Auf ihrer Sommertour traf die NRW-Familienministerin das Team von „Champs“. Die jungen ehrenamtlich Mitwirkenden halten Workshops in Schulen ab.
Gegen ExtremismusJosefine Paul besucht Präventionsprojekt in Longerich

Hennamond-Gründerin Sonja Fatma Bläser (6.v.l.) und Projekt-Mitwirkende von „Champs“ erhielten Besuch von NRW-Familienministerin Josefine Paul (4.v.l.).
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„Die Schulen rufen uns an, wenn es bei ihnen brennt“, berichtete Sonja Fatma Bläser, die Gründerin des Vereins „Hennamond“ und Leiterin des Ableger-Projekts „Champs“, das für „Chancen, Mut, Partizipation und Schutz“ steht. „Manchmal wird erwartet, dass wir das Feuer direkt beim ersten Besuch löschen. Es geht jedoch erstmal darum, eine Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern aufzubauen.“ Die externe Unterstützung durch annähernd Gleichaltrige für Schulen, die etwa unter politischem oder religiösem Extremismus, Antisemitismus oder Sexismus und archaischen Männlichkeits-Idealen in ihrer Schülerschaft litten, habe sich seit der Projektgründung 2018 als immens wichtig erwiesen. „Viele Lehrkräfte schaffen es nicht mehr alleine.“
Josefine Paul lobt Champs als gelungenes Präventionsprojekt
Josefine Paul, NRW-Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, die an dem Vormittag zu Gast war, verglich die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen mit einer belebten Bushaltestelle. „Es geht sozusagen darum, dass sie in den richtigen Bus einsteigen, also sich gerade nicht radikalisieren.“ Champs sei für sie ein ideales Beispiel für ein gelungenes Präventionsprojekt. Im Rahmen ihrer Sommertour durch NRW, mit Besuchen in Einrichtungen rund um Integration und Teilhabe, machte sie auch Station in den Hennamond-Vereinsräumen an der Wilhelm-Sollmann-Straße 103, direkt an der Linie-15-Haltestelle Herforder Straße. Dort unterhielt sie sich mit dem Champs-Team.
Mehr als 6000 Workshops fanden bereits statt
Der 2006 gegründete Verein Hennamond unterstützt vor allem Mädchen und Frauen in Fällen von familiärer oder sexualisierter Gewalt, Zwangsheirat oder Verschleppung oder bei ihrem Widerstand gegen archaische familiäre Normen und Traditionen. Das Champs-Projekt setzt sozusagen noch davor an: Es will erreichen, dass sich antidemokratische, einer offenen Gesellschaft widersprechende Einstellungen bei Heranwachsenden gar nicht erst festsetzen.
Bei Champs halten Jugendliche und junge Erwachsene, die zuvor über ein Jahr geschult wurden, zu mehreren jeweils zweieinhalbstündigen Workshops in Schulklassen. Etliche der ehrenamtlich Aktiven sind selbst über Workshops, die bei ihnen an der Schule stattfinden, zum Projekt gekommen. Mehr als 70 junge Leute haben sich im Projekt qualifizieren lassen; bislang fanden mehr als 6000 Workshops in Schulen oder Jugendzentren statt. Neben Köln und der Region als Schwerpunkt ist man bis in die Ruhrgebietsstadt Herne aktiv. „Hier lernt man zu hinterfragen, zu vermitteln“, berichtet ein 22-Jähriger aus dem Team. „Die Arbeit mit Jugendlichen ist faszinierend und es ist toll, eigene Perspektiven mit einzubringen“, so eine Ehrenamtler-Kollegin.

Hennamond-Gründerin Sonja Fatma Bläser (in Rot) und NRW-Familienministerin Josefine Paul (rechts daneben) im Gespräch mit den Projekt-Mitwirkenden von "Champs"
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„Junge Menschen suchen immer nach Zugehörigkeit, und sind für entsprechende Angebote empfänglich“, resümierte die Ministerin am Ende des zweistündigen Treffens. Und diese kämen eben im ungünstigen Fall aus politisch oder religiös extremen Ecken. „Wir müssen als Gesellschaft hinsehen, besser darin werden, Zugehörigkeit herzustellen. Und die Zivilgesellschaft kann solche Angebote wie dieses einfach besser leisten als wir.“ Überhaupt werde die Rolle der Prävention notorisch unterschätzt und meist als Kostenpunkt wahrgenommen, nicht aber, dass sie sich auf lange Sicht auszahle.