Privater Platz in der Kölner InnenstadtFragen und Antworten zur Lage am Gereonshof

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Der Gereonshof ist der zentrale Platz des Gerling-Quartiers.

  • Ein Platz mitten in der Innenstadt, den die Bevölkerung nicht nutzen soll – und ein Sicherheitsdienst, der die Allgemeinheit auffordert, diesen Platz zu verlassen. Am Gereonshof ist dieses Szenario Realität.
  • Nach den Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu der Situation auf dem Gereonshof in dieser Woche soll die zuständige Dezernentin Andrea Blome mit den Eigentümern sprechen – und den Platz für die Allgemeinheit zurückholen.
  • Wie gut stehen die Chancen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Köln – Warum verscheucht ein Sicherheitsdienst Passanten vom Gereonshof?

Ein Platz zum „Flanieren und Verweilen“ für alle Bürger hatten Investor und die Politik für den Platz im Gerling-Quartier versprochen. Doch der dazugehörige Grundbucheintrag regelt nur für einen zehn Meter breiten Korridor, der der ehemaligen Straße Gereonshof entspricht, ein Wegerecht für die Allgemeinheit, der restliche Platz ist Privatgelände. Eben darauf beruft sich laut dem zuständigem Immobilienverwalter Jürgen Ach die Eigentümergemeinschaft.

Was ist nun das Problem? 

Tatsächlich widerspricht der politische Wille dem Status Quo: Der Bebauungsplan, den seinerzeit die Politik verabschiedet hatte, regelt eindeutig, dass für die gesamte Fläche ein Wegerecht einzuräumen ist. Doch im Grundbuch wurde das nicht umgesetzt. 

„Dafür hätte eine Vereinbarung mit dem Eigentümer getroffen werden müssen“, sagt Nicolas Meyer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Köln. Ob die Stadt dies erst gar nicht in Erwägung gezogen hat oder sich der Eigentümer verwehrt hat, ist unklar. Fest steht aber: Hätte die Stadt seinerzeit ein Wegerecht im Grundbuch für die gesamte Fläche erwirken können, gäbe es darüber heute wohl keine Diskussionen, sagt Jörg Frank (Grüne), der Vorsitzende des Liegenschaftsausschusses. Denn für die Eigentümergemeinschaft war der entsprechende Grundbucheintrag augenscheinlich bislang eine entscheidende Argumentation für den Einsatz des Sicherheitsdienstes auf dem Platz. „Offensichtlich wurde hier von der Verwaltung fehlerhaft agiert“, so Frank.

Wie erklärt man sich im Rathaus den Fehler beim Eintrag ins Grundbuch?

Die Stadtverwaltung hat die Straße 2010 an den Investor des Geling-Quartiers verkauft. In dem Zusammenhang sei das allgemeine Wegerecht für die zehn Meter breite und 123 Meter lange Straßenfläche eingetragen worden. Im Gegenzug hätte der Rest des Platzes, den der Investor vom Gerling-Konzern übernahm, im Grundbuch für den öffentlichen Gebrauch vermerkt werden müssen. Dieser Schritt wurde nicht vollzogen. Die Verwaltung habe möglicherweise nicht darauf gedrängt, um an den Investor zu zahlende Entschädigungskosten zu sparen, heißt es. Ebenso ist die Vermutung zu hören, die unterschiedlichen Abteilungen hätten sich nicht abgestimmt. Niemand habe die Informationen zusammengeführt, um ein Gesamtbild zu ermöglichen.

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Welche Möglichkeiten hat der Stadtrat, die Panne aufzuklären?

„Wenn die Mehrheit im Rat der Meinung ist, dass sich die Verwaltung beim Gereonshof vom Investor über den Tisch hat ziehen lassen, kann sie das Rechnungsprüfungsamt beauftragen, den Verwaltungsvorgang zu überprüfen“, sagt Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Linken, der auch Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses ist. Das Gremium dient als interner Kontrollausschuss, allerdings ohne Befugnisse eines Untersuchungsausschusses. „Es müssen alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Öffentlichkeit wieder herzustellen“, fordert FDP-Fraktionschef Ralph Sterck.

Wie reagiert die Stadt?

Bereits am Dienstag hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker Fehler eingeräumt – und die zuständige Dezernentin Andrea Blome mit der Klärung beauftragt. Für Blome ist nun klar: Dass im Grundbuch nicht die gesamte Fläche mit einem Wegerecht belegt wurde, ist kein Problem. „Das Grundbuch interessiert überhaupt nicht, das ist eine Fehlinterpretation“, sagte sie am Mittwoch. Für sie sei entscheidend, dass eine Eintragung im Baulastenverzeichnis, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger vorliegt, eindeutig ein Wegerecht für die gesamte Fläche veranschlage. „Nach meiner Auffassung schlägt diese Baulast den Grundbucheintrag“, so Blome.

Aber heißt das auch, dass der Platz wirklich genutzt werden darf?

Bisher ist genau das fraglich: Beinhaltet ein Wegerecht für den Platz, dass Bürger hier auch verweilen dürfen? „Die Öffentlichkeit hat jedes Recht, diesen Platz auch zu nutzen“, sagt Blome. „Ob sie sich am Heumarkt auf eine Bank setzen oder dort, macht keinen Unterschied.“ Das will Blome in Gesprächen mit den Eigentümern deutlich machen. Der zuständige Quartiersmanager Ach wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern.

Kann der Gereonshof für die Allgemeinheit zurückgeholt werden?

Das werden die Gespräche zwischen Stadt und Eigentümergemeinschaft klären müssen. Ein entscheidender Punkt wird wohl sein, ob tatsächlich die Baulasteintragung den Grundbucheintrag schlägt – oder nicht. Dazu kommt, dass 170 Eigentümern der Platz zu gleichen Teilen gehört. Mit ihnen allen wird sich die Stadt einigen müssen. „Ansonsten ist bei Uneinsichtigkeit mit rechtlichen Schritten zu rechnen“, so Grünen-Politiker Frank. Er begrüße, dass die Stadt nun zumindest deutlich handele.

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