Porträts im Kölner HauptbahnhofLuigi Toscano zeigt „Bilder gegen das Vergessen“

Zilli hat den Holocaust überlebt.
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Köln – Zilli schenkt mir ein Lächeln, ihr Blick ist freundlich und offen. Das Leben hat der alten Dame mit den Perlenohrringen tiefe Falten ins Gesicht gezeichnet. Bens Augen drücken Skepsis aus, und Edward guckt eher böse. Unter seiner Sträflingsmütze. Spätestens hier beginnt das Hirn zu rattern, fragt sich, wer wohl diese Menschen sind, deren Köpfe, überlebensgroß auf etwa 2,50 Meter Höhe aufgezogen, die volle Aufmerksamkeit der Passanten in der C-Passage des Kölner Hauptbahnhof einfordern.

Luigi Toscano mit seinen Porträts: "Bilder gegn das Vergessen".
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„Bilder gegen das Vergessen“ nennt der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano seine Porträts von Holocaust-Überlebenden, die noch 14 Tage hier zu sehen sind. Die Deutsche Bahn setzt ihr Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus fort und zeigt das Erinnerungsprojekt des 49-jährigen Autodidakten, der im März 2021 von der UNESCO für seine Arbeit als erster Fotograf zum „Artist for Peace“ ernannt wurde. Es zeigt bewegende Porträts von Überlebenden der NS-Verfolgung, Schirmherr ist Außenminister Heiko Maas.
Ungewöhnliche Biografie
Toscanos Biografie ist ungewöhnlich. Der Sohn italienischer Einwanderer schlug sich in Mannheim als Dachdecker, Türsteher und Fensterputzer durch, ehe er zur Fotografie kam. Während der ersten Flüchtlingswelle lernte er eine Familie kennen, die in einem Asylbewerberheim unter unwürdigen Bedingungen untergebracht war. Der Familie konnte er helfen und eine Wohnung besorgen, aber nicht all den anderen Heimbewohnern. So begann er sie zu porträtieren. Die Fotos wurden dann großformatig an der Fassade des Mannheimer Kulturzentrums Alte Feuerwache gezeigt. Die „Wucht“ der Reaktionen habe er nicht erwartet damals, aber den öffentlichen Raum für sich als Ausstellungsfläche entdeckt.

Fotograf Luigi Toscano vor dem Kölner Hauptbahnhof
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Bei einem Treffen ehemaliger Zwangsarbeiter im Lager Mannheim-Sandhofen kam er dann auf die Idee, Holocaust-Überlebende zu fotografieren. Seitdem ist er in der Welt unterwegs, hat mittlerweile mehr als 400 von ihnen porträtiert, in Österreich, Russland, Israel, der Ukraine oder Amerika.
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Die Arbeitsweise ist auf Mobilität ausgerichtet: Kamera, Ringblitz, schwarzer Stoffhintergrund. Einfach, aber mit beeindruckenden Resultaten. Fand auch Richard Lutz, Vorstandschef der DB. Dem hatte Toscano , „naiv, wie ich bin, persönlich einen Brief geschrieben.“ Mit Erfolg. Ein Buch zum Projekt ist erschienen, die Ausstellung tourt durch deutsche Bahnhöfe, eine zweite durch Schulen. Weitere Infos gibt es hier.