Paramentehaus WefersWolfgang Stracke verkauft Messgewänder von namhaften Künstlern

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Wolfgang Stracke in seinem Geschäft „Paramentehaus Wefers“ an der Komödienstraße. Die Inneneinrichtung wurde seit der Eröffnung im Jahre 1956 kaum verändert

Wolfgang Stracke in seinem Geschäft „Paramentehaus Wefers“ an der Komödienstraße. Die Inneneinrichtung wurde seit der Eröffnung im Jahre 1956 kaum verändert

Köln – In unserer vielleicht auch durch Pater-Brown-Filme geprägten Fantasie betritt ein Geistlicher eher selten ein Einzelhandelsgeschäft, sondern überlässt seiner Haushälterin die Einkäufe. „Das ist der erste Irrtum“, stellt Wolfgang Stracke lachend fest. Abgesehen davon, dass der dienstbare Geist im Pfarrershaushalt inzwischen fast überall dem Sparzwang zum Opfer gefallen ist, gehört das Paramentehaus Wefers zu den Adressen, wo nicht nur Kölner Priester, sondern Geistliche aus ganz Deutschland ein- und ausgehen.

Mitunter tauchen in der Komödienstraße jedoch auch Menschen auf, die mit diesem Berufsstand gar nichts zu tun haben: Hollywood-Regisseur Steven Spielberg konnte sich im November 2015 kaum an den vielfach aus kostbarer Seide bestehenden Gewändern sattsehen, und der als „Conan der Barbar“ und „Terminator“ bekannt gewordene Arnold Schwarzenegger hat seinen Köln-Besuch vor Jahren ebenfalls mit einem kleinen Paramente-Studium verbunden.

„Paramente sind alle Textilien, die in der Liturgie verwendet werden“, erklärt Wolfgang Stracke und zählt sie auf: Da wäre zunächst die Albe, das weiße Untergewand – vom Jesuitenpater Friedhelm Mennekes seinerzeit als „afrikanisches Hemd“ bezeichnet. Darüber trage der Priester die Stola als Amtszeichen der katholischen Kirche und zwar mit parallel verlaufenen Stoffbahnen, wie Stracke betont, was ihn vom Diakon unterscheide, der die Stola diagonal trage. Darüber komme das eigentliche Messgewand.

Priester braucht vier verschiedene Messgewänder

Ob dies ein eher schlichtes oder aufwendig gearbeitetes Stück sei – die Preisspanne reicht von 600 bis 3000 Euro – und wie viele davon in der Sakristei einer Kirche hängen, hänge überwiegend vom Reichtum einer Gemeinde ab, deren Eigentum die Gewänder in der Regel seien. Aber natürlich könne ein Priester auch selber ein Messgewand, auch Kasel genannt, erwerben.

Grundsätzlich braucht ein Geistlicher, so führt der promovierte Kunsthistoriker Stracke fort, mindestens vier verschiedene Messgewänder: Neben dem weißen (oder goldenen) Festgewand trägt er je nach Anlass Farbe: Violett sei die Fastenfarbe, werde aber auch in der Adventszeit getragen, rot stehe sinnbildlich für den Heiligen Geist und werde außer Pfingsten unter anderem am Palmsonntag und Karfreitag getragen. Grün sei die Farbe, die in Zeiten getragen werde, die nicht in Verbindung mit einem Hochfest (Weihnachten, Ostern) stehen. 

Die Farbe Schwarz für Messgewänder sei eigentlich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil abgeschafft worden aber nach wie vor bei Trauerfeiern oder an Allerseelen üblich. Blau hingegen sei „keine wirkliche liturgische Farbe“, sondern stehe häufig im Zusammenhang mit Marienfesten.

Oben, auf der Empore bei Wefers, sieht man all diese Farben leuchten. Zum Teil werden die Messgewänder nach Entwürfen namhafter Künstler angefertigt. So hat beispielsweise der Kölner Maler Georg Meistermann die Vorlage für eine Gewandstickerei geliefert, und auch die Handschriften seiner berühmten Kollegen Bernd Zimmer, Markus Lüpertz oder Henri Matisse sind in Messgewändern verewigt. Das Grundmaterial kommt laut Stracke zumeist „von italienischen Seidenwebereien, die die Stoffe für uns weben“.

