Kosten steigen drastischKölner Bäcker ziehen Brötchen-Preise an

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Eine Verkäuferin in einer Kölner Bäckerei. (Symbolbild)

Köln – Vor Wochen schon hatte das Münchener Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) vor ansteigenden Preisen in der Lebensmittelbranche gewarnt. Tatsächlich müssen die Konsumenten nun für ihr Essen oft tiefer in die Tasche greifen – auch beim Grundnahrungsmittel Brot. Viele Bäckereien ziehen die Preise an. Denn die Kosten für Zutaten sind teils drastisch in die Höhe geschnellt. Das liegt offenbar vor allem am Krieg in der Ukraine.

„Die Preise“, sagt Bäcker Engelbert Schlechtrimen aus Köln-Kalk, „sind für Mehl schon vor dem Krieg um 40 Prozent gestiegen, jetzt haben sie sich verdoppelt.“ Die für Sonnenblumenkerne und andere Samen hätten sich verdrei- bis vervierfacht, „wenn man überhaupt welche bekommt“, sagt er. Butter sei doppelt so teuer wie im Winter. „Da wir hochwertiges Mehl verwenden, für das unsere Mühle offenbar Getreide aus der Ukraine verwendet, muss die Mühle umdisponieren und Getreide aus Kanada oder den USA verwenden“, erklärt Schlechtrimen.

„Wir versuchen das mit maßvollen Erhöhungen aufzufangen, in dem wir Brötchen von 40 auf 45 Cent erhöhen. Im Gesamtsortiment stiegen die Preise durchschnittlich um zwölf bis 15 Prozent.“ Noch hielten sich die Kunden mit Beschwerden zurück. „Aber Deutschland muss sich umstellen. Wir haben Teuerungen an allen Fronten, wie wir das noch nie erlebt haben“, warnt er. „Wir kommen schon aus zwei wirklich harten Corona-Jahren und haben den Vor-Corona-Umsatz noch lange nicht erreicht. Die Preise sind explosiv.“

Extreme Preisanstiege

Zudem müssen klassische Bäckereien im Gegensatz etwa zu Discountern ihre Fachpersonal bezahlen. „Bei uns machen die Lohnkosten insgesamt 50 Prozent der Kosten aus. Die Backindustrie kann da ganz anders kalkulieren. Für die sind die Lohnkosten marginal. Wir verkaufen an der Theke, im Supermarkt zieht sich der Kunde das Produkt selbst aus dem Regal“, erläutert Schlechtrimen.

„Die Rohstoffpreise unterlagen immer mal wieder bestimmten Schwankungen, etwa wegen schlechter Ernten“, sagt ein Chefeinkäufer aus dem Bäckerei-Großhandel, der seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte. „Aber so extreme Anstiege habe ich noch nie erlebt.“ An der Weizenbörse Matif (Marché à Terme International de France) etwa kostet eine Tonne des Getreides zurzeit rund 400 Euro. Vor einem Jahr lag dieser Preis noch bei etwa 210 Euro.

Der Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg liege auf der Hand, sagt der Chefeinkäufer. Seit der Invasion in die Ukraine Ende Februar seien die Tarife für Sonnenblumenöl, ein wichtiges Exportgut des osteuropäischen Lands, aber auch für Margarine um bis zu 40 Prozent gestiegen. In Bäckereien komme zwar eher Rapsöl zum Einsatz. Doch da andere Branchen vom inzwischen teuren Sonnenblumen- auf Rapsöl umstiegen, werde nun auch letzteres knapp – und wegen der erhöhten Nachfrage ebenfalls teuer.

Strom um 70 Prozent teurer

Auch die steigenden Energiepreise machen den Bäckereien zu schaffen. „Strom ist um etwa 70 Prozent teurer geworden“, musste Bäcker Schlechtrimen feststellen. Da die Hochleistungsöfen der Bäckereien meist mit Öl oder Gas befeuert werden, schlügen auch die hohen Kosten für diese Energieträger voll zu Buche, erklärt der Chefeinkäufer aus dem Großhandel. Und auch die derzeit saftigen Spritpreise machten sich bei Lieferfahrten der Bäckereien selbst und bei deren Zulieferern deutlich bemerkbar.

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Wie es mit den Preisen für Backwaren weitergeht, sei „Kaffeesatzleserei“, sagt der Einkäufer – und wagt dennoch eine Prognose: „Ich erwarte den Höchststand im Spätsommer. Es hängt aber sehr viel am Fortgang des Ukrainekriegs ab.“ Zudem habe eine für Bäckereien wichtige Branche bereits Preiserhöhungen in den kommenden Monaten angekündigt, sagt er: Die Zuckerindustrie. Auch hier liegt es am teuren Brennstoff Gas, dass für die Kristallisation benötigt wird.

Dass den Bäckereien irgendwann das Mehl ausgeht, damit sei indes nicht zu rechnen, sagt Guido Boveleth von der Kölner Bäckerinnung: „Wir haben keinen Weizen- oder Mehlnotstand in Deutschland und gehen auch nicht davon aus, dass es dazu kommt.“ Das ist auch als Hinweis an die Hamsterkäuferinnen und -käufer in den Supermärkten zu verstehen.

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