„Viele Sportarten gefährdet“Unternehmer will bei Kölner Schulsport in Offensive gehen

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Bald soll es einen Kölner Schulstaffellauf geben.

Köln – Um den Schulsport in Köln ist es schlecht bestellt. Viele Hallen sind marode und sanierungsbedürftig. Andernorts sind die Hallenkapazitäten für die wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern zu gering. Über 40 Sportstätten – von Fitnessstudios bis Tanzschulen – muss die Stadt inzwischen anmieten, um überhaupt allen Schülerinnen und Schülern ein Sportangebot zu machen. Von geeigneten Außenanlagen, um Leichtathletik zu betreiben, können sehr viele Kölner Schulen nur träumen.

Eine 80-Meter-Bahn ist mancherorts das höchste der Gefühle. Das habe gravierende Folgen, konstatiert Claus Dethloff, Gründer des Leichtathletik-Clubs „Cologne Athletics“. „Den meisten Schülerinnen und Schülern wird mangels Möglichkeiten gar nicht mehr vermittelt, welche Sportarten es alle gibt.“

„Viele Sportarten sind gefährdet“

Für viele Sportarten, gerade für solche, die aufgrund der Bedingungen nicht an allen Schulen angeboten werden, fehle es an Nachwuchs, konstatiert Dethloff (53), der im Hauptberuf Unternehmer ist und selbst Olympiateilnehmer im Hammerwerfen war. Aber auch andere traditionelle Sportvereine bluteten aus, da immer weniger Jugendliche nach einem Tag im Ganztag bis 16.30 Uhr Lust hätten dann um 18 Uhr nochmal zum Training zu fahren.

„Im Fußball funktioniert das noch, aber sonst sind viele Sportarten gefährdet.“ Es fehle allerdings nicht nur an interessierten Kindern und Jugendlichen, sondern auch an ehrenamtlichen Trainern und finanziellen Ressourcen. Nach der Durststrecke der Corona-Pandemie stünden viele Vereine kurz vor der Insolvenz.

Große Leichtathletikveranstaltungen

Um dieser doppelt negativen Entwicklung entgegenzuwirken hat Dethloff, der als Unternehmer gut vernetzt ist, abgestimmt mit der Stadt eine große Schulsportoffensive gestartet. Ausgehend von der Leichtathletik, in der der ehemalige Olympia-Teilnehmer im Hammerwerfen zuhause ist - und die an vielen Schulen ein Schattendasein führt.

Dethloff

Claus Dethloff

Eine der beiden Säulen dieser Offensive sind stadtweite Leichtathletik-Veranstaltungen, an denen Schülerinnen und Schüler möglichst vieler Schulen teilnehmen sollen: Ziel ist es, durch Eventcharakter und Spaß Begeisterung für die Sportarten zu wecken.

Eine der neuen stadtweiten Veranstaltungen, die es künftig jährlich geben soll, ist die „Talentiade“, die an diesem Dienstag erstmals in den Kategorien U14 und U12 im Kölner Südstadion stattfindet. Rund 150 Schülerinnen und Schüler aus zahlreichen Schulen hatten sich für die Premiere im Südstadion angemeldet, um wahlweise in den Disziplinen Sprint, Weitsprung, Ballwurf Hochsprung und Mittelstrecke anzutreten. Jede Schule konnte frei wählen, ob sie einen oder 30 Schüler schickt, und auch die Disziplinen können frei gewählt werden.

Ab jetzt wird sie jährlich in Köln stattfinden und soll möglichst alle Schulen ansprechen. Dethloff möchte in drei Jahren bei der Talentiade auf 1000 Schülerinnen und Schüler  kommen. „Es braucht Veranstaltungen, die den Schulsport zum Erlebnis machen, die Freude mit Wettkampfcharakter verbinden“, meint er. Bundesjugendspiele, die jede Schule quasi im Stillen für sich durchführen, könnten das nicht leisten. Außer der Talentiade soll es in Köln künftig einen regelmäßigen Grundschul-Cup geben und die Veranstaltung „Jugend trainiert für Olympia“ soll durch Cologne Athletics organisiert und wieder belebt werden. Außerdem soll der Kölner Schulstaffeltag neu aufgelegt werden.

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Als zweite Säule der Offensive sollen künftig Sportvereine und Schulen stärker vernetzt werden. „Die Vereine müssen in den offenen Ganztag der Schulen reingehen, also dahin, wo die Kinder und Jugendlichen sich tagsüber aufhalten“, so Dethloff, der am Beispiel der Leichtathletik zeigen will, wie das gehen kann. Man könne nicht mehr erwarten, dass die Kinder zu den Vereinen kommen. „In den USA ist es selbstverständlich, dass der Sport an das Bildungssystem gekoppelt ist, an High School und Universität.“ Hier brauche es Konzepte – gerade um in den Offenen Ganztag an den Grundschulen zu gehen und dort zum Beispiel so etwas wie Staffel-AG’s anzubieten.

Trainer-Modell eine Option?

Cologne Athletics setzt das schon um und ist nicht nur ein Leichtathletik-Club, sondern auch Dach für interessierte Schulsport-Clubs. Dabei werden auch die Trainer von den Vereinen mitgebracht. Ziel ist es aus Sicht der Vereine, durch die Arbeit in den Schulen Talente zu sichten.

Gleichzeitig brauche es dringend eine Qualifizierungs- und Finanzierungsoffensive für Trainerinnen und Trainer, fordert Dethloff. Hier schwebt ihm die Idee eines Trainerpools vor, in deren Finanzierung Unternehmen einbezogen werden sollen. Trainerinnen und Trainer könnten dann einen bestimmten Prozentsatz der Dienstzeit im Unternehmen mit Betriebssport und Gesundheitsmanagement verbringen und den Rest der Zeit mit Trainertätigkeit in Vereinen oder im Schulsport. Auch hier brauche es kreative Modelle.

Bei Cologne Athletics lässt sich erkennen, dass Engagement und Konzept aufgehen: Der Verein besteht erst seit einem Jahr und hat bereits 80 Nachwuchssportlerinnen und -sportler im Leistungsbereich.

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