„Wir sind Versuchskaninchen“Steb informiert Stammheimer über geplantes Windrad und erntet Kritik

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Das Großklärwerk der Stadtentwässerungsbetriebe (Steb) in Köln-Stammheim.

Das Großklärwerk der Stadtentwässerungsbetriebe (Steb) in Köln-Stammheim.

Die Steb Köln plant ein 150 Meter großes Windrad in Stammheim – Bürgerinnen und Bürger wehren sich dagegen.

Die Stadtentwässerungsbetriebe Köln (Steb Köln) planen eine Windenergieanlage auf dem Großklärwerk Köln-Stammheim. Am Mittwoch luden sie zu einer Bürgerinformationsveranstaltung, stellten den neuesten Stand der Machbarkeitsstudie vor und beantworteten Fragen. Bei den Zuhörerinnen und Zuhörern wurden Unmut, Sorgen und Wut laut.

Steb Köln plant ein 150-Meter-großes Windrad in Stammheim

150 Meter groß soll das Windrad werden. Der Mindestabstand zur umliegenden Wohnbebauung soll bei 550 Metern liegen, mehr als der  erforderliche Mindestabstand, sagt Christian Gattke, Leiter des Geschäftsbereichs „Wasserwirtschaftliche Grundlagen und Investitionen“ der Steb Köln. Auch bei der Geräuschentwicklung liege man vermutlich unter den zulässigen Maximalwerten. Bloß beim Schattenwurf werde die maximale Dauer von 30 Stunden pro Jahr überschritten. Das Windrad müsse deshalb zeitweise abgeschaltet werden.

Mit der Machbarkeitsstudie prüfe man zunächst, ob die Steb das Projekt der Windenergieanlage überhaupt angehen könnte, stellt Gattke klar. „Wir sind noch nicht im Projekt drin“. Laut jetzigem Stand der Studie spreche jedoch nichts dagegen. Die Anlage könnte künftig gut 18% des steigenden Energiebedarfs des Klärwerks decken. Zudem könne durch den Bau des Windrads die Stromerzeugung mithilfe von Klärgas reduziert werden. Dieses überschüssige Gas könne stattdessen der Stadt zur Verfügung gestellt werden und somit einen Beitrag zur angestrebten Klimaneutralität leisten.

Bürgerinnen und Bürger bitten, von Bau abzulassen

Um den Naturschutz zu berücksichtigen, haben die Steb eine so genannte avifaunistische Kartierung in Auftrag gegeben. In Abstimmung mit Naturschutzbehörden wurden dafür kollisionsgefährdete Vogelarten in der Umgebung bestimmt und beobachtet. Auch hier spreche bisher nichts gegen den Bau des Windrads, berichtet Nicole Mahler, Landwirtschaftsarchitektin der beauftragten Björnsen Beratende Ingenieure GmbH. Weitere Prüfungen stehen noch aus und die Beobachtung von Fledermäusen soll erst stattfinden, wenn die Anlage bereits gebaut ist.

Den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern ist unter anderem dies ein Dorn in Auge. Zwar gibt es auch einige Befürworter, die sich bei der Steb für ihre Transparenz und ihren Klimaschutzeinsatz bedanken, doch die Grundstimmung im Raum ist aufgeladen. „Es wird hier mit dem Spitzenbleistift herumgerechnet, damit es irgendwie passt, und dabei werden die Bürger komplett außer Acht gelassen“, heißt es in einer Wortmeldung. Die Stammheimerinnen und Stammheimer fühlen sich, so wird schnell deutlich, überrannt und vernachlässigt – und bitten ausdrücklich, von dem Vorhaben abzulassen.

Genehmigungsverfahren steht aus

Ein großes Thema bleibt der Natur- und Vogelschutz. In der Kartierung wurden keine Zugvögel und Fledermäuse betrachtet, für die Bewohnerinnen und Bewohner ist das ein Unding. Außerdem wurde  beim Standpunkt des Windrads zwar der Abstand zur Bebauung beachtet, nicht aber der Abstand zum Naturschutzgebiet, das auch als Erholungsort dient. Dieser betrifft in der Planung genau 60 Meter, also die Länge der Rotorblätter. Auch Lärm und Infraschall machen große Sorgen. „Ich habe das Gefühl, dass wir hier Versuchskaninchen sind für etwas, bei dem wir nicht wissen, wie es unsere Gesundheit und unsere Lebensqualität beeinträchtigt“, sagt eine Bürgerin.

Alles sei mit den Behörden abgesprochen und entspreche den Vorgaben, heißt es von Gattke und Mahler. Darauf folgt Gelächter: Den Behörden traue man schon lange nicht mehr. Einige Punkte, wie der Abstand zum Bootshaus, das auch Wohnbebauung sei, sollen nun noch durch die Anregung der Bürger nachgeprüft werden. Ob die Windenergieanlage schlussendlich gebaut wird, zeigt sich spätestens im Genehmigungsverfahren. Die bereits untersuchten Aspekte würden dann nochmal unter die Lupe genommen. „Wenn es nicht geht, geht es nicht“, sagt Gattke.

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