Kölner Schulleiterin verabschiedet„Ich kann es mir noch nicht richtig vorstellen“

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Schulleiterin Heinke Zimmermann wurde von den Schülern mit einer Show verabschiedet. Foto: bes

  • Nach über 30 Jahren legt Heinke Zimmermann ihren Dienst an der städtischen Grundschule Garthestraße nieder.
  • Die Schülerschaft, das Kollegium und der Nippeser Bezirksbürgermeister verabschiedeten Zimmermann in den Ruhestand.
  • Im Interview hat sie mit uns über ihre Zeit als Schulleiterin, das digitale Lernen und das englische Partnerschul-Programm nach dem Brexit gesprochen.

Riehl –  „Heute Abend ab 24 Uhr bin ich Pensionärin – ich kann es mir selbst auch noch nicht richtig vorstellen“, resümierte Heinke Zimmermann. „Ich freue mich sehr auf meinen Ruhestand, vor allem dass ich nach dem Sonntagabend-Tatort nicht mehr an den Schreibtisch zurück muss. Aber ich gehe auch mit einem weinenden Auge.“ Mehr als drei Jahrzehnte hat sie das Leben an der städtischen Grundschule Garthestraße mitgestaltet – davon 20 Jahre als Schulleiterin.

Abschiedsvideo der 4. Klassen für Kölner Schulleiterin

Nun sagte ihre Schule ihr auf stimmungsvolle Weise Adieu: Mit zweitägigen Feierlichkeiten – einer von den Schülern vorbereiteten Überraschungs-Showgala in der Aula und dem offiziellen Abschiedsabend mit Lehrerkollegen und Wegbegleitern aus dem Veedel – war für einen wunderschönen und zugleich sentimentalen Ausstand gesorgt. Untermalt von „The Show Must Go On“ von Queen, einer ihrer Lieblingsbands, hatte die Jahrgangsstufe 4 ein Abschiedsvideo gedreht; die zweiten Klassen boten eine Bühnenshow und ein junges Talent unter ihnen bat sie sogar zum Tanz.

Der Schulchor führte eine musikalische „Reise durch die Jahreszeiten“ auf; ihr Kollegium bot eine Hippie-Rock-Bühnenshow. „Eine Stadt kann sich glücklich schätzen, so eine engagierte Person im Veedel zu haben“, lobte der Kölner Bürgermeister Ralf Heinen. „Wir gehen sozusagen am gleichen Tag in Pension, aber uns verbindet noch viel mehr“, blickte der Nippeser Bezirksbürgermeister Bernd Schößler zurück.

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Beide kennen sich nämlich noch von der Pädagogischen Hochschule, bevor der heutige Nippeser Bezirkschef aber von dort aus ins Taxigewerbe wechselte. „Dort begleitet man schließlich auch Menschen, wenn auch nicht ganz so lange“, scherzte er. Zimmermann war seit 1983 Lehrerin und begann mit einem Referendariat an der GGS Nesselrodestraße in Niehl. Wegen der damaligen „Lehrerschwemme“ sei die Stellensuche wesentlich schwieriger gewesen als heute, blickte sie zurück.

Heinke Zimmermann erhält Lob von Kölner Bürgermeister

1987 fing sie, nach einiger Suche, an der Garthestraße an und wurde im Jahr 2000 mit einem siebenstündigen Zeitbudget „für Schulleitungsaufgaben“ betraut; seit 2002 übte sie die Aufgabe in Vollzeit als Rektorin aus. Ihr Wirken war von einem partnerschaftlichen und kooperativen Geist geprägt, immer offen für Neuerungen.

Unter anderem initiierte sie die GGS-Projektwoche, die in jährlicher Rotation zu den Themen Sport, Kunst, Musik und Naturwissenschaften stattfindet; auch begründete sie die Partnerschaft mit einer britischen Grundschule und führte den Englischunterricht ein.

