unterscheidet sich aber kaum von einem modernen Auto. Man kann damit ohne Probleme lange Strecken fahren. Er ist ein absolut zuverlässiger Alltags-Oldie. Damals haben bei Mercedes noch die Ingenieure das Sagen gehabt, heute sind es wohl eher die Controller, die über die Kosten wachen. Ein Getriebe etwa wurde damals noch für die Ewigkeit konstruiert. Der Rostschutz war bei Mercedes Mitte der 1980er Jahre auch schon sehr gut, ich habe den Eindruck, dass mehr Wachs in die Autos gepumpt wurde als heute. Passend zur Farbe meines 190er waren es die goldenen Jahre des Automobilbaus.

Der Stern fährt immer mit
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Das kann er nicht
ABS und Airbags hätte es zwar damals gegeben, aber solche Extras mussten teuer bezahlt werden. Die Vorbesitzer haben das Geld lieber in ein Schiebedach, elektrisch verstellbare Außenspiegel oder eine Klimaanlage gesteckt, die sie für 5100 D-Mark nachträglich einbauen ließen. Die Sicherheitsfeatures sind also überschaubar. Trotzdem fühle ich mich nicht unsicher, so ein Benz ist eine feste Burg. Der 190er läutete 1982 mit seiner aerodynamischen Form und den vielen Kunststoff-Anbauten eine neue Formensprache ein, die für die eher konservative Mercedes-Klientel sehr gewöhnungsbedürftig war. Wegen des Chrom-Mangels halten ihn viele Menschen noch nicht für einen Oldtimer. Aber mittlerweile wissen immer mehr einen gut erhaltenen 190er zu schätzen.

Das alte Din-Kennzeichen ist eine Rarität.
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Das habe ich für ihn getan
Ich habe die Kundin, die mittlerweile 92 Jahre alt ist, im halbjährlichen Rhythmus angerufen und gefragt, was denn ihr Auto macht. Sie wusste zwar, dass ich daran interessiert war, blieb aber hartnäckig. Im Sommer 2017 hatte sie dann einen Unfall, weshalb die komplette rechte Seite des Wagens neu lackiert werden musste. Sie hat wohl gemerkt, dass sie nicht mehr Auto fahren sollte und bot mir den Benz an. Das war für mich natürlich ein großer Glückstag. Ich bin mir sicher, dass ich den Wagen nie mehr abgeben werde, so etwas gibt es kein zweites Mal. Es ist wirklich schwer geworden, einen guten Mercedes aus den 1980er Jahren zu finden. Damit der Benz so bleibt, ist allerdings ein bisschen Pflege notwendig. Ich wachse den Lack zwei Mal pro Jahr, den Unterboden habe ich mit Fluid-Film, einem Rostschutzmittel, konserviert. Ansonsten ist die übliche Wartung fällig.
Das haben wir erlebt
Ich besitze den Wagen jetzt seit Oktober vergangenen Jahres und fahre ihn im Alltag, so lange es trocken ist und kein Streusalz auf der Straße liegt. Immer wieder werde ich auf das Auto angesprochen, viele ehemalige 190er-Besitzer trauern dem Wagen nach oder bewundern die gut erhaltene Farbe, die bei Mercedes Champagner heißt und 1010 D-Mark zusätzlich kostete. Die Innenausstattung passt farblich zum Lack. Zugegeben ist das eine nicht sehr aufregende Farbgebung, sehr konservativ jedenfalls, Aber das zeichnet dieses Auto eben aus.
Das haben wir vor
Ich werde den Wagen hohlraumversiegeln und mit ihm alt werden. Mit 92 werde ich ihn dann dem jungen Angestellten des Sanitätshauses meines Vertrauens für einen guten Preis überlassen.