„Nein, wir sind nicht erpressbar“Kölner Baudezernent verteidigt das neue Höhenkonzept

Lesezeit 7 Minuten
Skyline

Ein Teil der Kölner Skyline.

Köln – Was hat die Stadt Köln mit dem neuen Höhenkonzept vor? Wird es nur ein loses Regelwerk, das den Investoren viel Verhandlungsspielraum lässt, wo sie Hochhäsuer bauen können? Oder wird es strenge Vorgaben geben? Dazu äußert sich Baudezernent Markus Greitemann im Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" – und auch zur Frage, ob in Köln höher als der Dom gebaut werden sollte.

Herr Greitemann, warum will die Stadt Köln im neuen Höhenkonzept nur in „relativ groben“ Kriterien festlegen, wo wie hoch in Köln gebaut werden darf?

Markus Greitemann: Zunächst einmal ist die Frage, was heißt „relativ grob“ und was heißt „relativ fein“? Grundsätzlich haben wir zwei Ebenen, anhand derer wir Hochhaus-Entwicklungen in Köln bewerten. Einmal die räumliche, also an welchem Standort ein Hochhaus wie hoch gebaut werden darf. Zweitens die qualitative Ebene, das heißt, wie Verfahren für solche Hochpunkte durchgeführt werden.

Welche Qualitäten braucht ein Hochhaus in Köln?

Dabei geht es vor allem um städtebauliche, klimatische Anforderungen und Kriterien der Mobilität.

Was bedeutet das konkret?

Wir fordern von Investoren Studien zur Verschattung, zur Auswirkung auf das Stadtklima, auf den Verkehr, Personenflüsse zum und vom Hochhaus weg. Das sind unter anderem Kriterien, die es zu prüfen gilt. All das müssen uns Hochhaus-Entwickler darlegen, genauso wie die städtebaulichen Auswirkungen auf die Stadt und die Stadtsilhouette.

Das sind die Qualitätskriterien. Aber zurück zu den Zonen, wo wie hoch gebaut werden darf. Warum soll nur „relativ grob“ festgelegt werden, wo wie hoch gebaut werden darf?

Zunächst mal: Wir haben jetzt schon Richtlinien für die Stadt. Es gibt das Höhenkonzept für die Innenstadt von 2007, wir haben die Pufferzone rund um den Dom und wir haben das Schüsselprinzip von 1973 (grob gesagt sollen die Hochhäuser am Stadtrand höher als innen sein, Anmerkung der Redaktion), dazu kommt der Sternenplan mit den untersuchten Sichtachsen auf den Dom.

Und was meint „relativ grob“? Das klingt nach wenig Regeln für Investoren.

Nein. Nach unseren Vorstellungen soll es im Bereich bis zum äußeren Grüngürtels Verbotszonen geben für Hochhäuser, sogenannte Negativzonen. Gleichzeitig werden wir Positivzonen entwickeln und diskutieren, in denen Hochhäuser erlaubt sein sollen. Wie die konkret aussehen, ist dann das Ergebnis des politischen Prozesses im Stadtrat. Wir als Stadtverwaltung werden auch Vorschläge machen, wo wir uns in den Positivzonen maximale Höhen für Hochhäuser vorstellen können.

Stellt sich die Frage, wie viele Zonen es mit Verboten gibt. Das entscheidet ja darüber, wie streng das Konzept ist.

Da habe ich meine klaren Vorstellungen. Dazu habe ich mich mit namhaften aktiven Kollegen ausgetauscht. Es wird dabei um den inneren Kern der Stadt gehen. Aber letztlich wird die Politik entscheiden, wenn auch auf Grundlage unserer Vorschläge.

Werden die Zonen, in denen Hochhäuser erlaubt sind, nochmal unterteilt? Also nach sehr hohen Hochhäusern und etwas kleineren Gebäuden?

Davon gehe ich aus. Ich stelle mir unterschiedliche Zonen vor. Es wird beispielsweise Zonen geben, in denen wir die maximale Höhe bestimmen. So möchte ich es zumindest im nächsten Jahr in den Stadtrat einbringen. Dann entscheidet die Politik, wo wie hoch gebaut werden darf. Ich persönlich kann mir in ganz bestimmen Zonen in dieser Stadt hohe Häuser vorstellen. Aber auch wenn das Höhenkonzept mit maximalen Höhen in bestimmten Zonen vorliegt, werden wir im Einzelfall und in separaten Wettbewerben mit Städtebauern und Architekten prüfen, was an den einzelnen Standorten im Detail möglich ist.

Warum folgen diese Einzelfall-Entscheidungen?

Wir können nicht im Vorfeld die ganze Stadt in Bezug auf beispielsweise die nötigen Fallwind-, Verschattungsstudien und Mobilitätskonzepte untersuchen. Für das Höhenkonzept werden wir dies grob prüfen lassen Das heißt nicht, dass plötzlich jeder Investor einen Freifahrtschein für einen 120-Meter-Turm hat, wenn an einer Stelle 120 Meter grundsätzlich erlaubt sind. Das entscheidet sich immer in Wettbewerben. Das Konzept macht lediglich deutlich, wo wir solche Türme haben können und wollen.

Linke und SPD hatten Ihnen vorgeworfen, den Investoren auf den Leim zu gehen, eben weil die Stadt sich eine gewisse Flexibilität von dem Konzept verspricht.

