Anwohner in Köln-Mauenheim sauer„Unmittelbare Zwangsmaßnahme gegen Gartenzwerge“

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf die Reihenhaus-Vorgärten an der Etzelstraße. Der strittige Streifen liegt hinter den Gartenzäunen der Häuser.

Blick auf die Reihenhaus-Vorgärten an der Etzelstraße. Der strittige Streifen liegt hinter den Gartenzäunen der Häuser.

Köln-Mauenheim – Der Gruppe von Nachbarn an der Etzelstraße in der Mauenheimer Nibelungensiedlung bleibt nur noch Sarkasmus: die Stadt sei bei „unmittelbaren Zwangsmaßnahmen gegen Gartenzwerge“ angelangt. Seit fast 100 Jahren besteht das Reihenhaus-Ensemble im Westen von Kölns kleinstem Stadtteil; laut Darstellung der Stadt liege jedoch ein rund 1,50 Meter breiter Streifen entlang der Straße, auf dem Vorgärten und Zäune der Häuser liegen, in städtischem Eigentum. Vor genau einem Jahr bekamen die 64 Anlieger-Haushalte ein Schreiben des städtischen Umlegungsausschusses mit der Aufforderung, die jeweiligen Parzellen zu rund 300 Euro pro Quadratmeter zu kaufen – denn derzeit seien ihre Häuser nicht erschlossen, der schmale Streifen der Stadt liege ja zwischen Grundstück und Straße. Auf die Eigner eines typischen Hausgrundstücks kämen so rund 4000 Euro zu. Doch nur eine Minderheit kam dem nach, der Rest schloss sich zusammen, begann zu zweifeln und sich zu wehren.

Das könnte Sie auch interessieren:

Anfang des Monats dann die Eskalation: Einige Anlieger bekamen über den von den Nachbarn gemeinsam beauftragten Rechtsanwalt Oliver Lind einen Brief des Liegenschaftsamtes, der ihnen eine Räumung in Aussicht stellte: Weil man nach wie vor nicht bereit sei, die Flächen zu kaufen, müsse man „einen Termin mit Ihnen vereinbaren, um die Modalitäten der Grundstücks-Rückgabe zu klären“, hieß es darin. Die Stadt will also offenbar die strittigen Teile der Vorgärten freiräumen lassen. Weiterhin hatte sie angekündigt, die Flächen in geräumtem Zustand „der freien Vermarktung“ zuzufügen. Wohlgemerkt: Es geht um einen langen, aber mit 1,50 Metern handtuchschmalen Geländestreifen, ein besserer Radweg.

Einige Anlieger und Mitstreiter sind entschlossen, sich weiterhin gegen die Forderung zur Wehr zu setzen.

Einige Anlieger und Mitstreiter sind entschlossen, sich weiterhin gegen die Forderung zur Wehr zu setzen.

Die Siedlung, erbaut von der GAG, wurde um 1924 fertig. Von Anfang an gehörten die Vorgärten in der jetzigen Form zum Ensemble, wie alte Fotos und Kaufverträge der Nachbarn nahelegen. Dort sind auch detaillierte Vorschriften zur Einfriedung und Pflege der Gärten enthalten. Die Stadt dagegen habe bislang keinen stichfesten Eigentums-Beweis vorgelegt – nur Luftbilder und Zeichnungen, zum Teil aus späteren Jahrzehnten.

Seit einem knappen Jahr hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Entwicklung des Streits, die Nachbartreffen und Ortstermine, im Stillen begleitet. Lind – ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht mit Kanzlei in Dortmund, der mit dem Liegenschaftsrecht auch durch seine kommunalpolitische Arbeit vertraut ist, versuchte den Streit erst einvernehmlich und ohne Aufsehen beizulegen. Etwa dadurch, die vermeintlich fehlende Erschließung der Grundstücke über die Grundbuchs-Eintragung einer Baulast mit Wegerecht für die Stadt zu regeln (wenn der Streifen tatsächlich städtisch ist). Denn auch damit wären die Häuser ans Straßenland angeschlossen. Eine verhältnismäßigere, bürgerfreundliche Lösung, findet er.

Stadt besteht auf Kauf oder Räumung

Doch darauf ließ sich die Stadt nicht ein. Sie vertritt weiter die Ansicht: Entweder Kauf oder Räumung. „Eine Räumung von Vorgärten-Parzellen wäre jedoch rein revanchistisch, und wohl auch um Nachbarn, die nicht kaufen wollen, ein Druckmittel entgegenzusetzen“, ist er überzeugt. „Es gibt auch keinen Haushaltsgrundsatz, der die Stadt zwingen würde, hier in der Siedlung verbrannte Erde zu hinterlassen.“ Er vermutet finanzielle Motive als einzigen Beweggrund; auf die gesamte Siedlung – mit gleicher Geschichte und Ausgangslage – hochgerechnet, könnte es um einen Millionenbetrag gehen.

Der Umlegungsausschuss

Der städtische Umlegungsausschuss hatte das Verfahren an der Etzelstraße in Gang gebracht. Er besteht aus fünf Mitgliedern, zwei davon aus dem Stadtrat. Er hat, vereinfacht gesagt, die Aufgabe, ungünstig geschnittene Grundstücke so neu zu ordnen, dass sie etwa für Bauvorhaben nutzbar werden. Das kann etwa durch Neuzuschnitt oder Eigentümer-Tausch geschehen.

Wichtig ist, dass der Umlegungsausschuss eigenständig und weisungsunabhängig arbeitet. Er tagt nichtöffentlich und ist nicht zu verwechseln mit einem Ratsausschuss – wie dem Finanz-, Verkehrs- oder Sportausschuss. (bes)

Allgemein moniert er eine fehlende Dialogbereitschaft seitens Ratsfraktionen und Verwaltung. Auch ein Antrag der Bezirksvertretung Nippes von September 2017 an die Verwaltung, mit Bitte um Information, Darlegung des Eigentums und Neuberechnung der Kaufpreise, wurde vom Liegenschaftsamt recht knapp beantwortet, nur auf das laufende Umlegungsverfahren hinweisend.

Nun wollen die Nachbarn es notfalls auf eine Räumungsklage ankommen lassen – die von Renate und Hans May in ihrem Vorgarten demonstrativ platzierten Gartenzwerge warten das Geschehen derweil lässig ab.

KStA abonnieren