Große Auswahl an Chormänteln

Natürlich braucht der Priester auch was für Drüber und für Drunter. Mit Letzterem hat Wolfgang Stracke nichts zu tun und kann deshalb auch nichts über die Beschaffenheit jenes Beinkleides sagen, das an kalten Wintertagen in zugigen Kirchenräumen zu den Unentbehrlichsten zählen dürfte. Aber er verfügt über eine große Auswahl an Chormänteln, die im Gegensatz zum Messgewand vorne offen sind und mit einer Schmuckschließe (Agraffe) zusammengehalten werden.

Außerdem gehören zu seinem Sortiment auch die Kleidungsstücke, die außerhalb der Heiligen vonnöten sind; etwa das kurze Chorhemd (Rochett), welches der Priester über dem schwarzen Talar beispielsweise bei der Einsegnung eines Gebäudes trägt. Ferner das spezielle, eher wie ein Kleid mit Ärmeln wirkende Gewand für den Diakon. Und selbstverständlich stattet Stracke auch evangelische Pastorinnen und Pastoren aus.

Dass dem 64-Jährigen sämtliche Begriffe aus der Liturgie so selbstverständlich über die Lippen gehen, liegt nicht nur daran, dass er das Fachgeschäft seit seiner Promotion führt. Er ist mehr oder weniger in den Räumen aufgewachsen. „Das war wunderbar zum Spielen“, betont er und erinnert sich an die Flure, in denen damals schon die zum Teil lebensgroßen Figuren standen.

Keine günstigen Karnevals-Kutten im Angebot

Die Wurzeln des Betriebes gehen auf das Jahr 1886 zurück. Nach dem Tod des Firmengründers Wilhelm Wefers habe die Witwe seinen Großvater, der bereits in Speyer sehr erfolgreich eine Paramenten- und Fahnenfabrik betrieben habe, mit der Geschäftsführung in Köln betraut.

Während des Zweiten Weltkrieges seien die gesamten Gewänder im Dombunker eingelagert gewesen. Gut zehn Jahre danach wurde der Kölner Architekt Karl Band, der mehrere Pfarrkirchen in Köln gebaut hat und auch am Wiederaufbau des Gürzenichs beteiligt war, „unter Berücksichtigung des Metiers“ mit der Gestaltung des Wohn- und Geschäftshauses Wefers beauftragt.

Dorthin begeben sich bis heute vor allem vor den hohen kirchlichen Feiertagen viele Privatleute, die sich für sakrale Kunst interessieren oder schlicht ein Kreuz, einen Rosenkranz oder eine Engelsfigur erwerben möchten. „Wir versuchen, Kitsch zu vermeiden“, sagt Stracke mit einem feinen Lächeln. Hin und wieder kämen Amerikaner und fragten, ob dies ein Museum sei, erzählt der Mann, der 2005 gewissermaßen Chef-Ausstatter des Weltjugendtages in Köln war und 4000 Gewänder geliefert hat. „Manchmal hätte ich gerne Eintrittskarten.“

Was Stracke nicht hat, sind preiswerte Mönchskutten oder Nonnenkleider, die gerne kurz vor Karneval verlangt werden. Aber er hat neben den offiziellen Messgewändern auch sämtliche Geräte, die in der Liturgie verwendet werden: Vom Kelch über Kerzenleuchter bis hin zur Pyxis, einer ebenfalls oft kostbar verzierten Dose zur Aufbewahrung von Hostien im Tabernakel oder zu deren Transport ins Krankenhaus zur Spendung der Kommunion. Dass diese Hostie-to-go, wie man neudeutsch sagen würde, immer öfter glutenfrei produziert wird, ist eines der auffälligsten Zugeständnisse an die moderne Zeit. Die Geschäftseinrichtung bei Wefers hingegen stammt „noch ziemlich komplett von 1956“.

Wefers Paramente, Komödienstraße 97. Telefon: 0221/9130170. Öffnungszeiten: montags bis freitags 10-18 Uhr.

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