Nein. Das tun wir nicht. Ein Beispiel ist der Mülheimer Süden. Wir haben den Investoren deutlich gezeigt, dass eine Entwicklung nur nach unseren städtebaulichen Vorstellungen und stadtentwicklungspolitischen Zielen umsetzbar ist. Wir lassen uns nicht von Investoren vorschreiben, wie die Kölner Stadtsilhouette aussehen soll. Sie ist mir extrem wichtig.

Wer ein Grundstück in einer Negativzone besitzt, kann kein Hochhaus bauen?

Richtig, so ist der Ansatz.

Und das hält die Stadt durch?

Das hoffe ich doch sehr.

Und wie sieht es vor Gericht aus? Das Höhenkonzept Innenstadt ist vor Gericht schon mal ausgehebelt worden. Ist das neue Konzept gerichtsfest?

Das ist der Plan, und ich gehe davon aus, dass das dann anderes läuft und nicht vor Gericht gekippt werden kann.

Sollte man in Köln höher bauen als 157 Meter? So hoch ist der Dom.

Nach meiner persönlichen und fachlichen Vorstellung nicht.

Das Kölner Höhenkonzept

2020 hat der Stadtrat die Verwaltung beauftragt, ein neues Höhenkonzept für das Kölner Stadtgebiet innerhalb des Äußeren Grüngürtels auf beiden Rheinseiten zu erstellen.

Das bisherige Konzept aus dem Jahr 2007 regelt – grob gesagt – nur die linksrheinische Innenstadt. Der Rat hatte es eingeführt, um die romanischen Kirchen und den Dom zu schützen. Es legte fest, wo Häuser höher als zwischen 13,50 und 22,50 Metern sein dürfen. Allerdings kann der Rat Ausnahmen machen, auch vor Gericht hielt es nicht stand. Deshalb teilte die Verwaltung mit: „Auch ein beschlossenes Höhenkonzept bedeutet daher nicht unbedingt, dass jegliche Diskussionen beendet sind.“

In dem neuen Konzept sollen Qualitätskriterien für neue Hochhäuser entwickelt werden. Der Antrag stammte – anders als üblich – von vielen Fraktionen gemeinsam, die sich zusammengetan hatten: Grüne, CDU, SPD, Linke und FDP. Darin heißt es: „Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und vor dem Hintergrund eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden ist es notwendig, die bisherigen Regeln für den historischen Kern um ein Konzept für die Höhenentwicklung im Bereich der Inneren Stadt zu ergänzen.“

Die Verwaltung hat nun mitgeteilt, dass sie die Kriterien innerhalb eines Jahres erstellen könnte. Die Frage, wo wie hoch gebaut werden darf, will sie laut eigener Aussage aber „relativ grob“ fassen, sie verspricht sich davon mehr Flexibilität. (mhe)

Die Kölner Politik hat das neue Konzept im Frühjahr 2020 in Auftrag gegeben. Jetzt ist es mehr als zwei Jahre später. Richtig flott ist das nicht.

Ja, das ist richtig und das sage ich ganz deutlich: Corona hat in den vergangenen zwei Jahren viele Themen verzögert. Zudem hat die Stadtplanung viele Aufgaben auf dem Tisch. Unter diesen Rahmenbedingungen mussten wir priorisieren und haben das Höhenkonzept nicht mit der Intensität vorangebracht, wie ich mir das gewünscht hätte. Dazu stehe ich.

Was ist mit aktuellen Hochhausplänen wie der DEVK oder am Colonius?

Das neue Justizzentrum an der Luxemburger Straße, das Hochhaus am Colonius und auch die Pläne der DEVK sind für uns Fallstudien, wie wir zukünftig methodisch die Entscheidung und Umsetzung über Hochhäuser in der Stadt treffen. Wir treiben sie parallel zum Höhenkonzept voran und arbeiten sie ein.

Diese drei dürfen also noch bauen. Gibt es noch weitere solcher Fallbeispiel, bis das neue Höhenkonzept vorliegt? Die also noch planen, bevor das Höhenkonzept möglicherweise ein Hochhaus verhindert?

Ich kenne keine, die nicht schon bekannt und im Verfahren sind.

Aber wenn Sie sich etwa die Diskussion um die DEVK anschauen: Die Stadt wird dabei doch von den Investoren vor sich hergetrieben. Die DEVK hat mit Wegzug gedroht.

Nein. Ich werde nicht getrieben. Und wenn manch einer in der Stadtgesellschaft glaubt, wir wären von Investoren erpressbar, dann sage ich: Nein, wir sind nicht erpressbar. Wir verhandeln mit den Investoren, um das Beste für die Stadt auf Grundlage der städtebaulichen Ziele für Köln zu erreichen. Als Verwaltung handeln wir grundsätzlich zum Wohle der Allgemeinheit.

Aktuell wirkt der Hochhaus-Bau in Köln trotzdem wie eine Verhandlungssache.

Nein, das ist falsch. Für alle aktuellen Pläne und auch zukünftigen braucht es einen Bebauungsplan. Es ist Sache des Stadtrates auf Grundlage unserer Vorschläge souverän zu entscheiden. Ein Kriterium für diese Entscheidungen wird zukünftig das neue Höhenkonzept sein, damit wir einen ganzheitlichen Blick auf die Stadt bekommen. Das Höhenkonzept muss auch Teil des  Masterplans für das Welterbe Kölner Dom, und Teil der Kölner Stadtstrategie 2030+ werden, genauso wie der Kölner Dichtekatalog, der sich aktuell parallel in der Bearbeitung befindet.

KStA abonnieren