Schülerparlament und Raumnot in Köln

Es gibt an der GGS ein Schülerparlament, Schülerpatenschaften und ein großes sportliches Programm. In ihre Zeit fiel auch die Eröffnung des Offenen Ganztags „Riehl-Kids“, gemeinsam betrieben mit der benachbarten Otfried-Preußler-Schule (OPS), der von anfangs 30 Teilnehmern auf inzwischen rund 400 Kinder gewachsen ist. „Wie begeistert man Schüler für Themen, wie wird man zu einem partnerschaftlichen Lernbegleiter?“ sei eine ihrer zentralen Fragen gewesen. In ihre Abschiedsworte mischte sich jedoch auch Kritik an den Rahmenbedingungen. „Es ist nicht schön, dass das pädagogische Arbeiten inzwischen durch so viele Bestimmungen reglementiert wird. Das ist keine gute Entwicklung!“ sagte sie. „Schule muss unsere Kernarbeit bleiben und darf nicht in Verwaltungstätigkeiten erstickt werden.“

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Die Kinder bereiteten ihrer Direktorin einen stimmungsvollen Abschied. 

Auch die Raumnot im Schulhaus Garthestraße sei ein ständiger Begleiter gewesen. Nun freut sich die frisch pensionierte Schulleiterin jedoch erstmal auf längeren Schlaf, Reisen nach Griechenland und Thailand, Fahrten an die Mosel mit ihrer Familie sowie das Proben-Wochenende mit ihrem Chor, mit dem sie bald in die Niederlande aufbricht. Die Schulleitungsarbeit setzt Susanne Spiegel fort, die elf Jahre lang an Zimmermanns Seite Konrektorin gewesen war.

Die ehemalige Schulleiterin Heinke Zimmermann im Interview

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Heinke Zimmermann bei ihrer Abschiedsrede

Frau Zimmermann, in 20 Jahren Schulleitung haben Sie viel bewegt. Worüber freuen Sie sich am meisten?

Schwer zu sagen. Es ist das Gesamtkonzept, das zählt. Etwa das Englisch-Sprachkonzept, die individuelle Lernzeit, die enge Kooperation mit dem Offenen Ganztag, die Selbstständigkeits- und Umwelterziehung oder die Schulkleidung zur Identifikation mit der GGS. Viele einzelne Bausteine ergeben ein Konzept, das mir stimmig erscheint.

Wie hat die Schule dem digitalen Lernen Rechnung getragen?

Wir haben einen Internet-Raum mit zwölf Arbeitsplätzen sowie zwei Laptops pro Klasse. Das ist toll. Gerade wurde ein Medienkonzept entworfen, das aber nicht in Gänze umgesetzt werden konnte, weil die Stadt nicht die entsprechenden Bestellungen erfüllen konnte. Das war etwas ärgerlich. Was man sich zudem im Schulalltag wünschte, wäre ein regelmäßiger technischer Support, um die Technik zu warten.

Riehl gilt als bürgerlich geprägtes Viertel mit intakten Strukturen. Inwieweit kam dies der Arbeit mit den Kindern zugute?

Es gibt einen Unterschied zwischen Riehl und sozialen Brennpunkten, jedoch gibt es in unserer weiteren Umgebung auch Viertel mit Kindern aus einfacheren Verhältnissen und Flüchtlingsfamilien. Aber gerade die Mischung reizte mich am meisten. Die Familien mit ihren unterschiedlichen Hintergründen haben sich gegenseitig inspiriert, das ist klasse.

Wie geht es nach dem Brexit mit dem Partnerschul-Programm mit einer Londoner Schule weiter?

Wir können weiter dort hinfahren, schließlich sind die Grenzen nicht geschlossen. Auch die kommende Fahrt zu unserer Partnerschule ist gesichert. Wenn alle Stricke reißen, gäbe es andere englischsprachige Länder, auf die man zugehen könnte. Eine Auswirkung gibt es aber: Wir hätten unsere Fahrt gern vom Erasmus-Programm der EU unterstützt gesehen, aber nach derzeitigem Stand ist Großbritannien nicht mehr aus diesem Programm förderbar.

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