Erzbergerplatz„Mit das Beste, was der Kölner Norden hat“ – das friedliche Fleckchen im Veeedel

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Der Erzbergerplatz auf einem historischen Bild von 1925.

Der Erzbergerplatz 1925.

Der Erzbergerplatz in Nippes wechselte mehr als einmal seinen Namen – heute stellt er eine Großstadtoase im Kölner Norden dar.

Bei aller Unterschiedlichkeit in Ausdehnung und Umgebung: Der kleine Erzbergerplatz in Nippes und der große Rathenauplatz in der Neustadt-Süd haben einiges gemeinsam. Beide gehören zu den Quartiersparks der Stadterweiterung, die mit dem Abbruch der mittelalterlichen Stadtmauer ab 1881 in Angriff genommen werden konnte. Sie beide haben eine rechteckige Grundform. Und beide wurden 1923 nach bekannten Politikern der Weimarer Republik (um-)benannt, die kurz zuvor von Rechtsradikalen ermordet worden waren.

Außenminister Walther Rathenau war Jude und galt als „Freund der Bolschewisten“. Matthias Erzberger gehörte der katholischen Zentrumspartei an und war Unterzeichner des Waffenstillstandsabkommens von 1918, das das Ende der Kampfhandlungen im Ersten Weltkrieg bedeutete. Gegner aus dem rechten Lager hatten beide genug. Erzberger wurde 1921 erschossen, Rathenau 1922.

Umbenennung des Erzbergerplatzes in Köln-Nippes

Der Erzbergerplatz ist ein friedliches Fleckchen Nippes inmitten größtenteils erhalten gebliebener Gründerzeitbebauung. Väter und Mütter gehen mit ihren Kindern spazieren, Senioren sitzen auf Bänken unter großen Bäumen. „Das ist städtebaulich mit das Beste, was der Kölner Norden hat“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings über die beschauliche Großstadt-Oase.

Der Erzbergerplatz in Köln-Nippes mit einem Fußgänger.

Der Erzbergerplatz in Köln-Nippes ist ein Rückzugsort für Großstadtbewohner und -bewohnerinnen.

Die Kölner SPD-Fraktion wollte nach Rathenaus Tod eigentlich die Vorzeige-Boulevards Hohenzollernring und Kaiser-Wilhelm-Ring nach ihm und Erzberger umbenannt sehen. Die Kommunisten verlangten sogar die Streichung aller Namen von öffentlichen Einrichtungen, Straßen und Plätzen, die an die Monarchie erinnerten. Es folgte in der Kölner Stadtverordneten-Versammlung eine hitzige, mitunter handgreifliche Auseinandersetzung zwischen republikfreundlichen Linken und kaisertreuen Konservativen.

Am Ende führte Oberbürgermeister Konrad Adenauer einen Kompromiss herbei: Die Ringe behielten ihre monarchistischen Bezeichnungen, ein Teil des „Deutschen Rings“ wurde jedoch zum „Platz der Republik“ (heute Ebertplatz). Der Königsplatz in der Neustadt-Süd wiederum hieß von nun an Rathenauplatz. Der Königin-Luise-Platz in Nippes wurde zum Erzbergerplatz.

Historische Erholungsfläche im Kölner Norden

Königin-Luise-Platz, so hieß das kleine grüne Rechteck, als es vom städtischen Gartendirektor Fritz Encke 1907/ 1908 als Erholungsfläche inmitten der neuen Stadterweiterung hergerichtet wurde. Für die Neuanlage wurde der beliebte Nippeser Weiher, zu dem auch ein Restaurationsbetrieb gehörte, zugeschüttet.

Umgeben war der neue Platz von Straßen, die vor allem die Namen großer preußischer Generäle trugen. „Der Königin-Luise-Platz passte natürlich dazu“, sagt Ulrich Krings. Als Mutter von Friedrich-Wilhelm IV. und dessen Bruder Wilhelm I., später erster deutscher Kaiser, sei die als Luise Herzogin zu Mecklenburg geborene Gemahlin von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen als „eine Art preußische Madonna“ verehrt worden.

Im mittleren Bereich wurde ein Spielpatz mit Pyramidenpappeln angelegt, an beiden Seiten entstanden Erholungsräume für Erwachsene. Der Rosengarten im Süden und der Spielplatz wurden nach außen durch eine Wildrosenpflanzung abgeschirmt. Pergolen verbanden die Bereiche. Es war Enckes erster Spiel- und Gartenplatz überhaupt. Seit 1980 steht er bereits unter Denkmalschutz, 2003 wurde er nach historischem Vorbild saniert.

Kritik am Erzbergerplatz aus Köln-Nippes

Reinhold Kruse, Anwohner und Autor mehrerer Bücher über Nippes, ist mit dem Ergebnis allerdings nicht ganz zufrieden. Bei den Pergolen fehle die innere Bebauung, wie es sie früher gegeben habe. Das Transformatorenhäuschen im südlichen Bereich störe den Gesamteindruck und an den Rändern des Platzes, wo heute Autos parkten, habe Fritz Encke Wege vorgesehen: „Bei einem Denkmal hätte man sensibler sein können“, sagt Reinhold Kruse.

Als die Nazis an der Macht waren, löschten sie Matthias Erzberger und viele andere ihnen unliebsame Namensgeber wieder aus dem Straßenbild. Aus dem Rathenauplatz wurde der Horst-Wessel-Platz, aus dem Platz der Republik der Adolf-Hitler-Platz. Der Erzbergerplatz wurde wieder der Königin-Luise-Platz. Das Namenskarussell drehte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter beziehungsweise zurück. Nun waren Erzberger und Rathenau wieder salonfähig.

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