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Mord-BefehlHells Angels-Präsident festgenommen

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Der Ex-Präsident der Hells Angels Cologne ist festgenommen worden.

Köln – Um 5.10 Uhr verlässt Jörg M. (Name geändert) am Freitagmorgen sein Haus in Frechen, um zur Arbeit zu fahren. Weit kommt der 50-Jährige nicht. Auf der Straße wartet die Polizei. Die Beamten präsentieren dem ehemaligen Präsidenten der seit Mai verbotenen Hells Angels Cologne einen Haftbefehl. Der Vorwurf: versuchte Anstiftung zum Mord. Widerstandlos lässt der stämmige Rocker sich abführen. Es geht ins Polizeipräsidium nach Kalk. Am Nachmittag schickt ein Richter M. in Untersuchungshaft.

Als „Meilenstein“ im Kampf gegen die Rockerkriminalität bezeichnet Kölns Kripochef Norbert Wagner die Verhaftung. „Wir haben den Verdacht begründet, dass er der Drahtzieher ist; dass er als Präsident eines Charters angeordnet hat, jemanden schwer zu verletzen oder sogar zu töten.“ Jörg M. soll einem Hells-Angels-Mitglied befohlen haben, einen verfeindeten Rocker der Bandidos anzugreifen. Laut Polizei geschah das am 30. März, jenem Abend, an dem sich 160 Angels und Bandidos vor dem Hotel Maritim in der Altstadt gegenüber gestanden hatten. Die Polizisten fanden später mehr als 160 Waffen, darunter Messer und Totschläger, in einem Gebüsch, ein Schwert in einem Mülleimer, mit Sand gefüllte Handschuhe, eine Axt, Schlagringe und Pfefferspray.

Jörg M. soll seinen Mitstreiter seinerzeit aufgefordert haben, „dem erstbesten Bandido ein Messer in den Hals zu rammen“, berichtete Polizeisprecher Wolfgang Baldes. Mit dieser Aktion habe M. Gebietsansprüche der Hells Angels in Köln dokumentieren und Rache nehmen wollen für den Angriff auf einen seiner Kameraden – Bandidos sollen den Mann im Januar in Mönchengladbach lebensgefährlich mit einem Messer verletzt haben. Zu der von M. befohlenen Attacke vor dem Maritim sei es nur deshalb nicht gekommen, „weil die Polizei mit starkem Aufgebot eine Eskalation verhindert hatte“, so Baldes. „Wäre die Hundertschaft nicht so schnell da gewesen, hätte es eine Schlacht von denkwürdigem Ausmaß gegeben“, sagte ein Ermittler damals.

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Und es stehen weitere Vorwürfe gegen den 50-jährigen M. im Raum. Nach Recherchen der Ermittler soll er im September 2010 am Überfall auf Mitglieder des Motorradclubs „Outlaws Germany MC Leverkusen“ beteiligt gewesen sein. Mehrere Outlaws waren vor einer Tankstelle in Frechen mit Eisenstangen und einem Wagenheber angegriffen worden. Einer wurde durch einen Messerstich in die Schulter verletzt. Drei Tage nach dem Verbot der Hells Angels durch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am 3. Mai soll Jörg M. erneut aufgefallen sein: Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wollten die Hells Angels einen Mann bestrafen, der vom Angels-Unterstützerclub „Red Army Support 81“ zu der Türsteher-Gang „Black Jackets“ übergelaufen war – einer Bande, die Mitte der 80er Jahre in Süddeutschland gegründet wurde und inzwischen 50 Niederlassungen weltweit hat. Jörg M. soll die Vergeltungsaktion persönlich befohlen und angeführt haben. In der Nacht zum 6. Mai wähnte er den Abtrünnigen in einer Kneipe am Alter Markt. M. soll zwei Komplizen beauftragt haben, ihm eine Lektion zu erteilen – doch die Schläger sollen nicht an den Türstehern vorbei gekommen sein.

Weitere vier Tage später soll M. im Internet T-Shirts angeboten haben mit dem Konterfei von Innenminister Ralf Jäger. Wer wolle, heißt es auf der Seite noch heute, könne den Aufdruck „Lust auf Jägerschnitzel?“ dazu buchen. „Wir haben hier nicht irgendwen wegen irgendeiner Lappalie verhaftet“, sagte Kripochef Wagner, „sondern einen führenden Boss der Hells Angels wegen versuchter Anstiftung zum Mord. Das ist schon etwas Besonderes.“ Die Ermittlungen innerhalb der als extrem verschwiegen geltenden Szene seien zwar mitunter „kleinteilig und langwierig“, sagte Wagner, „aber nachhaltig“.